Rote Fahne 07/2019
Machtkampf in der Telekommunikationsbranche
Der chinesische Riesenkonzern Huawei will beim weltweiten Netzausbau mitmischen
Die Verhaftung von Wanzhou Meng, Finanzchefin des chinesischen Telekommunikationsunternehmens Huawei, am 1. Dezember 2018 im kanadischen Vancouver, war der sichtbare Ausdruck des in der Telekommunikationsbranche weltweit zugespitzten Konkurrenzkampfs. Als Vorwand dient den USA ein angeblicher Verstoß der Tochter des Firmengründers Ren Zhengfei gegen Iran-Sanktionen.
Tatsächlich herrscht unter den alten Imperialisten enorme Nervosität. Huawei ist einer der größten und aggressivsten Konzerne Chinas. Im Februar 2019 wird dieses internationale Übermonopol (180.000 Beschäftigte, Jahresumsatz 78 Milliarden Euro1) mit einem Weltmarktanteil von 16 Prozent auf Platz drei der Smartphone-Hersteller gemeldet, hinter Samsung und Apple.2
Huawei greift die Telekommunikationsindustrie der USA und Europas an. Es vereint alle strategischen Schlüsseltechnologien unter einem Dach. Das betrifft die Infrastruktur für Mobilfunktechnik, von der Antenne bis zur Netzstruktur. In weiten Teilen Afrikas sowie Kriegs- und Krisenregionen wird die Telekommunikation fast ausschließlich von chinesischen Anbietern aufgebaut, bei deutlich kleineren Gewinnmargen.
Am 6. September 2018 3 wurde von Huawei ein Untersee-Datenkabel zwischen Kamerun und Brasilien verlegt, mit dem „Nebeneffekt“ der Verfestigung des ökonomischen und politischen Einflusses Chinas in beiden Kontinenten.
In der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt, entwickelte China zudem eine eigene Hightech-Halbleiterindustrie, die mittelfristig eine Erosion der von US-Konzernen wie Intel, AMD, IBM und Nvidia dominierten Halbleitergeschäfte auslösen kann.4 Das wird den weltweiten Konkurrenzkampf enorm verschärfen – und damit auch die Weltkriegsgefahr.
Die strategische Infrastruktur ist auch Druckmittel in wirtschaftlichen und militärischen Auseinandersetzungen. Massenüberwachung und Auswertung der Telekommunikationsdaten finden in nie da gewesener Dimension statt, und alle Kommunikationskonzerne arbeiten mit Geheimdiensten und dem Militär zusammen. Der Vorwurf der Medien wegen Huaweis angeblicher Spionage-Schnittstellen und einer engen Verbindung mit der sozialimperialistischen politischen Führung des Landes trifft zu. Aber die Empörung ist pure Heuchelei und chauvinistische Propaganda. Denn das Gleiche gilt für die gesamte Branche, die mit den Diensten und Herrschenden ihrer jeweiligen Länder auf das Engste verschmolzen sind und die sich die gemeinsam mit den anderen Übermonopolen untergeordnet haben.
Weiteres Öl ins Feuer des Konkurrenzkampfs ist die Auseinandersetzung um den 5G-Standard. Er soll für schnellste Datenübertragung sorgen und zum Beispiel das Steuern selbstfahrender Autos in Echtzeit ermöglichen. Er ist eine Voraussetzung für die weltweite Vernetzung von Planung, Produktion und Handel und mit enormen Profiterwartungen verbunden. Zugleich werden Unmengen Daten gesammelt, die politische und strategische Bedeutung haben.
Ende Februar stellte Huawei nach eigenen Angaben das erste 5G-fähige Smartphone vor. Huawei meldet damit seinen Anspruch an, beim weltweiten Netzausbau auf 5G-Standard vorne dabei zu sein. Doch – so eine ARD-Sprecherin am 25. Februar 2019: „Sicherheitsexperten warnen davor, Huawei am Netzausbau zu beteiligen, auch in Europa.“ 5
Der erbitterte Konkurrenzkampf in der Telekommunikationsbranche wird die Kräfteverschiebungen unter den Imperialisten und den neuimperialistischen Staaten vorantreiben. Sie wollen diesen Kampf auf dem Rücken der Belegschaften austragen.
1 www.heise.de/newsticker/meldung/Huawei-steigert-Gewinn-um-mehr-als-28-Prozent-4009146.html
2 BBC-news: www.bbc.com/news/business-46465438
3 www.golem.de/news/sail-huawei-stellt-seekabel-zwischen-afrika-und-suedamerika-fertig-1809-136434.html
4 www.golem.de/news/halbleiter-china-pumpt-47-milliarden-us-dollar-in-eigene-chip-industrie-1805-134314.html
5 „Börse vor Acht“, ARD, 25.02.2019