Rote Fahne 24/2017
Bonner Klimagipfel: Kämpferische Umweltbewegung deutlich gestärkt
Zehntausende Menschen beteiligten sich an den verschiedenen Aktionen anlässlich des UN-Klimagipfels in Bonn
25.000 waren es nach Angaben der Veranstalter bei der Demonstration zu Beginn der Weltklimakonferenz am 4. November. 4500 waren bei den Aktionen des Bündnisses „Ende Gelände“ am 5. November in der Nähe des Braunkohletagebaus Hambach. Etwa 1500 kamen zu einer Kundgebung in Bonn am 11. November vormittags. Ein Höhepunkt war die von einem breiten Bündnis getragene Demonstration am Nachmittag des gleichen Tages. Unter dem Motto „Unsere Umwelt, unsere Zukunft, unser Widerstand“ demonstrierten erneut rund 2000 Menschen durch die Bonner Innenstadt – ein großer Erfolg für die kämpferische Umweltbewegung in einem entfalteten Richtungskampf.
Soll man sich weiter mit Appellen als Bittsteller an das allein herrschende internationale Finanzkapital wenden oder sich freimachen von seinen angeblichen Sachzwängen und seine Herrschaft bekämpfen? Diese Frage steht im Zentrum eines Richtungsstreits in der Umweltbewegung. Dass es am 11. November zwei Aktionen gab, war Ergebnis einer Spaltung im Vorfeld der Klimakonferenz. So wurde die Kundgebung am Vormittag von Kräften organisiert, die sich nicht mit den Herrschenden anlegen wollen und das betrügerische Pariser Klimaabkommen zur Grundlage machen. Sie betrieben massive Ausgrenzung und taten alles, um nicht gemeinsam mit Revolutionären – vor allem nicht mit der MLPD – zu demonstrieren. Doch ohne sich mit den Profitinteressen anzulegen, kann man heute die Umwelt nicht mehr retten.
Ganz anders die Demonstration am Nachmittag. Sie war stark antikapitalistisch, aber auch breit bündnisoffen, geprägt von der Jugend und vielen Arbeiterinnen und Arbeitern. So waren Kolleginnen und Kollegen aus Konzernen wie Siemens, VW und Opel, Stahl- und Bergarbeiter mit dabei. Zum Teil in ihrer Arbeitskluft.
Die Viefalt prägte überhaupt diese Demo, zu der 22 Organisationen, Parteien, Initiativen und Gruppen aufgerufen hatten. Weitere stießen am 11. November dazu. So eine Solidaritätsgruppe gegen das wahnwitzige Staudammprojekt Ilisu in Türkei-Kurdistan. Fahnen des MC Kuhle Wampe waren ebenso zu sehen wie Transparente von Anti-AKW-Initiativen gegen die Schrottmeiler in Tihange und Doel sowie kommunale Initiativen.
Als „Gastgeberin“ begrüßte die Bonner Jugendbewegung die Demonstranten. Automobilarbeiter attackierten den kriminellen Abgasbetrug und prangerten die Verschmelzung von Staat und Monopolen im sogenannten Autokartell an. Es folgten Landwirte der ökologischen Plattform des Internationalistischen Bündnisses. Redebeiträge wechselten sich mit Kultur ab, unter anderem von der Kölner Band Gehörwäsche, von Freshgame und von Kommando Umsturz. Max von der Antikapitalistischen Aktion Bonn rief auf, die Kämpfe künftig gemeinsam zu führen, „damit wir sie gewinnen können“. Revolutionäre Lösungen gegen die weltweite Diktatur der Monopole brachte auch die ICOR Europa in einem Grußwort ein. Der Jugendverband REBELL prangerte unter anderem den Antikommunismus als eine der Ursachen der Spaltung der Demo an. Gernot Wolfer vom Vorstand der Umweltgewerkschaft mahnte: „Unser Widerstand ist dringend nötig. Die 23. UN-Klimakonferenz und das Pariser Klimaabkommen senden dagegen die Botschaft: Weiter so! Aber das würde die Menschheit nicht überleben.“ Die Koordinierungsgruppe der bundesweiten Montagsdemo stellte den Zusammenhang zwischen dem Kampf gegen die Umweltzerstörung und die wachsende Armut her.
Bei der anschließenden Demonstration reihten sich immer wieder Bonner – vor allem Jugendliche – ein. Auch Karnevalisten, die ihren Sessionsauftakt feierten, marschierten zeitweise mit. Bei einem Zwischenstopp sprach Gabi Fechtner, die Vorsitzende der MLPD. Sie betonte, dass die revolutionäre Ausrichtung auf den Kampf um den echten Sozialismus unbedingt Bestandteil der kämpferischen Umweltbewegung sein muss. Denn im Rahmen des Kapitalismus kann die Umweltfrage nicht gelöst werden. Auf der Abschlusskundgebung sprachen unter anderem Vertreter der Tierschutzpartei und Hannes Stockert, umweltpolitischer Sprecher der MLPD.
Der Tag stand auch im Zeichen des international gemeinsam zu führenden Kampfs. So beteiligten sich Umweltaktivisten aus Marokko und aus Peru und konnten zu den Demonstranten sprechen. Grüße kamen von der Anti-AKW-Bewegung in Japan.
Kopfschütteln gab es allenthalben über die Spaltung in zwei Demos. „So was darf sich nicht wiederholen“, das war auch der Wunsch vieler Teilnehmer der Vormittagsdemo, die es mit dem Einsatz für die Rettung der Umwelt genauso ernst meinten und teilweise erst vor Ort von der Demonstration am Nachmittag erfuhren. Umso wichtiger, dass sich die Umweltbewegung nicht von selbsternannten kleinbürgerlichen Führern zensieren lässt. Teile der Umweltbewegung haben an diesem Tag einen wichtigen Schritt nach vorne gemacht, sich freizumachen von Opportunismus, Zensur und Unterordnung unter die herrschenden Verhältnisse.