Rote Fahne 12/2018
Protest auf der „Deutschen liebster Urlaubsinsel“
Mallorcas Bevölkerung rebelliert – berechtigt
Anwohnerinitiativen in der Hauptstadt Palma wehren sich gegen gesundheitsschädlichen Fluglärm – alle 50 Sekunden fliegt ein Flugzeug über das Wohngebiet. Andere protestieren gegen den Bau von Luxusferienhausanlagen mitten in Kiefernwälder oder im UNESCO-Welterbe-Gebiet Tramuntana. Oder gegen Müll, Parkplatznot, Trinkwassermangel in den Bergen und steigende Mieten – in fünf Jahren um die Hälfte. Internetportale wie Airbnb und Wimdu vermieten Wohnungen teuer an Touristen. Mit Verbot und hohen Strafen von 400 000 Euro bzw. 40 000 Euro für Immobilienbesitzer steuern die Inselbehörden nun gegen.
Die mallorquinische Umweltbewegung hat in jahrelangen Kämpfen bereits Erfolge erzielt. Die 2016 eingeführte Steuer für nachhaltigen Tourismus – laut Süddeutscher Zeitung das wichtigste Projekt der 2015 neu gewählten grünen Mitte-Links-Koalition – wird 2018 noch verdoppelt. Mit bisher 108 Millionen Euro will sie 108 Projekte für nachhaltigen Tourismus und Umweltschutz unterstützen. Begrüßenswert ist die Ausweitung geschützter Landflächen, die bisher bei nur 15 Prozent liegt (zum Vergleich: in Bayern 30 Prozent). Dazu gehört auch die Erweiterung des Naturschutzgebiets Parc natural de la península de Llevant im Osten der Insel, nahe dem Fischerdorf Colonia San Pere.
Doch die Süddeutsche hat nicht unrecht: „Die Steuer soll den sozialen Frieden wahren und das Image der Balearen als Reiseziel aufpolieren.“1 Die Hauptgegner bleiben unangetastet: Die Tourismusmonopole lassen sich ihre Profite nicht entgehen und betreiben entsprechendes Greenwashing. So schreibt sich selbst der weltgrößte Reisekonzern TUI (18,5 Milliarden Euro Umsatz, 67 000 Beschäftigte) „Nachhaltigkeit“ auf die Fahnen seiner Kreuzfahrtschiffe. Mit Aida und anderen laufen 2018 – in einem neuen Rekord – 569 dieser Schiffe die Insel an (plus 5,37 Prozent zum Vorjahr; allein 200 starten und legen wieder dort an), darunter wöchentlich (!) das größte Kreuzfahrtschiff der Welt. Beim ersten Besuch empfingen es demonstrierende Anwohner Palmas. Täglich sind es bis zu acht Kreuzfahrtschiffe, die Palma stundenweise mit über 10 000 Touristen zusätzlich überschwemmen.
Was kann ein fortschrittlicher Mensch tun? Boykott? Zu Hause bleiben? Individuell lässt sich diese Frage genauso wenig lösen wie beim Thema Verkehrsmittel. Reisen, leben, produzieren in Einheit mit der Natur ist erst mit Überwindung des Kapitalismus möglich. Was nicht rechtfertigt, heute egoistisch Urlaub zu machen. Für den Kampf müssen wir unsere Kräfte stärken, auch mit Urlauben – am besten gemeinsam als Gruppe. „Völkerfreundschaft ist unser Programm“, heißt es bei People to People. Sie ermöglichen auch Reisen nach Mallorca, „die Erholung und das Kennenlernen der Menschen, ihrer Kultur, ihrer Lebens- und Arbeitsbedingungen miteinander verbinden“. Vor Ort kann man die Solidarität mit der Bevölkerung organisieren.
People to People
Reisebürohotline
Mo.–Fr.: 10–18 Uhr,
Sa. 10–14 Uhr
Tel.: 0209 1776560
Fax: 0209 1776561
Mail: reisen@people-to-people.de