Rote Fahne 02/2018
Antonio Gramsci und die Ausstrahlung der Oktoberrevolution
Die russische Oktoberrevolution hatte auch auf die Arbeiterbewegung in Italien große Ausstrahlung. Das wird deutlich am Leben eines ihrer führenden Persönlichkeiten: Antonio Gramsci
Antonio Gramsci hat noch heute unter vielen Revolutionären und in der Arbeiterbewegung ein großes Ansehen. Von Bedeutung war sein Aufenthalt in Moskau von Juni 1922 bis Dezember 1923. Begeistert schreibt er damals nach Hause: „Der tägliche Anblick, den ich in Russland von einem Volke hatte, das ein neues Leben schafft und damit neue Gewohnheiten, neue Beziehungen, eine neue Art und Weise zu denken und sich auf neue Probleme einzustellen, lässt mich heute optimistischer werden, was unser Land und seine Zukunft betrifft.“1
Vor 80 Jahren, am 27. April 1937, starb Antonio Gramsci 46-jährig an den Folgen einer zehnjährigen Haft. Nach einem Attentat im Oktober 1926 auf den italienischen Faschisten-Führer Benito Mussolini wurde Gramsci verhaftet. Im November verbot die faschistische Regierung alle Oppositionsparteien und hob die Pressefreiheit auf.
Der Prozess gegen ihn und weitere 22 Kommunisten wurde im Mai 1928 in Rom durchgeführt. Wegen konspirativer Tätigkeit, Anstiftung zum Bürgerkrieg, Verteidigung von Straftaten und weiteren Vergehen wurden sie angeklagt und verurteilt.
Die Haftzeit war physisch wie psychisch menschenunwürdig. Trotzdem begann Gramsci 1929 mit dem Verfassen von 29 Gefängnisheften, die erst später bekannt wurden. Sein ehemaliger Professor und Freund Piero Sraffa versorgte ihn mit Büchern. Der Briefwechsel mit engsten Verwandten und die Besuche, die er empfangen durfte, blieben die einzige Verbindung zur Außenwelt.
Unterdessen bildete sich in Paris ein Solidaritätskomitee, dem unter anderem die berühmten kommunistischen Intellektuellen Romain Rolland und Henri Barbusse angehörten. Sie forderten die Entlassung des Schwerkranken. 1935 wurde Gramsci in die Krankenabteilung des Gefängnisses von Civitavecchia gebracht, zwei Jahre später verstarb er.
Der Intellektuelle Antonio Gramsci verband sich als fähiger Theoretiker und Internationalist eng mit dem Kampf der Arbeiterklasse.
1920/21 war Gramsci maßgeblich an revolutionären Bewegungen der Arbeiter in Oberitalien beteiligt. So am Generalstreik im April 1920, an Fabrikbesetzungen im September 1920. Über die Erfahrungen mit den Fabrikräten verfasste er einen Bericht für das Exekutivkomitee der Kommunistischen Internationale. Erst 1921 konnte die Kommunistische Partei Italiens (KPI) in Livorno gegründet werden.
Als im Zuge einer Welle faschistischen Terrors fast die gesamte Spitze der KPI verhaftet wurde, ernannte ihn 1924 das Exekutivkomitee der Kommunistischen Internationale (EKKI) zum Generalsekretär der Partei. Offen polemisiert er in seinen Parlamentsreden gegen Mussolini und zog so dessen persönlichen Hass auf sich.
Das Ansehen von Antonio Gramsci wird heute noch von Revisionisten und Trotzkisten missbraucht, um eine rückwärtsgewandte Diskussion zu entfachten. So werden ihm heute angebliche Differenzen zu den Positionen von Lenin und Stalin unterstellt. Vertreter des Opportunismus dichteten ihm eine Nähe zu Trotzki an. Doch auf dem 4. Kongress der Kommunistischen Internationale 1922 bezog Gramsci klar Stellung gegen Trotzkis Thesen, unter anderem zum angeblichen „Zurückweichen der proletarischen Revolution in Westeuropa“.
Die Kommunistische Internationale schrieb zu seinem Tode: „Er bleibt uns in Erinnerung als einer der besten Vertreter der Generation der Bolschewiki, die in den Reihen der Kommunistischen Internationale erfüllt waren vom Geist der Lehre von Marx, Engels, Lenin und Stalin, vom Geist des Bolschewismus.“