Rote Fahne 20/2017

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Nachtarbeitsverbot für Schwangere aufgeweicht

Der Bundestag hat eine Neufassung des Mutterschutzrechtes beschlossen, die am 1. Januar 2018 in Kraft tritt

Von (nek)
Nachtarbeitsverbot für Schwangere aufgeweicht
Schwangere brauchen Schutz - nicht weniger Rechte!

Das bisherige Mutterschutzrecht stammt – mit kleineren Veränderungen – aus dem Jahr 1952. Damals spielte die Berufstätigkeit von Frauen noch eine untergeordnetere Rolle. Die Neufassung bezieht sich auf die Rechte schwangerer Frauen am Arbeitsplatz. Skandalös ist es, dass viele Betriebe den Frauen diesen arbeitsrechtlichen Schutz bisher verwehren. Die Neufassung des Gesetzes ist auch auf die Initiativen aus der Gewerkschaft ver.di zurückzuführen. Künftig gelten Mutterschutzrechte am Arbeitsplatz auch für 

 

*  Frauen, die durch die Auslagerung mit Werkverträgen in die „Selbständigkeit“ gezwungen werden

* Studentinnen, die ihr Studium mit Jobs finanzieren müssen oder auch Schülerinnen in sogenannten abhängigen Beschäftigungsverhältnissen

* Frauen, die ein Praktikum leisten

* Frauen, die verbeamtet sind oder Geschäftsführerinnen

 

Schwangere können sich künftig während des Mutterschutzes von Prüfungen und Praktika befreien lassen. Die gesetzliche Schutzfrist für Mütter eines behinderten Kindes erhöht sich von acht auf zwölf Wochen. Frauen mit einer Fehlgeburt nach der zwölften Schwangerschaftswoche erhalten einen viermonatigen Kündigungsschutz.

 

Mit der Reform ist aber auch ein Abbau der Rechte von Schwangeren am Arbeitsplatz verbunden. Das steht unter der verschleiernden Devise „Keine Arbeitsverbote gegen den Willen der Frau“. Das Gesetz sieht vor, das bisherige Arbeitsverbot für bestimmte Tätigkeiten durch die Umgestaltung des Arbeitsplatzes zu ersetzen, wenn die Schwangere das möchte. Das setzt zum Beispiel die Beschäftigten in Krankenhäusern oder Altenheimen heftig unter Druck. Die Kolleginnen müssen schwere Arbeiten der schwangeren Kollegin mitübernehmen und können nicht mit einer Schwangerschaftsvertretung rechnen. Oder die schwangere Kollegin verzichtet mit schlechtem Gewissen auf ihre Mutterschutzrechte.

 

Auch die Aufweichung des bisherigen Verbots von Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit richtet sich gegen die vielen in der Kranken- und Altenpflege, im Einzelhandel, im Gastronomie- und Tourismusgewerbe beschäftigten Frauen. Das Verbot soll einer „freiwilligen Vereinbarung mit dem Arbeitgeber“ weichen. Grundlage für diese „Vereinbarung“ sollen nach dem Willen des Gesetzgebers ein gynäkologisches Gutachten und eine behördliche Zustimmung sein. Es wird ein Ausschuss für Mutterschutz eingerichtet, der den Rahmen absteckt für mögliche „unverantwortbare Gefährdung“ (Bundesfamilienministerium) Schwangerer. Das gynäkologische Gutachten muss sich daran orientieren.

 

In der Praxis ist also damit zu rechnen, dass der Betrieb grundsätzlich von der Arbeit Schwangerer an Sonn- und Feiertagen sowie abends bis 22 Uhr ausgeht. Das setzt diese entsprechend unter Druck.

 

Die Arbeiterklasse muss sich schützend vor die werdenden Mütter stellen, um ihrer Vereinzelung entgegenzuwirken.