Rote Fahne 06/2019
Lehrermangel, Klimaschutz, Tarifrunde
Eine Lehrerin macht sich Gedanken über Fridays for Future und wie ihre Gewerkschaft damit umgeht und umgehen sollte
Mutig gehen viele Schülerinnen und Schüler voran und bringen einen neuen Aufschwung in den Kampf gegen die Zerstörung unserer Lebensgrundlagen. Anlass genug für das Landesschulministerium NRW, die Schulen darauf hinzuweisen, die Schülerinnen und Schüler mit dem Hinweis auf Sanktionsmaßnahmen einzuschüchtern. Und Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) ist sich nicht zu schade, den Schülerstreik als Anlass zum Schulschwänzen zu diffamieren. Es wird auf die Schulpflicht verwiesen, als wäre dieser Regierung eine breite und gute Bildung für die Kinder und Jugendlichen wirklich ein Anliegen.
Nicht erwähnt wird in dem Zusammenhang, wie viel Unterricht bisher aus Lehrermangel ausgefallen ist, wie sehr die schulische Bildung in dieser Gesellschaft von Personal-, Raummangel und sozialer Ungleichheit geprägt ist. Im Bildungsauftrag der Schulen wird von demokratischer Teilhabe und politischem Engagement gesprochen – dies soll sich aber bitte schön auf das Wochenende beschränken und auch nur insofern ausgeübt werden, wie die gesellschaftliche Grundordnung davon unberührt bleibt. Anders ist dieses Gebaren der Landesregierung nicht zu verstehen.
Viele Lehrer haben ihre Schüler ermutigt, am Unterichtsboykott und den Demonstrationen teilzunehmen. Auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft NRW (GEW) solidarisiert sich mit den Protesten der Schüler, zeigt sich in ihrer Kritik am Schulministerium aber eher verhalten. Die GEW-Landesvorsitzende Dorothea Schäfer bewertet das Androhen von Sanktionen vage „als nicht den richtigen Weg“1, obwohl diese bereits Wirkung zeigen.
Schüler beteiligen sich nicht, aus Angst vor Konsequenzen, Lehrer sind verunsichert, übernehmen kritiklos die Anweisung des Schulministeriums oder grenzen den Protest auf den schulischen Rahmen ein. Das empört aber auch viele Schüler und Lehrer und fordert die Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter heraus: sich schützend vor die Jugend stellen, ihren Protest und ihre berechtigten Anliegen aufgreifen und sich mit ihnen verbinden. So wie es auch im Interesse der Schüler ist, die Forderungen ihrer Lehrer in der Tarifrunde zu unterstützen und sich die Gemeinsamkeiten ihrer Anliegen bewusst zu machen. Um die Kämpfe und Proteste zu stärken und sie zu festigen, müssen wir sie weiterentwickeln.
Dafür ist es notwendig, mit den Kolleginnen und Kollegen und Schülern zu diskutieren, die Auseinandersetzung darüber anzustoßen – und keinesfalls darüber hinwegzugehen oder das Thema zu meiden. Schließlich wird ein Kampf nur erfolgreich werden, wenn er sich der reformistischen Vereinnahmung verwehrt und einen gesellschaftsverändernden Charakter bekommt.
1 www.gew-nrw.de/meldungen/detail-meldungen/news/gew-nrw-zur-schuelerinnenbewegung-fridays-for-future.html