Rote Fahne 23/18
Neue Erscheinungen im Übergang zur globalen Umweltkatastrophe
Hitzewellen, Dürrekatastrophen, katastrophale Überschwemmungen und Stürme – gab es das nicht schon immer? Zweifellos – aber nicht in der Heftigkeit und dramatischen Häufung auch regionaler Umweltkatastrophen wie in den letzten Jahren. Seit Beginn der Industrialisierung hat sich die mittlere Temperatur der Erde um etwa ein Grad erhöht. Von den wärmsten 16 Jahren seit 1881 liegen 15 nach dem Jahr 2000.1
Warum erwärmt sich die Erde?
Die Ursachen sind der immer weiter steigende Ausstoß von Klimagasen wie CO2 und Methan, durch Verbrennung fossiler Energieträger oder durch die Massentierhaltung. Der CO2-Gehalt in der Luft stieg seit Beginn der Industrialisierung von 280 ppm (Teile pro Million Luftteile) auf über 410 ppm im Mai 2018.2 In den letzten 800.000 Jahren überstieg der Wert nie die Marke von 300 ppm.
Angesichts dieser Entwicklung stellt der Weltklimarat in seinem Bericht vom 8. Oktober 2018 fest: „Die Erwärmung durch anthropogene (menschengemachte – Anm. d. Red.) Emissionen seit vorindustrieller Zeit bis heute wird für Jahrhunderte bis Jahrtausende bestehen bleiben und wird weiterhin zusätzliche langfristige Änderungen im Klimasystem bewirken, wie zum Beispiel einen Meeresspiegelanstieg und damit verbundene Folgen.“3
Der Bericht stellt auch fest: „Die globale Erwärmung erreicht 1,5 Grad Celsius wahrscheinlich zwischen 2030 und 2052, wenn sie mit der aktuellen Geschwindigkeit weiter zunimmt.“ Er kommt zu dem Schluss, dass „weitreichende Systemübergänge in Energie-, Land-, Stadt- und Infrastruktur- (einschließlich Verkehr und Gebäude) sowie in Industriesystemen“ notwendig sind.
Unverbindliche Beschlüsse der Pariser Weltklimakonferenz
Damit kritisiert er objektiv und grundlegend die unverbindlichen Beschlüsse der Weltklimakonferenz von Paris 2015 und die Untätigkeit der Regierungen und Konzerne zur CO2-Reduzierung. Die Bundesregierung mit ihrem Rollback in der Umweltpolitik hat ihr selbst gestecktes Ziel – die CO2-Reduktion bis 2020 um 40 Prozent zu 1990 – als nicht mehr erreichbar aufgegeben. Diese katastrophale Umweltpolitik – einschließlich der Zusammenarbeit beim kriminellen Abgasbetrug der Autokonzerne – sowie der Abwälzung der Folgen auf die Masse der Bevölkerung, stößt zunehmend auf Empörung und Protest. Sie ist eine Ursache der tiefen Vertrauenskrise in die Bundesregierung.
Weitere zerstörerische Wechselwirkungen
Mit dem Ansteigen des CO2-Gehalts in der Luft eng verbunden ist die Versauerung der Weltmeere. Sie nahmen bisher circa 25 Prozent des von Menschen produzierten Kohlendioxids auf. Die Versauerung schädigt insbesondere die Kalkbildung von Meereslebewesen und zerstört die Korallenriffe. Das ganze Ökosystem der Weltmeere ist elementar bedroht.
Die Erwärmung der Ozeane hat wiederum entscheidenden Einfluss auf das Weltklima. Das dramatische Abschmelzen der Polkappen und die überdurchschnittliche Erwärmung der polaren Regionen verstärkt den Effekt noch erheblich. Die Jetstreams, starke Höhenwinde, die bisher für eine gute Durchmischung von Hochs und Tiefs geführt haben, verlieren dadurch ihre Wirkung. Das führt zu lang anhaltenden Hochdruck- oder Tiefdruckgebieten mit ihren katastrophalen Auswirkungen.
Ein weiterer Faktor für die Zunahme des CO2 in der Luft ist die rasant steigende Abholzung, vor allem der tropischen Regenwälder. Sie werden abgeholzt – zum Beispiel für Ölpalmen oder Soja, das als bedenkliche Futtermischung für die Massentierhaltung eingesetzt wird. Das alles erhöht wiederum den Treibhauseffekt. Auch in Deutschland sind die Wälder in diesem Jahr durch den Hitze- und Dürre-Sommer akut geschädigt.4 Die Folge ist, dass die Wälder immer weniger CO2 aufnehmen können.
Vermüllung der Weltmeere
Eine sprunghafte Verschärfung hat auch die Vermüllung der Weltmeere genommen. Wenn jetzt das EU-Parlament bestimmte Kunststoffprodukte wie Trinkhalme oder Wattestäbchen ab 2021 verbietet, so ist das nicht mehr als eine Beruhigungspille. Plastikmüll soll bis 2025 in jedem EU-Land um 25 Prozent reduziert werden. Angesichts der Menge von Plastikmüll in den Weltmeeren, bis zu 500.000 Tonnen pro Jahr allein aus der EU, ist das nur ein schlechter Witz.5
Der Prozess des Übergangs in eine globale Umweltkatastrophe hat sich in den letzten zehn Jahren erheblich beschleunigt. Die Wechselwirkung der verschiedenen zerstörerischen Eingriffe der kapitalistischen Profitwirtschaft hat eine eigenständige Dynamik entwickelt. Dagegen wachsen auf der ganzen Welt Proteste, die die Herrschenden zunehmend unter Druck setzen. Entscheidend ist, dass daraus eine international koordinierte Widerstandsfront erwächst, die sich mit dem gesellschaftsverändernden Kampf für eine sozialistische Perspektive verbindet.
1 https://bildungsserver.hamburg.de/klimaaenderung-nav/2041618/ durchschnittstemperatur-150-jahre/
2 https://www.energiezukunft.eu/klimawandel/co2-konzentration-ueberschreitet-weiteren-schwellenwert/
3 https://www.de-ipcc.de/media/content/Hauptaussagen_IPCC_SR15.pdf
4 http://www.bund-rvso.de/waldsterben.html
5 https://www.welt.de/newsticker/dpa_nt/afxline/topthemen/hintergruende/article176750059/Wie-die-EU-den-Muell-im-Meer-eindaemmen-will.html