Rote Fahne 02/2019

Rote Fahne 02/2019

AfD – von wegen „Protestpartei“ – stramm auf der Seite von Kapital und Reaktion

Derzeit sind Hunderte Freundinnen und Freunde sowie Genossinnen und Genossen der MLPD auf den Straßen Thüringens unterwegs. Sie sammeln Unterschriften für die Wahlzulassung der Internationalistischen Liste/MLPD zur Europawahl und zur Landtagswahl in Thüringen. Sie berichten von einer verstärkten gesellschaftlichen Polarisierung.

Von (fh/rf/ms)
AfD – von wegen „Protestpartei“ – stramm auf der Seite von Kapital und Reaktion
Im Kampf gegend die AfD: Arbeitereinheit gegen nationale Spaltung! Foto: RF

Die Vertrauenskrise in die bürgerliche Politik vertieft sich zusehends. Unter den Angesprochenen sind viele aufgeschlossen. Viele haben Interesse und freuen sich über eine linke, revolutionäre Alternative. Der Kampf gegen die Rechtsentwicklung der Regierung und der bürgerlichen Parteien findet Zustimmung. Aber ein nicht zu unterschätzender Teil überlegt auch, die AfD zu wählen. Eine Massendiskussion wächst, wie und in welche Richtung es in Deutschland weitergehen soll. Dazu ist es notwendig zu klären, was es mit dem Mythos der AfD als Protestpartei auf sich hat.

 

Bürgerliche Massenmedien und bürgerliche Politiker werten die AfD systematisch auf. Die AfD wird gerne so dargestellt, als wäre sie gegen das bürgerliche „Establishment“. Die sozialistische Alternative MLPD wird dagegen zumeist in den bürgerlichen Medien weitgehend totgeschwiegen. 

 

Die AfD erweckt den Eindruck, verschiedene  berechtigte Anliegen der Massen aufzugreifen. So will die AfD in der Wohnungspolitik die Bauwirtschaft und die Immobilienkonzerne fördern, unter anderem durch vereinfachtes Baurecht, Abschaffung „überflüssiger“ Vorschriften sowie mehr Wohneigentum statt Mietwohnungen. Mieterschutz ist für die AfD daher kein Thema, selbst die wirkungslose „Mietpreisbremse“ geht ihr ausdrücklich noch zu weit.1

Tatsächlich ist der Immobilienmarkt in Deutschland mehr und mehr monopolisiert und schon heute äußerst lukrativ. Die fünf größten in Deutschland börsennotierten Wohnungsunternehmen (Vonovia, Deutsche Wohnen, LEG Immobilien, GRAND City und TAG Immobilien AG) besaßen 2017 fast 800.000 Wohnungen. Diese Konzerne treiben systematisch das Mietniveau nach oben. Stolze 2,4 Milliarden Euro betrug der offizielle Gewinn von Vonovia im Jahr 2017. Wenn die AfD deren Profite zusätzlich fördert, haben die Mieter gar nichts davon. Die Masse der Mieter stellt die AfD vor die glorreiche „Alternative“, sich für den Wohnungskauf hoch zu verschulden oder steigende Mieten für verknappten Wohnraum zu bezahlen.

 

AfD contra Umweltschutz

 

In ihrem Leitantrag an die Europawahlversammlung Mitte Januar lehnt die AfD Umweltschutzmaßnahmen rigoros ab. „Klimaschutzpolitik ist … ein Irrweg“ heißt es dort. „Ferner lehnt die AfD alle EU-Maßnahmen ab, die die Reduzierung von CO2-Emissionen mit dem Schutz des Klimas begründen.“ Behauptet wird dort auch: „Braunkohle ist der einzige kostengünstige und langfristig verfügbare inländische Energieträger von Bedeutung.“ Dabei ist Braunkohle die schmutzigste Form der Energiegewinnung. Sonne und Windkraft als die mit Abstand am meisten, am günstigsten und am längsten zur Verfügung stehende Energieträger werden ausgeblendet. Im Interesse der Strom- und Autokonzerne wird die  regenerative lokale Energiegewinnung abgelehnt und mit der weiteren Verbrennung der fossilen Energieträger der Übergang in die drohende Umweltkatastrophe sehenden Auges in Kauf genommen. Der Rollback der Bundesregierung in Sachen Umweltschutz wird glatt getoppt. Die AfD streitet ab, dass es gesicherte Erkenntnisse über die Ursachen des Übergangs in die globale Umweltkatastrophe gibt. In einem Nebel von Ungewissheit verbreitet sie Skepsis und eine wissenschaftsfeindliche Haltung. Einziger Zweck: die Monopole und Konzerne als Hauptverursacher aus der Schusslinie zu nehmen.

 

Identisch werden viele AfD-Forderungen darin, dass sie die Ausbeutung durch die großen Monopole aus der Schusslinie nehmen. An der Regierung wird nicht die Umverteilung von oben nach unten kritisiert, sondern nur deren angeblich zu flüchtlingsfreundliche Politik. Dabei betreibt die Merkel/Seehofer/Scholz-Regierung selbst einen umfassende Rechtsentwicklung, treibt Abschiebungen voran. Unter dem AfD-Schafspelz des angeblichen „Kümmerers“ verbirgt sich eine extrem arbeiter-, umwelt- und frauenfeindliche sowie aggressive nationalistische und rassistische Richtung.

 

Flüchtlinge als Sündenbock

 

Dazu werden irreale Drohgebärden und Szenarien vom „Ende des Abendlandes“ an die Wand gemalt. In Thüringen, mit gerade mal drei Prozent Migrantenanteil an der Bevölkerung, wird so getan, als ob deshalb für die Arbeiterfamilien kein Geld da sei. Und das, obwohl die meisten Migranten selbst arbeiten und die meisten Flüchtlinge gerne arbeiten würden bzw. das schon tun – ein Drittel kann sich schon ohne staatliche Zuwendung ernähren. Wer „Deutschland“ wirklich auf der Tasche liegt, zeigen folgende Zahlen: 21,4 Milliarden Euro kosten Unterhalt und Unterbringung von Flüchtlingen im Jahr 2018 Bund und Länder zusammen.2 Damit konnte Hunderttausenden Menschen in Not geholfen werden. Ein Betrag, der locker aus den 31,8 Milliarden Euro zu finanzieren wäre, um die Bank-Manager und Investoren den deutschen Fiskus mit Hilfe von Cum-Cum- und Cum-Ex-Geschäften jahrelang geprellt haben – ermöglicht unter anderem von bundesdeutschen Finanzministern.3

 

Für ihre Spaltung setzt die AfD an dem Gefühl der ungerechten Benachteiligung gegenüber „Anderen“ an. So wird von ihnen die kleinbürgerlich-völkische Denkweise verbreitet: „WIR (die Deutschen) sind hier abgehängt, um uns kümmert sich keiner. Für DIE (Flüchtlinge) wird mehr getan als für UNSERE Leute! …“ Aber wer sind denn „unsere Leute“? Die deutschen Großkonzerne und Manager, die gerade zu einer neuen Runde der Arbeitsplatzvernichtung ansetzen? Oder die Ausgebeuteten und Unterdrückten, unsere ausländischen Kolleginnen und Kollegen? Die AfD steht nicht auf Seite der Werktätigen, nicht auf „unserer Seite“, sondern auf der Seite der Herrschenden, des Kapitals und der Reaktion.

 

Auch konkret lügt die rassistisch verbrämte Demagogie: So liegt die aktuelle Höhe der Grundleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz bei 354 Euro pro Monat für eine alleinstehende erwachsene Person. Das sind fast 17 Prozent weniger als der Regelsatz für ALG-II-Bezieher (424 Euro). Solange eine Unterbringung in einer Sammelunterkunft vorliegt, gibt es nur ein Taschengeld von 135 Euro.

 

Natürlich stimmt, dass für die Arbeiterklasse in Deutschland (zu der auch die ausländischen Kolleginnen und Kollegen gehören) und die Masse der Bevölkerung „zu wenig getan wird“. Es ist tatsächlich ein Skandal erster Ordnung, dass fast 30 Jahren nach der Wiedervereinigung Löhne, Arbeitszeiten wie Renten in Ostdeutschland deutlich schlechter sind als in Westdeutschland. 

 

Doch auch diese Spaltung  geht wie die Spaltung in deutsche und ausländische Arbeiter von den Unternehmerverbänden und der Berliner Politik aus. Sie wollen damit die Arbeits- und Lebensbedingungen nach unten drücken. Und auch um diese Spaltung zu überwinden, gibt es nur eine sinnvolle Alternative: Selbst aktiv werden für den Kampf um einheitliche Tarifverträge in Ost und West, für die Verkürzung der Arbeitszeit bei vollem Lohnausgleich, gegen jede Form der Diskriminierung und Benachteiligung der Werktätigen in Ostdeutschland. Diese Arbeitereinheit in Ost und West zu schmieden, hat sich die Internationalistische Liste/MLPD auf die Fahnen geschrieben. Daran arbeitet die MLPD seit der Wiedervereinigung. 

 

Der Mythos der scheinbaren Alternative AfD

 

Die AfD gibt sich zum Schein als „Partei des kleinen Mannes“. Die Wirklichkeit ist: Die AfD wurde maßgeblich gegründet von Spitzenvertretern des deutschen Monopolkapitals wie den beiden früheren Präsidenten des Bundesverbandes der deutschen Industrie Hans-Olaf Henkel und Heinrich Weiß. Was soll an dieser Partei von aggressiven und reaktionären Kräften des Finanzkapitals und anderer Teile der Bourgeoisie „alternativ“ sein? Geführt wird die AfD von Militaristen wie dem Reserveoffizier der Marine, Berengar Elsner von Gronow, von Leugnern der beginnenden Klimakatastrophe wie Georg Pazderski; von Alexander Gauland, 40 Jahre CDU-Mitglied, im Bundesumweltministerium tätig und Leiter der hessischen Staatskanzlei, von Faschisten wie Björn Höcke oder von Alice Weidel, einer ehemaligen Goldman-Sachs-Analystin. Das ist reaktionäres Establishment in Reinkultur!

 

Scharfmacher für Völkerhetze und Kriegsvorbereitung

 

Bei der rassistischen Hetzkampagne gegen den fortschrittlichen Flüchtlingsaktivisten Alassa Mfouapon4 steht die AfD vorne dran mit der Verbreitung von Fake News. AfD-Chefin Alice Weidel verbreitet die längst wiederlegte Räuberpistole der Bild-Zeitung, Alassa habe „deutsche Polizisten brutal angegriffen“ und sei „Rädelsführer“ der „Ausschreitungen von Asylbewerbern in Ellwangen“ gewesen. Der Bundestagsabgeordnete Thomas Seitz, fordert gar die Todesstrafe für Alassa Mfouapon – für einen Mann, der in Kamerun verfolgt wurde, weil seine Frau Christin ist, der in Libyen misshandelt wurde und der sein Kind bei der Flucht verlor? Über die Profiteure von Kriegen, Umweltzerstörung, sozialer Verelendung und Unterdrückung wird dagegen die Hand gehalten. Dass die Politik der AfD nichts damit zu tun hat, „die Kriminalität“ zu bekämpfen, sieht man schon daran, dass sie vehement jede Bestrafung der Verantwortlichen von VW für den Abgasskandal ablehnt. Denn „die Unternehmen haben diese Fahrzeuge im guten Glauben verkauft“, so der verkehrspolitische Sprecher der AfD, Dirk Spaniel.

 

Psychologische Kriegsvorbereitung

 

Die AfD gibt sich europakritisch, ist jedoch eine durch und durch pro-imperialistische Partei. So ist auch die angebliche Gegnerschaft der AfD zur imperialistischen EU ein Mythos. In ihrem Leitantrag zur Europawahlversammlung in Riesa bekennt sie sich klar zur Notwendigkeit dieses imperialistischen Staatenbündnisses. In ihrem „Europa der Nationen“ sind allerdings manche Nationen gleicher. Ungeniert verlangt die AfD, dass Deutschland innerhalb der EU eine „Führungsrolle … annehmen“ solle. Sie fordert die zügige Anpassung des deutschen Wehretats an das von US-Präsident geforderte Zwei-Prozent-Ziel der NATO (bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt).5 Sie ist für Auslandseinsätze der Bundeswehr, „wenn sie den deutschen sicherheitspolitischen Interessen dienen“.6 Gemeint sind dabei die Interessen der deutschen Konzerne zur Steigerung der Absatzmärkte und des Kapitalexport sowie der Verfügbarkeit von billigen Rohstoffen, gemeint sind damit die macht­politischen Interessen des BRD-Imperialismus insgesamt. In Mali und Afghanistan hat sich für die Bevölkerung durch den Bundeswehreinsatz nichts positiv geändert. Aber das war auch nur der propagandistische Zweck.

 

Innerhalb der EU will sie die Achse der ultrareaktionären, faschistoiden Regierungen Polens, Ungarns, Österreichs und Italiens stärken, die Vorreiter für den Abbau sozialer und bürgerlich-demokratischer Rechte und Freiheiten sind. Also auch hier das gerade Gegenteil von „Protest“. Vielmehr geraten ultrareaktionäre, faschistoide Regierungen in Polen, Ungarn, Österreich und Italien selbst zu Recht ins Visier von Massenprotesten. In Ungarn gehen gegenwärtig Zehntausende auf die Straße. Ausgelöst wurde ihr Protest durch die arbeiterfeindlichen Pläne ausgehend von deutschen Autokonzernen, wonach bis zu 400 Überstunden im Jahr unentgeltlich geleistet werden sollen. Und längst steht dabei die gesamte Politik der Orban-Regierung in ihrem Visier.

 

Protest ist Links: Alternative MLPD/linke Liste stärken

 

Die AfD steht im aggressiven Kampf gegen die Arbeiterinteressen, ist Scharfmacher für die Rechtsentwicklung von Regierung und bürgerlichen Parteien und mit ihrer völkischen, rassistischer Demagogie ein Wegbereiter des Faschismus. Dazu gehört der Antikommunismus als wesentlicher Markenkern. Es ist kein Ausrutscher, wenn AfD-Spitzenpolitiker wie Jörg Meuthen am 14. Oktober 2018 in der ARD-Sendung bei Anne Will oder Björn Höcke im Oktober 2018 im Landtag von Thüringen gegen die MLPD hetzen. Die beharrliche, überzeugende und revolutionäre Kritik an der AfD seitens der MLPD ist ihnen nicht entgangen. Die MLPD hat schon im Bundeswahlkampf 36.000 Exemplare einer wirksamen Broschüre herausgebracht, um den Mythos der AfD zu entlarven. Die Internationalistische Liste/MLPD nennt sich bewusst internationalistisch. Die internationale Solidarität ist eines der zentralen Prinzipien.

 

Die MLPD wendet sich auch gegen die Propaganda, „die Menschen“ in Deutschland wären allgemein rechts oder nach rechts gerückt. Es gibt vielmehr einen fortschrittlichen Stimmungsumschwung, der sich auch als Reaktion auf die AfD festigt. Die meisten AfD-Wähler stimmen nicht wegen deren Inhalten für die AfD, sondern weil sie denken, damit Protest auszudrücken. Aber damit sind sie bei der AfD an der falschen Adresse. Darüber gilt es sich intensiv und kritisch auseinanderzusetzen.

 

Tatsächlich sind aufgrund des breiten antifaschistischen Bewusstseins in Deutschland die faschistischen Kräfte weitgehend isoliert. Gegen ihre Hetze, ihre Umtriebe und Propaganda gilt konsequent: Wehret den Anfängen! Dazu gehört, die Rolle der AfD und ihrer Hetze als Wegbereiter des Faschismus zu entlarven, ihr politisch und weltanschaulich entgegenzutreten und eine Überzeugungsarbeit zu leisten für die Überlegenheit der proletarischen im Kampf gegen die kleinbürgerlich-völkische Denkweise. Im Landtagswahlkampf in Thüringen führt die Internationalistische Liste/MLPD eine Massendiskussion: AfD – keine Alternative!

 

Gegen die Rechtsentwicklung der bürgerlichen Regierungen und der bürgerlichen Parteien ist sehr wichtig, dass sich immer mehr Menschen im Internationalistischen Bündnis zusammenschließen. Grundlegende Veränderungen erfordern eine starke revolutionäre Arbeiterpartei, die MLPD. Und einen großen rebellischen Jugendverband, wie den REBELL. Mit der Kandidatur der Internationalistische Liste/MLPD gibt es bei der Europawahl und bei der Landtagswahl in Thüringen eine wirkliche Alternative. Hier findet man wirklich neue Politikerinnen und Politiker und kann selbst dazu werden.          

 

1 zeit-online.de, 18.09.2017

2 Finanzplan der Regierung

3 Recherchezentrum Correctiv

4 Siehe Seite 8

5 Beschluss­empfehlung des Verteidigungsausschusses des Bundestags, 06.06.2018

6 Interview im Deutschlandfunk, 04.05.2018