Rote Fahne 20/2017

Rote Fahne 20/2017

Maulkorb für Studierende

Wenn es nach den bürgerlichen Parteien ginge, wäre jede freie politische Diskussion an den Universitäten verboten

Von (cj)
Maulkorb für Studierende
Foto: stevepb / pixabay

Gewählte Studentenvertreter müssen mit Prozessen rechnen, wenn sie sich zu Drohungen des US-Präsidenten Donald Trump mit einem Atomschlag positionieren oder zu sexistischen Übergriffen. Geht es nach den Herrschenden, sollen sich Studenten auf ihr Fachstudium konzentrieren – und nicht über den Tellerrand ihres Fachgebiets hinausdenken. Scheinheilig wird dies begründet mit einer „Trennung von Wissenschaft und Politik“. Aber  – wie absurd ist es denn, nicht fragen zu dürfen: Wem nützt diese Wissenschaft? Wozu will ich meine Fähigkeiten, mein Wissen in der Zukunft einsetzen?

 

Das Recht, sich zu allgemeinpolitischen Themen zu äußern, wurde den Studierendenvertretungen nach 1968 aberkannt. Ihre Interessensvertretung wurde mit Hochschulrahmengesetzen auf rein hochschulpolitische Fragen eingeschränkt. Engagieren dürfen sie sich zu Semestertickets, vielleicht noch zu Problemen von Studenten auf dem Wohnungsmarkt. In  der Praxis wird dieses enge Korsett häufig durchbrochen. Bis heute gibt es dazu kein Grundsatzurteil. Vertreter faschistischer und reaktionärer Hochschulgruppen erheben deshalb immer wieder Klagen gegen linke Studierendenvertretungen vor Gericht.

 

Umso empörender ist das Vorgehen der baden-württembergischen Landesregierung, jedes politische Mandat aus dem Hochschulrahmengesetz zu streichen. Wie bei der Einführung der Studiengebühren für ausländische Studentinnen und Studenten aus Nicht-EU-Ländern, ist die grüne Wissenschaftsministerin Theresia Bauer Vorreiter.

 

Nicht nur über das Hochschulrahmengesetz, sondern auch über restriktive Hausrechte üben Universitätsleitungen politische Zensur aus. In Ausführungen der Kölner Universität von 2012 wird Parteipolitik in einer Reihe mit strafbaren Inhalten genannt:  „Plakate, Anschläge und sonstige Informationen mit parteipolitischer Werbung sowie mit sittenwidrigen, strafbaren, verfassungsfeindlichen oder in anderer Form gegen Rechtsvorschriften verstoßenden Inhalten sind verboten.“ An anderen Orten braucht jeder Aushang eine Genehmigung. In Göttingen werden vier Wochen vor Wahlen keine Räume mehr für politische Veranstaltungen freigegeben.

 

Studierende haben ein Recht und die Pflicht, sich mit Fragen ihrer Zukunft aus­einandersetzen. Die Lösung der drängenden Zukunftsfragen fordert soziales und politisches Engagement sowie eine selbständige Orientierung an den Interessen der Unterdrückten der Welt. Dazu brauchen wir eine freie gesellschaftliche Debatte auf antifaschistischer Grundlage und kämpfen für eine fortschrittliche, internatio­nalistische, antifaschistische und revolutionäre Alternative. Jugend braucht Zukunft! Die Forderung nach dem allgemeinpolitischen Mandat für gewählte Schüler- und Studierendenvertreter ist brandaktuell.

 

Rebellion ist gerechtfertigt! Für freie politische Betätigung an Schulen und Hochschulen auf antifaschistischer Grundlage!