Rote Fahne 18/2018
Aufspaltung von Konzernen im Trend
Aufspaltungspläne bei Konzernen wie Siemens, Daimler, Conti oder Bayer stellen Belegschaften vor neue Herausforderungen
Im Herbst 2017 hatte der Daimler-Vorstand entschieden, den Konzern in drei rechtlich selbständige Bereiche unter Führung einer Daimler-Holding aufzuteilen: Mercedes-Benz Cars & Van (175 000 Beschäftigte), Daimler Trucks & Buses (100.000 Beschäftigte) und die bereits existierende Daimler Financial Services AG (13.000 Beschäftigte).
Dazu Aufsichtsratsvorsitzender Manfred Bischoff: „Mit der neuen Organisationsstruktur stellt sich Daimler für den rasanten Wandel der Mobilitätsbranche und die damit verbundenen strategischen Herausforderungen auf“.1 Die Umsetzung soll bis zur Hauptversammlung der Aktionäre im Mai 2019 abgeschlossen sein.
Kollegen trauen dem Braten nicht!
In der Kollegenzeitung Stoßstange heißt es im Artikel aus dem Werk Mannheim: „Mit einer ‚Arbeitsplatzgarantie‘ bis Ende 2029 und der Zusicherung der ‚Gewinnbeteiligung‘ bis 2028 soll die Stammbelegschaft für diese Pläne gewonnen, bzw. zumindest vom Kampf abgehalten werden … Immer, wenn es heißt, ‚das ganze hat keine negativen Auswirkungen auf die Mitarbeiter‘ sollte man hellhörig werden. Die Sparte Lkw/Busse ist weniger profitabel als der Pkw/Van-Bereich. Was passiert dann mit den Prämien? EVO Bus lässt grüßen! Getrennte Sparten lassen sich auch einfacher verkaufen oder fusionieren.“
Veränderte Bedingungen für die Profitmaximierung
Die MLPD hat herausgearbeitet, dass heute nur mit der Erreichung „einer weltmarktbeherrschenden Stellung im internationalen Produktionsverbund … die für die Monopole ökonomisch notwendigen Maximalprofite … erzielt werden“ können.2 Das ist der Hintergrund für die Konzentration auf die Kernsparten und weiterer Zusammenschlüsse, sowie Verkäufe anderer Bereiche.
Das gilt umso mehr unter den Bedingungen eines Handelskrieges und einer beginnenden internationalen Strukturkrise auf der Grundlage der Umstellung auf den Elektroantrieb. Siemens-Vorstandschef Joe Kaeser möchte mit den Aufspaltungsplänen einen „Flottenverbund mit Schnellbooten“ schaffen. Gebraucht werden Unternehmenseinheiten, die schnell darauf reagieren können: Durch Versenken von „überladenen Barkassen“, um im Bild von Siemens-Chef Kaeser zu bleiben.
Durch die Konzentration auf die „Schnellboote“ steigt deren Wert und die Möglichkeit, durch Börsengänge neues Kapital zu bekommen. Die Aufspaltung ist auch ein Versuch, einheitliche Tarifvereinbarungen zu zerschlagen und einheitliche Kämpfe riesiger Konzernbelegschaften durch die Spaltung zu erschweren.
Auf härtere Zeiten einstellen
Die oben genannte „Zukunftssicherung 2030“ wirkt für viele Daimler-Beschäftigte beruhigend. Als sie allerdings erfahren haben, dass jeder den Änderungen im Arbeitsvertrag zustimmen muss, wenn er die Zusicherungen nicht verlieren will, fühlten sich viele erpresst.
Ganz anders der Untertürkheimer Betriebsrats-Chef Wolfgang Nieke: „Ich empfehle jedem Mitarbeiter, zuzustimmen“3. Und der Gesamtbetriebsrats-Vorsitzende Michael Brecht unterstützt die Holdingpläne, weil diese „im Sinne eines langfristigen Unternehmenserfolgs“ seien.4 Doch die Arbeiter dürfen sich nicht vor den Karren der Verteidigung der Konkurrenzfähigkeit und den Profitzielen des „eigenen Konzerns“ spannen lassen.
Wenn Siemens-Chef Kaeser mit Begriffen aus dem Militär den Umbau des Konzerns begründet, sollte dies für alle Arbeiterinnen und Arbeiter eine Warnung sein. Heute wollen Konzerne die Belegschaften für den Handelskrieg gegen ihre Konkurrenten gewinnen – morgen sollen dann die Kollegen für die Profit- und Machtinteressen der Konzerne in den Krieg ziehen.
Aktuell gibt es in der Daimler-Belegschaft heftige Diskussionen über Ausgliederungen und Fremdvergaben von Produkten und Fertigungsprozessen in nicht gekannten Umfang. So will der Vorstand die letzte eigene Sitzfertigung im Werk Sindelfingen-Hulb schließen, weil sie angeblich „zu teuer“ sei. Und entgegen früherer Zusagen sollen im Werk Mettingen (Untertürkheim) die Stahlgießerei und Bearbeitung von Turboladergehäusen fremdvergeben werden. Das würde den bereits schleichenden Abbau der „Stamm“belegschaft beschleunigen, die Arbeitshetze der Kollegen in den Abteilungen unerträglich verschärfen und die Aussichten der Jungen auf Übernahme entsprechend verschlechtern. Die Daimler-Beschäftigten tun deshalb gut daran, sich auf härtere Zeiten einzustellen. Dazu gehört der Kampf gegen die Holdingpläne und gegen Versuche, die Konzernbelegschaft zu spalten und einheitliche Tarifvereinbarungen zu zerschlagen!
1 Pressemitteilung, 26.07.18
2 „Götterdämmerung über der neuen Weltordnung“ S. 41, 48
3 Stuttgarter Nachrichten 25.10.17
4 Automobilwoche 02.09.17