Rote Fahne 15/2018

Rote Fahne 15/2018

Masterplan für eine kämpferische und fortschrittliche Flüchtlingspolitik

Als Hunderttausende während des Hitler-Faschismus zwischen 1933 und 1945 vor politischer und ethnischer Verfolgung aus Deutschland fliehen mussten, erlebten sie teils wahre Odysseen durch verschiedenste Länder. Viele wurden interniert, ausgewiesen, mussten in andere Länder weiterreisen – oder wurden gar an ihre Henker ausgeliefert. Demokraten auf der ganzen Welt zollten ihnen hohen Respekt. Heute bezichtigt Innenminister Horst Seehofer (CSU) Flüchtlinge des „Asyltourismus“ oder „Asylmissbrauchs“, wenn sie nach der ersten Abweisung weiter um ihr Asylrecht kämpfen oder nicht in dem Land bleiben wollen, das sie mit Abschiebung bedroht.

Von RF-Redaktion
Masterplan für eine kämpferische und fortschrittliche Flüchtlingspolitik
Foto: Sea-Eye e.V.

Zur letzten Sammelabschiebung von 69 Afghanen in ihre von Krieg beherrschte Heimat fiel ihm nichts anderes ein als ein zynischer Bezug zu seinem Geburtstag, dem 69. Das ist die Begleitmusik für eine ultrareaktionäre, faschistoide Flüchtlingspolitik, auf die sich, nach wochenlangem Streit, die gesamte große Koalition geeinigt hat. Diese Pläne fordern aber auch massenhafte Kritik heraus, Empörung und wachsenden Protest. Die Forderungen werden lauter: nach Rücktritt von Horst Seehofer und der ganzen Regierung.

 

Die übergroße Masse der Bevölkerung in Deutschland will nicht darüber hinwegsehen, dass Ende 2017 weltweit mindestens 68,5 Millionen Menschen auf der Flucht waren1 – ein neuer Höchststand. Seit Anfang 2016 sagen rund 60 Prozent der Menschen in Deutschland konstant, dass der Flüchtlingszuzug zu verkraften ist2. Darin zeigt sich ein wachsendes internationalistisches Bewusstsein unter den Arbeitern und breiten Massen. Dieses Bewusstsein schärft sich. Auch aus der persönlichen Bekanntschaft mit Menschen, die als Flüchtlinge nach Deutschland kamen. Wenn Fatima aus dem Irak erzählt, wie sie mit knapper Not dem Terror des faschistischen IS entrinnen konnte, kommt man nicht auf die infame Idee, sie sei eine „Asyltouristin“. Und wer würde Amadou aus Guinea des „Asylmissbrauchs“ beschuldigen, der erst einem blutigen Polizeimassaker an Demonstranten mit über 500 Toten, entkam und dann in einem Schlauchboot fast im Mittelmeer ertrunken wäre? Nur zwei Schicksale von Hunderttausenden3 – und keineswegs erfunden.

 

Ist das „Boot“ Deutschland voll?

 

Seit Monaten erzeugen bürgerliche Politiker und Medien eine Hysterie, Deutschland könne nicht „alle Flüchtlinge aufnehmen“. Natürlich nicht! Die meisten Flüchtlinge würden ohnehin lieber in ihrem Land bleiben. Deshalb bekämpft die MLPD in allererster Linie die Fluchtursachen, die im imperialistischen Weltsystem liegen.

 

Davon, dass „alle nach Deutschland kommen“, kann sowieso nicht im Entferntesten die Rede sein. 85 Prozent aller auf der Flucht befindlichen Menschen leben in neokolonial abhängigen Ländern, unter erbärmlichsten Bedingungen. Deutschland lag Ende 2017 mit 970.400 hier lebenden Flüchtlingen – die jährlichen Aufnahmezahlen gehen stark zurück4 – im internationalen Vergleich auf Platz sechs. Gemessen an der Wirtschaftskraft aber nur auf Platz 59.

 

Mit weiteren „Argumenten“ werden Ängste vor „Überfremdung“ geschürt. Flüchtlinge bekämen „alles zugeschoben“, für sie sei massenhaft Geld da. Hartz-IV-Satz, die Rente oder die Löhne reichen für Einheimische oft kaum zum Leben. Aber der Regelsatz nach dem Asylbewerberleistungsgesetz liegt für Alleinstehende bei 354 Euro, also noch 62 Euro unter dem ALG-II-Regelsatz. Solange sie in Aufnahmeeinrichtungen leben, bekommen Flüchtlinge allenfalls ein Taschengeld (monatlich 135 Euro für Alleinstehende) bzw. Sachleistungen. So werden die Leute mit Lügengeschichten oder aufgebauschten Einzelfällen wütend gemacht und gegeneinander aufgebracht. Jeder ist gefordert, selbst seinen Kopf anzustrengen, solchen Hetzargumenten auf den Grund zu gehen und Rückgrat zu zeigen, ob in Pausen- oder bei Stammtischdebatten!

 

Die angeblich „wachsende Kriminalität von Ausländern“ ist ein weiteres „Argument“. Aber selbst nach der Statistik des Bundeskriminalamts nehmen die Straftaten von Zuwanderern nicht zu, sondern ab. Um 4,1 Prozent 2017, obwohl rund 190 000 Flüchtlinge neu hinzukamen. Wenn Flüchtlinge kriminell werden, ist das selbstverständlich zu verurteilen. Genauso wie bei deutschen bzw. länger hier lebenden Menschen. Man muss ihnen genauso nachdrücklich klarmachen – notfalls auch mithilfe der Justiz – dass Klauen, Dealen und Messerstechereien keinerlei Lösung bringen. Das schürt nur Vorbehalte und zerstört den notwendigen Zusammenhalt. Nachbarschaftsauseinandersetzungen können und müssen geklärt werden, unabhängig von der Nationalität. Aber nicht hingenommen werden kann vor allem, dass nach der Methode der AfD aus Einzelfällen generelle Vorurteile abgeleitet werden – die dann neue Aggression befördern.

 

„Kompromiss“ der ultrareaktionären Art

 

Zwei Wochen offenes Hauen und Stechen herrschte Ende Juni in der großen Koalition, obwohl sie erst rund 100 Tagen im Amt ist. Seehofer kündigte kurzerhand an, sich über die Richtlinienkompetenz der Kanzlerin hinwegzusetzen, wenn diese seinem Alleingang bei der Zurückweisung von Flüchtlingen an der deutsch-österreichischen Grenze nicht zustimme. Es folgte Seehofers Ultimatum: Merkel müsse bis zum EU-Gipfel am 28./29. Juni „wirkungsgleiche“ Abkommen liefern. Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder und Seehofer ließen Sitzungen platzen, oder sie tauchten erst gar nicht auf. „Ich kann mit dieser Frau nicht mehr arbeiten“, geiferte Seehofer bei einer Fraktionssitzung der CSU. SPD-Vizefrak­tionschef Thomas Oppermann bezeichnete ihn als „politischen Hasardeur“ und hielt dessen Amtsende für „absehbar“. Es hagelte Szenarien über ein bevorstehendes Misstrauensvotum, den Rücktritt der Kanzlerin und Neuwahlen.

 

Bei der tiefsten offenen politischen Krise der Nachkriegszeit ging es allerdings um mehr als den Streit um die Flüchtlingspolitik. Es ging um die Frage, mit welcher Regierungsmethode die weitere Rechtsentwicklung gegen die Massen durchgesetzt werden soll:

 

Angela Merkel hält derzeit noch fest am System der kleinbürgerlichen Denkweise als hauptsächlicher Regierungsmethode. Sie schmückt sich mit wohltönenden Floskeln von „Humanität“ und „europäischem Gedanken“. In Wirklichkeit verfolgt sie eine in jeder Hinsicht knallharte Machtpolitik – aber eben im EU-Kontext, statt, in anachronistischer Weise, nur auf Deutschland bezogen. Seehofer/Söder wollen die konkrete Herrschaftsmethode weiter verschärfen, in Richtung offener Reaktion. Einig ist sich die gesamte Bundesregierung aber darin: Sie betreibt im Wesentlichen den Übergang zu einer offen reaktionären Innen- und Außenpolitik, gepaart mit antikommunistischer, rassistischer und sozialchauvinistischer Demagogie. 

 

Die bürgerlichen Medien sind jetzt voll des Lobs über den gefundenen „Kompromiss“ der großen Koalition. Aber: Der unterscheidet sich nur gering­fügig von Seehofers „Masterplan Migration“. Dessen Inhalte wurden während des gesamten Streits geheim gehalten, gegenüber der Bevölkerung, ja sogar anderen Ministern und dem Parlament. Das zeigt Seehofers provokatorische Methode, und wie wenig er sich – ganz in Trump‘scher Manier – um bisherige parlamentarische Gepflogenheiten schert. Diese Geheimniskrämerei zeigt aber auch, wie bewusst sich die Herrschenden dessen sind, dass die Masse der Bevölkerung ein gewachsenes internationalistisches Bewusstsein hat.

 

Seehofers „Masterplan“ verbindet mancherorts bereits in der Praxis erprobte reaktionäre Maßnahmen mit schon länger vereinbarten Plänen und weitergehenden neuen Verschärfungen. In der Gesamtheit stellt er explizit eine „Asylwende“ dar. Die bedeutet nichts anderes als die immer weitere faktische Abschaffung des Asylrechts:

 

  • Die Regierung will vor allem die „internationale polizeiliche Zusammenarbeit“ ausbauen.5 Das richtet sich nicht gegen die Fluchtursachen, sondern gegen das Recht auf Flucht – und gegen den Zusammenschluss der Flüchtlinge mit den Arbeitern und breiten Massen auf der ganzen Welt.

 

  • Die wirkliche Bekämpfung der Fluchtursachen erfordert, der imperialistischen Kriegspolitik, der Zerstörung der natürlichen Umwelt, der Ausbeutung der Ressourcen … und der Faschisierung der Staatsapparate, bis hin zur Errichtung offen faschistischer Regimes, den Kampf anzusagen. Und das imperialistische System revolutionär zu überwinden.

 

  • Statt die Fluchtursachen zu beseitigen, werden immer mehr Länder zu „sicheren“ Herkunftsstaaten erklärt – um noch mehr Flüchtlinge abschieben zu können. Dazu will die Bundesregierung die Einrichtung von „sicheren Orten“ durchsetzen, insbesondere in Nordafrika und der Sahel-Region. Mit der „Gewährleistung einer robusten Sicherung dieser Orte“ ist offenbar gemeint, Internierungslager zu schaffen. Nicht ohne Berechtigung bezeichnete sie der Papst als „Konzentrationslager“. Live zu erleben ist das jetzt schon in libyschen Lagern. Flüchtlinge werden misshandelt, vergewaltigt, erpresst oder verkauft. Die Einrichtung solcher Zentren stößt in all diesen Ländern auf massiven Widerstand. In Tunesien laufen unter anderem die Gewerkschaften und breite Bevölkerungskreise dagegen Sturm. Auch Ägypten und die Regierungen der Balkanstaaten haben sich eindeutig gegen solche kolonialen Vorhaben positioniert. Der albanische Ministerpräsident Edi Rama lehnte solche Lager auf seinem Staatsgebiet kategorisch ab. „Verzweifelte Menschen irgendwo abzuladen wie Giftmüll, den niemand will“, prangerte er diese Pläne an.

 

  • Die gleichen Politiker, die hohe Flüchtlingskosten bejammern, wollen die berüchtigte Grenzschutztruppe Frontex um das Neunfache ausbauen.

 

  • An der deutsch-österreichischen Grenze plant Seehofer ein „neues Grenzregime“, unter anderem mithilfe von „Transitzentren“ für beschleunigte Asylverfahren. Dafür bricht er sogar EU-Recht und das Schengener Abkommen. Die SPD spricht deshalb lieber von „Transitverfahren“ statt von -zentren. Eine über 48 Stunden hinausgehende Freiheitsberaubung ist bisher nicht vom Gesetz gedeckt. Deshalb will sich die Regierung laut „Pro Asyl“ möglicherweise einer Konstruktion auf der Grundlage des „Flughafenverfahrens“ bedienen. In Flughäfen dürfen Flüchtlinge länger festgehalten werden. Man unterstellt ihnen einfach kurzerhand eine „Nichteinreise“. Allerdings weigern sich die nationalistischen Regierungen in Italien und Österreich kategorisch, auf diese Weise abgewiesene Flüchtlinge wieder aufzunehmen. Gegen die Flüchtlinge sind sie sich einig – wenn aber Nationalismus auf Nationalismus trifft, dann kriegen sich die ehrenwerten Herrschaften sofort in die Haare.

 

Teil einer europaweiten Rechtsentwicklung

 

Die systematische Manipulierung der öffentlichen Meinung zur Verbreitung eines rassistischen Feindbilds soll eine Bresche schlagen: um gegen dauerhaft hier lebende Migranten aufzuwiegeln, Kriegseinsätze gegen andere Länder vorzubereiten, Zwietracht in der Bevölkerung zu säen und Sündenböcke zu schaffen. Die damit einhergehende Spaltung und Desorientierung schwächt die Kampfeinheit in den Betrieben, wenn die Arbeiter nicht bewusst damit fertigwerden. Erleben kann man das schon heute an der ernst zu nehmenden Spaltung zwischen Teilen der türkischen und kurdischen Arbeiter am Arbeitsplatz.

 

Insbesondere an Flüchtlingen wird die Faschisierung des Staatsapparats erprobt, wie die Vorgänge in Ellwangen und die brutalen Abschiebungen zeigen. Offenbar in der Einschätzung, dass die Akzeptanz hier größer ist und die Öffentlichkeit weniger davon mitbekommt. Dem gilt es durch verstärkte Wachsamkeit und Solidarität einen Strich durch die Rechnung zu machen.

 

Europaweit tritt der Streit zwischen den unterschiedlichen Regierungsmethoden innerhalb der Rechtsentwicklung noch deutlicher in Erscheinung. Die Menschenverachtung auf die Spitze treibt die ungarische Orbán-Regierung. Sie ließ die Grenzen vollständig abriegeln, teils mit hohen Zäunen und Panzerdraht. Wer dennoch nach Ungarn gelangt, wird von vornherein als Krimineller behandelt. Die ultrarechte dänische Regierung verschärfte in den letzten vier Jahren 73 Mal das Asylrecht. Unter anderem halbierte sie die finanzielle Unterstützung und setzte das Recht auf Familienzusammenführung für die meisten Flüchtlinge aus. Widerlich präsentierte sich die dänische Integrationsministerin Inger Støjberg zur 50. Gesetzesänderung vor einem Jahr – mit einem Foto nebst Torte: „Das muss gefeiert werden.“ In Italien vegetieren Flüchtlinge, aus anderen Ländern abgeschoben, ohne finanzielle Unterstützung und feste Unterkunft auf Straßen und Plätzen. Auf engstem Raum zusammengepfercht sind rund 7000 Flüchtlinge in den Lagern der griechischen Insel Lesbos. Mit einem hohen solidarischen Bewusstsein helfen ihnen viele Einheimische, wo es nur geht – obwohl die hohe Flüchtlingsdichte den Tourismus auf Lesbos heftig einbrechen ließ. Tausende demonstrierten im Mai für eine menschenwürdige und dezentrale Unterbringung der Flüchtlinge. Der neue spanische Ministerpräsident, Pedro Sánchez, ordnete Mitte Juni die Aufnahme von 629 Flüchtlingen der „Aquarius“ an, nachdem Italien und Malta sich weigerten, das Schiff ihre Häfen ansteuern zu lassen. Das ist auch Ergebnis von Massenprotesten wie im letzten Jahr, als, unter anderem in Barcelona, 150.000 Menschen dafür demonstrierten, dass Spanien mehr Flüchtlinge aufnimmt. Das trug maßgeblich bei zum Sturz der Vorgänger-Regierung.

 

Politische Krise beigelegt?

 

Auch nach der Einigung in der Flüchtlingspolitik und dem zeitweiligen Übergang der offenen in eine vertiefte latente politische Krise bleibt die große Koalition äußerst labil. Die ständigen Provokationen 
Seehofers zeigen: Der Streit um die Regierungsmethode ist nicht ausgestanden. Sein Zurückrudern hat einen Ausgangspunkt in den Ermahnungen der führenden Monopolverbände. In einem gemeinsamen Appell drängten sie auf eine „stabile Regierung“. Sie wollen eine effizientere Durchsetzung ihrer innen- und außenpolitischen Interessen – gegen die Arbeiterklasse und breiten Massen, aber auch gegen imperialistische Konkurrenten. Verschätzt haben sich Seehofer und Söder aber vor allem darin, was das Bewusstsein der Massen angeht. Innerhalb kurzer Zeit brach die CSU in den Wählerumfragen auf mittlerweile 38 Prozent ein – gegenüber 47,7 Prozent bei der Landtagswahl 2013. Davon profitiert keineswegs nur die ultrareaktionäre, faschistoide AfD. Auch die Grünen legen zu, weil sie in den Augen vieler Menschen von den Berliner Parteien am ehesten den Anspruch einer fortschrittlichen Flüchtlingspolitik haben. Zu Unrecht! Die Realität in den Bundesländern mit grüner Regierungsbeteiligung sieht anders aus. Der baden-württembergische grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann stand im Bundesrat in wesentlichen Fragen an der Spitze reaktionärer Entscheidungen in der Flüchtlingspolitik, so bei der Frage „sichere“ Herkunftsländer. Er rühmt sich bis heute des brutalen Vorgehens seiner Polizei gegen die protestierenden Flüchtlinge in Ellwangen.

 

Viele Flüchtlingshelfer sind zutiefst empört über die Pläne der Regierung. Die „Seenotretter“ gehen selbst in die Offensive, statt sich weiterhin kriminalisieren zu lassen. Im Rahmen der länderübergreifenden Bewegung „Seebrücke“ gingen am 7. Juli 12.000 Menschen in Berlin auf die Straße, 2000 in Hannover und rund 1000 in Bremen. Weitere Demonstrationen gab es unter anderem in Frankfurt/Main, Heidelberg, Leipzig sowie München. Noch mehr sind in den nächsten Wochen bundesweit geplant. Auf Transparenten stand: „Stell dir vor, in den Booten säße deine Familie“ oder „Seebrücke statt Seehofer“. Kritik an der Flüchtlingspolitik war auch ein Motiv für die Teilnahme an der Demonstration gegen die Polizeigesetze am 7. Juli in Düsseldorf.

 

Auf Twitter und in anderen sozialen Medien explodiert die Debatte über Seehofers Kurs. Zehntausende fordern bereits seinen Rücktritt in einer Online-Petition. Der Protest gegen die Flüchtlingspolitik der Regierung wird, neben dem Protest gegen die Polizeigesetze, zu einem weiteren Kristallisationspunkt des sich entfaltenden und politisierenden fortschrittlichen Stimmungsumschwungs.

 

Auch in anderen Ländern wächst der Widerstand gegen die menschenfeindliche Flüchtlingspolitik. In Italien finden zurzeit Demonstrationen statt gegen die aggressive Abschottungspolitik der ultrarechten Fünf Sterne/Lega-Regierung, in großen genauso wie in kleineren Städten. 70 000 demonstrierten am 14. April in Budapest gegen die Orbán-Regierung, unter anderem wegen ihrer rassistischen Flüchtlingspolitik.

 

Das Internationalistische Bündnis, die MLPD und der REBELL sind, aktive, prägende und internationalistische Kraft dabei und erwerben sich wachsende Anerkennung und Anziehungskraft. Zehntausendfach wurde seit 2015 die Massenbroschüre mit „12 Argumenten der MLPD zur Krise der bürgerlichen Flüchtlingspolitik“ unter die Menschen gebracht. Die MLPD entwickelt eine aktive Hilfe und marxistisch-leninistische Sozialarbeit für Flüchtlinge, bezieht sie in den Klassenkampf in Deutschland ein und ermuntert sie, ihre Fähigkeiten und Kenntnisse einzubringen. Vor allem fordert sie auf, selbst Marxisten-Leninisten zu werden und sich in MLPD und REBELL zu organisieren. Die MLPD unterstützt, wo immer möglich, die zahlreichen Proteste gegen Abschiebungen, bei denen ihr Jugendverband REBELL oft mit vornedran steht. Den breiten und erfolgreichen Protest 2016 gegen die Wohnsitzauflage für Flüchtlinge hätte es ohne die MLPD so  nicht gegeben. Eine aktive Rolle übernahm sie beim
Kampf gegen die Kriminalisierung der Ellwanger Flüchtlinge. Die verschärften Attacken des Staatsapparats auf die MLPD haben auch damit zu tun, dass sie sich als konsequentester Gegner der herrschenden Flüchtlingspolitik erweist.

 

Masterplan für den gemeinsamen Kampf

 

In dieser Situation wächst die Bedeutung und Ausstrahlung einer klaren Agenda für eine kämpferische, internationalistische, antifaschistische und revolutionäre Flüchtlingspolitik (siehe Zehn-Punkte-Masterplan). Die MLPD steht insbesondere für den Weg, auf dem die Fluchtursachen beseitigt werden können. Und sie beteiligt sich vorwärtstreibend am Solidaritätspakt der revolutionären Weltorganisation ICOR mit dem Kampf für Freiheit und Demokratie im nordsyrischen Rojava. Der Aufbau einer Geburtsklinik in dem vom faschistischen IS weitgehend zerstörten Kobanê durch 177 internationale Brigadistinnen und Brigadisten der ICOR wurde zu einem Signal: Zehntausende wurden zur Rückkehr in die zerstörte Region und zur Teilnahme am Wiederaufbau ermuntert.

 

Der wichtigste Beitrag ist der Aufbau marxistisch-leninistischer, revolutionärer Parteien und Jugendverbände in jedem Land und ihre Zusammenarbeit in der ICOR. Im Kampfbündnis des internationalen Industrieproletariats als führender Kraft mit der Masse der Unterdrückten der Welt entsteht eine dem Imperialismus überlegene Kraft. Sie kann vereinigte sozialistische Staaten der Welt erkämpfen und den imperialistischen Kriegen, der Umweltzerstörung, Unterernährung und Unter­drückung der breiten Massen ein endgültiges Ende setzen. Und damit auch der fortlaufenden Erneuerung elender Fluchtursachen.

 

1 uno-flüchtlingshilfe.de

2 Monatliche Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen, Tagesspiegel.de, 21.6.2018

3 Nur die Namen sind geändert

4 2017 kamen nur noch rund 190 000 Flüchtlinge neu an, im ersten Halbjahr 2018 wurden 78 026 Asylanträge gestellt

5 Alle Zitate aus dem „Masterplan“

 

 

Zehn-Punkte-Masterplan für eine kämpferische  und fortschrittliche Flüchtlingspolitik

 

Es darf keine Menschen erster, zweiter und dritter Klasse geben – Zusammenarbeit auf Augenhöhe und volle rechtliche Gleichstellung aller dauerhaft in Deutschland lebenden Menschen!

 

  • Uneingeschränktes Asylrecht für alle Unterdrückten auf antifaschistischer Grundlage!
  • Schutz aller Flüchtlinge und Anerkennung ihrer Rechte in einer internationalen Konvention! Stopp der reaktionären Abschiebepolitik!
  • Vollständige Übernahme der Kosten der Flüchtlingsbetreuung durch Bund und Land!
  • Verfolgung, Verurteilung und Abschiebung faschistischer Täter und ihrer Anstifter! Verbot aller faschistischen Parteien und Organisationen sowie ihrer Propaganda!
  • Freier Zugang von Flüchtlingen zum deutschen Ausbildungs- und Arbeitsmarkt! Gemeinsamer Kampf von Arbeitern und Angestellten, Arbeitslosen, einheimischen Wohnungssuchenden und Flüchtlingen für höhere Löhne und bessere Arbeits- und Lebensbedingungen, für die 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich, bezahlbare Wohnungen und Kindergartenplätze!
  • Solidarität mit dem kurdischen und palästinensischen Befreiungskampf und allen demokratischen und revolutionären Befreiungsbewegungen auf der Welt! Unterstützt den Kampf um Demokratie, Freiheit und Sozialismus!
  • Förderung der Selbstorganisation der Flüchtlinge in jeder Stadt, in jeder Flüchtlingseinrichtung!
  • Aufklärung über das Wesen und die heutigen Veränderungen des Imperialismus, wie insbesondere die Herausbildung neuimperialistischer Länder!
  • Aufbau einer internationalen antiimperialistischen und antifaschistischen Einheitsfront!
  • Proletarier aller Länder, vereinigt euch! Proletarier und Unterdrückte aller Länder, vereinigt euch!