Rote Fahne 22/2017
Wohin die Verteidigung des neuimperialistischen Landes Russland die DKP führt ...
Über den Umgang mit den verschiedenen imperialistischen Ländern auf der Welt ist in der Friedensbewegung ein heftiger Streit entbrannt
Der Vorsitzende der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP), Patrik Köbele, äußerte sich zu diesem Streit auf einer theoretischen Konferenz Ende September 2017. Dort kritisiert er zu Recht die Umzingelung von Russland und China durch die USA, die NATO und die EU. Gleichzeitig kommt er zu dem Schluss: „Diese stellt die Hauptkriegsgefahr dar und daraus ergibt sich, dass die dem entgegensteuernde Politik Russlands eine momentane Interessensidentität mit den Interessen der Friedenskräfte hat.“1
Dass die USA der Hauptkriegstreiber der Welt sind, wird – namentlich nach der Inthronisierung von US-Präsident Donald Trump – wieder offensichtlicher. Daraus aber eine auch nur momentane Interessenidentität mit der nicht minder imperialistischen Politik von Russland und China zu schlussfolgern, ist brandgefährlich – denn beide Länder betreiben keine Friedenspolitik. Mit ihrer imperialistischen Politik verschärfen sie gleichfalls den Kampf um die Neuaufteilung der Welt – und damit die Kriegsgefahr. Was anderes ist es, wenn der chinesische Partei- und Staatschef Xi Jinping Mitte Oktober fordert, „China müsse spätestens 2050 in der Lage sein, die Welt politisch, wirtschaftlich und in Umweltfragen anzuführen? Dazu müsse auch Chinas Militär ‚Weltklasse‘ werden.“2
Die MLPD hat sich – nicht nur in ihrem Wahlkampf – bewusst gegen jede imperialistische Politik gewandt. Sie hat die Annektion der Krim als imperialistisch charakterisiert, ebenso wie den Ausbau chinesischer Militärstützpunkte in Afrika. Dieser prinzipielle antiimperialistische Standpunkt wird von Köbele scharf attackiert, als „moralisierend, anstatt materialistisch“ – und antileninistisch. Die MLPD sei sogar „ein zentraler Träger dieser antileninistischen Politik“.1
Lenin würde sich für eine solche Fürsprache bedanken. Er war entschiedenster Gegner jedes Imperialismus. Von einer Interessenidentität zwischen dem Friedenskampf und imperialistischen Mächten hat er nie gesprochen. Menschen wie Köbele schrieb er ins Stammbuch: „Natürlich ist der Kampf für den Sturz des Imperialismus schwierig, doch die Massen müssen die Wahrheit über den schwierigen, aber notwendigen Kampf kennen. Die Massen dürfen nicht durch die Hoffnung auf einen Frieden ohne Beseitigung des Imperialismus eingelullt werden.“3
Mit seiner Burgfriedenspolitik stößt Köbele auch unter internationalen Bündnispartnern auf Widerspruch. Das macht auch ein Interview deutlich, das die Rote Fahne mit Wiktor Tjulkin führte. Tjulkin ist erster Sekretär des Zentralkomitees der Russischen Kommunistischen Arbeiterpartei (RKRP). Die RKRP unterzeichnete noch 2009 mit der DKP eine Erklärung anlässlich des 60. Jahrestags der NATO. „Der russische Imperialismus ist volksfeindlich, aggressiv, hinterlistig“, führt Tjulkin aus, und weiter: „Der russische Imperialismus ist noch jung, aber schon voll entwickelt und mit großem Appetit. Auf der Weltbühne ist er bereits in Konkurrenz zu den deutlich stärkeren und erfahreneren Rivalen USA und EU getreten.“4
Patrik Köbele fährt mit seiner Analyse einen sozialchauvinistischen Kurs. Dabei spielt es eine untergeordnete Rolle, ob er den „eigenen“ deutschen Imperialismus unterstützt oder den eines anderen Landes.