Rote Fahne 18/2017
Schluss mit „Weiter so“! – diesmal radikal links
Vom Obermarkt in Gelnhausen zur Festwiese der Landesgartenschau in Apolda – Angela Merkel hat ihre Wahlkampftour begonnen.
Sie möchte vor allem das Gefühl vermitteln, dass die Menschen mit ihr als Kanzlerin noch so einigermaßen glimpflich durch krisenhafte Zeiten kommen. Ihre Kernaussage: „Weiter so“. Schluss mit „Weiter so“ – diesmal radikal links! Dafür tritt die Internationalistische Liste/MLPD an. Standpunkte und Wahlkämpfe, wie sie gegensätzlicher nicht sein könnten.
Es ist wahr: Wir hausen nicht in Trümmern wie in Aleppo oder Mossul. Die meisten Kinder in Deutschland hungern nicht – wie im Jemen oder Südsudan. Aber sollen wir uns damit schon zufriedengeben? Mit einem System, wo selbst in einem reichen Land wie Deutschland Wohnungsnot und Altersarmut zunehmen? Wo viele junge Arbeiterinnen und Arbeiter heute weniger Reallohn bekommen als ihre Elterngeneration, wo Bildung wieder eine Frage des Geldbeutels wird. Mit einem System, das um des Maximalprofits willen sehenden Auges in die globale Umweltkatastrophe treibt? Mit einem System, wo die Rivalität um die Beherrschung der Welt einen Atomkrieg heraufbeschwört?
Und trotzdem konnte sich Angela Merkel in den letzten Wochen relativ stabilisieren. Derzeit deutet vieles auf ihre Wiederwahl hin. Bis zu 76 Prozent der Bundesbürger halten – nach einer Forsa-Umfrage – die Wahl für entschieden.1 Die Ursachen liegen in der ausgefeilten Merkel-Methode, oder – wie die MLPD es wissenschaftlich nennt: dem System der kleinbürgerlichen Denkweise als Regierungsmethode.
Der Merkel-Mythos
Die bürgerlichen Medien erwecken den Eindruck, dass Angela Merkel „mit jedem kann“, dass es ihr gar gelingt, Leute wie Trump und Putin zu „domptieren“. Sie pflegt ihren Ruf, auf der Seite der Flüchtlinge zu stehen – obwohl ihre reale Politik inzwischen nur noch von Abschotten und Abschieben geprägt ist. Die Presse assistiert und berichtet breit, dass eine Flüchtlingsfamilie ihre Tochter „Angela Merkel“ genannt hat. Merkel hält sich bei brisanten Problemen raus. Während der Diesel-Gipfel die Fortsetzung der Luftverschmutzung beschloss, genoss Merkel die Bergluft in Südtirol. Statt sich groß zu den kriminellen Machenschaften des Autokartells und ihrer eigenen Verwicklung zu äußern, eröffnet sie lieber die Computerspiele-Messe „Gamescom“ oder macht launige Fragestunden mit Youtubern. Kurz, sie ist scheinbar „Everybodys Darling“ oder „Mutti“, und sie wird auch eifrig so inszeniert.
Wie wäre es denn mit einer kritischen Presse zur Außenpolitik: Die Bundesregierung begrüßt es, dass Trump den Krieg in Afghanistan ausweitet: „Auf dem Weg zur Stabilisierung des Landes ist unser Einsatz weiterhin notwendig“.2 Knapp 1000 Bundeswehrsoldaten sind noch in Afghanistan, aber gleichzeitig wird das Land zum sicheren Herkunftsland erklärt – und Flüchtlinge abgeschoben.
Jenseits des Mythos sieht die Realität so aus: Die Regierung Merkel arbeitet in allen wesentlichen Fragen gegen die Zukunftsinteressen der Bevölkerung: Sie war und ist einer der Hauptgegner strengerer Grenzwerte, betätigt sich seit Jahren als Interessenvertreterin der deutschen Autokonzerne und deckt die kriminelle Vereinigung der Autoindustrie in peinlicher Weise. Sie bremst die Umstellung auf erneuerbare Energie und treibt den CO2-Ausstoß nach oben. Und sie zündelt mit der Bundeswehr und Waffenexporten in den Krisenregionen.
Die Herrschenden streben offensichtlich eine CDU-Regierung an. Entsprechend stellen viele Medien SPD-Kandidat Martin Schulz schon als Verlierer dar. Sein Fehler: Er stellte kosmetische Korrekturen an der Agenda 2010 und den Hartz-Gesetzen in Aussicht. Ein No-Go für die Monopolverbände, die seitdem jede Unterstützung vermissen lassen und eifrig an der Wiederbelebung der FDP tüfteln. Entsprechend defensiv richtet die SPD ihre Wahlkämpfer aus: „Man soll nicht viel diskutieren beim Tür-zu-Tür-Wahlkampf. Schon gar nicht soll man versuchen, die Leute zu überzeugen. Macht nur schlechte Stimmung und kostet viel Zeit.“3 Auch die CDU hat die Haustür für sich entdeckt. Ihre Wahlkämpfer erkennt man an dem T-Shirt mit der Aufschrift „Voll muttiviert“.4
Das Auf- und Ab der bürgerlichen Parteien ist mehr denn je mediengemacht. Die MLPD setzt dagegen auf eine regelmäßige und systematische Kleinarbeit. Viele Wohngebietsgruppen der MLPD machen das ganze Jahr über Hausbesuche – nicht nur vor den Wahlen. Mancher unterschätzt die MLPD, weil vor allem das wichtige Fernsehen sie weiter boykottiert. Weil sie bisher zwar kontinuierlich, aber auch nur langsam wächst. Das steht im Widerspruch zu Parteien wie den „Piraten“, die kurzzeitig von den Medien gepusht werden, dann aber schneller verglühen als eine Sternschnuppe. Die MLPD, jetzt im Internationalistischen Bündnis, geht ihren Weg geduldig und im Vertrauen auf die eigene Kraft. Sie hat in den letzten Jahren erheblich an politischem Einfluss, an Bündnispartnern und Bandbreite ihrer Themen gewonnen. Sie hat in allen Fragen Rückgrat bewiesen und geholfen, sich zu orientieren. Deshalb ist die Stimme für die Internationalistische Liste/MLPD die richtige Konsequenz.
Rechtsruck aller Berliner Parteien
Martin Schulz behauptet, „niemand weiß, wofür Merkel steht“. Dabei müsste er es doch am besten wissen: Seine Partei sitzt – mit Unterbrechung – seit 2005 mit Kanzlerin Merkel am Kabinettstisch. Die Große Koalition steht für eine Politik, die die Interessen des international allein herrschenden Finanzkapitals umsetzt, die dem deutschen Imperialismus zur Vorherrschaft in der EU verhilft, die mit Gesetzen die Ausbeutung verschärft hat und die, wie alle Berliner Parteien, nach rechts gerückt ist. Alle fordern im Wahlkampf mehr Polizei, auch die Linkspartei, z. B. im Saarländer Landtag.5 Sie erwecken den Eindruck, die Probleme der Welt inklusive des faschistischen Terrorismus unterschiedlichster Couleur ließen sich mit ein paar Tausend mehr deutschen Polizisten von Deutschland fernhalten oder gar lösen. Bei genauerem Nachdenkens völlig weltfremd und reine Zweckpropaganda.
Inzwischen fordert auch die SPD mehr Videoüberwachung, engere Zusammenarbeit von Polizei und Geheimdiensten. Wofür? Damit noch mehr Erdogan-Kritiker in Spanien festgenommen werden, wie Mitte August Dogan Akhanli? Die Internationalistische Liste/MLPD kämpft dagegen konsequent für den Erhalt und die Erweiterung der demokratischen Rechte. In einer Veranstaltungsreihe „Im Namen des ,Kampfs gegen den Terror‘“ greift das Internationalistische Bündnis die antikommunistische Unterdrückung von Revolutionären, die Bespitzelung und Überwachung, die Abschiebungen und Förderung faschistischer Organisationen an. Und auch verschärfte Repression und Mobbing gegen kämpferische Arbeiterinnen und Arbeiter in den Betrieben. Ein Grund mehr, die Internationalistische Liste/MLPD zu wählen.
Eine konsequente Alternative
Mit leeren Floskeln wie „Zeit für mehr Gerechtigkeit“ (SPD), „Denken wir neu“ (FDP) oder „Zukunft wird aus Mut gemacht“ (Grüne) täuschen die bürgerlichen Parteien darüber hinweg, dass sie einen zunehmend reaktionären Kurs verfolgen.
Der proletarische Parlamentarismus der Internationalistischen Liste/MLPD hebt sich in Inhalt, Form, Methode und seinen Persönlichkeiten grundsätzlich davon ab. Hier kandidieren Streikführer/innen, Milchbauern, Umweltschützer, Revolutionäre aus zahlreichen Ländern, Frauen und Jugendliche. Einer davon ist Stefan Engel, der seit bald 50 Jahren selbstlos für die Interessen der Arbeiterklasse aktiv ist. Von ihm hört man keine hohlen Phrasen. Er schreibt in der Vorbereitungszeit des Wahlkampfs eine Broschüre über die Entwicklung des imperialistischen Weltsystems. Damit trägt er zur Klarheit und Bewusstseinsbildung bei. Die Parteivorsitzende Gabi Fechtner war zwölf Jahre im Stadtrat in Solingen, hat gegen alle Anfeindungen des Antikommunismus eine unbestechliche Politik gemacht und jeden Cent der Mandatsgelder gespendet. Von wegen „wenn ihr mal oben seid, macht ihr es auch nicht anders …“!
Die Internationalistische Liste/MLPD geht von den Interessen der Masse der Bevölkerung aus, setzt auf sie und bezieht sie ein. Interesse und Zuspruch unter den Jugend ist besonders groß. Wo Jugendliche offensiv angesprochen werden, stellen sie oft 40 bis 50 Prozent der Aktivisten beim Aufhängen der Plakate. Es gibt eine Jugendplattform. Bundesweit mehr als ein halbes Dutzend Jugendorganisationen und viele Jugendliche arbeiten mit. Ehrenamtliche Wahlhelfer haben rund 170 000 Plakate aufgehängt; 110 Direktkandidatinnen und -kandidaten stehen im Wahlkampf. 25 394 Menschen haben mit ihrer Unterschrift deren Kandidatur ermöglicht. Weitere 15 Einzelkandidatinnen und -kandidaten wollen das Internationalistische Bündnis unterstützen. Für die Wahlzulassung der 16 Landeslisten wurden 33 384 Unterschriften gesammelt. Hunderttausende Wahlprogramme werden übergeben, im ganzen Land gibt es Kundgebungen, Aktionsstände und Veranstaltungen. Ein wichtiger Beitrag für die Bewusstseinsbildung, um die es der MLPD in diesem Wahlkampf geht. Bisher über 60 Wählerinitiativen organisieren den Wahlkampf. Das ist ein Wahlkampf, der für Klarheit, Zusammenhalt und Aktivität unter den Massen sorgt, statt sie, wie der bürgerliche Wahlkampf, zu verdummen, zu betrügen und zum Stimmvieh zu degradieren.
Antikommunismus
Eine YouGov-Umfrage vom Juli 2017 deckte auf, dass nur 16 Prozent der Menschen in Deutschland eine positive Einstellung zum Kapitalismus haben.
Dementsprechend positiv überrascht und interessiert durch die aussagekräftigen, polarisierenden und sich von allen anderen Parteien abhebenden Plakate der Internationalistischen Liste/MLPD, melden sich zunehmend Leute. Viele wundern sich, dass sie vorher noch nie etwas von der MLPD gehört haben. Das hat einen Grund! Die bürgerlichen Medien verhängen gegen den Wahlkampf der Internationalistische Liste/MLPD eine weitgehende Zensur. In vielen Städten gilt die sogenannte „abgestufte Chancengleichheit“ (sprich: die großen Parteien dürfen mehr Plakate aufhängen als die kleineren). Vielfach werden Kandidatinnen und Kandidaten der Internationalistischen Liste/MLPD nicht zu Podiumsdiskussionen eingeladen, mit der Begründung, sie hätten keine Chance, in den Bundestag zu kommen. Nach dieser absurden Logik dürften die reichsten Spitzenteams der Bundesliga öfter trainieren als die kleineren Vereine. Der grüne Bundestagsabgeordnete Volker Beck will gar die Rechtmäßigkeit der Internationalistischen Liste/MLPD überprüfen lassen, weil auch palästinensische Freiheitskämpfer/innen mit- arbeiten und kandidieren.
All das hat nichts mit Demokratie und Meinungsfreiheit zu tun, sondern mit der Staatsreligion des Antikommunismus. Die „heilige Hetzjagd“ gegen den Kommunismus hat in Deutschland Tradition. Gewerkschafter bekommen Abmahnungen, wenn sie sich radikal links positionieren, und müssen den Ausschluss aus der IG Metall fürchten, wenn sie bei der MLPD mitmachen. Der Antikommunismus will verhindern, dass sich die Menschen ein unvoreingenommenes Bild vom echten Sozialismus machen. Dem dient vor allem die sachfremde Stalin- und Mao-Hetze. Die MLPD diskutiert gerne und kritisch über die sozialistische Vergangenheit und Erfolge wie Fehler von Stalin oder Mao Zedong. Immerhin soll kein Fehler wiederholt werden. Aber sie weist darauf hin, dass die unsachliche Hetze in der Regel von argumentationsarmen Antikommunisten ausgeht. Sie versuchen, sich so um eine Diskussion über die Inhalte der aktuellen politischen und revolutionären Positionen herumzudrücken. Die Hetze geht von Leuten aus, die nicht die Befreiung der Menschheit von Ausbeutung und Unterdrückung wollen, sondern den Kapitalismus am Leben erhalten. Erfreulicherweise wächst die Zahl der Menschen, die mit dieser Hetze fertigwerden und Kontakt und kritische Auseinandersetzung mit den Kommunisten suchen und mit ihnen zusammenarbeiten.
Sich verändern, damit sich was ändert
Die größte Wahlkampfillusion ist die, es ginge mit Merkel 2017 irgendwie so weiter wie bisher. Das schwant vielen – so sind fünf Wochen vor der Wahl noch 46 Prozent der Wähler unentschlossen. Die Krisenhaftigkeit des imperialistischen Weltsystems und der begonnene Umschlag in die globale Umweltkatastrophe machen an der deutschen Außengrenze nicht halt. Egal, wie viele Grenzschützer Merkel, AfD und Co. dort platzieren. Manche resignieren auch und winken beim Wort Politik nur ab. Aber davon wird nichts besser. „Keine Zeit“, sagen andere. Aber wenn sich nur die Müßiggänger engagieren, die von der Arbeit anderer Leute leben, was passiert dann mit der Welt? Wir alle haben eine Verantwortung für die kommenden Generationen. Jede und jeder kann einen Beitrag leisten, damit sich grundsätzlich was ändert!
Eine Rebellin aus Duisburg berichtet vom Aufhängen der Wahlplakate: „Das beste Plakat war: ,Mach mit, damit sich wirklich etwas ändert‘. Wir müssen noch mehr Jugendliche für das Mitmachen gewinnen.“ Die Internationalistische Liste/MLPD will überzeugen, aktiv zu werden, um den Rechtsruck zu stoppen, die Umweltverbrecher in den Konzernen und ihre Helfer in der Politik hinter Schloss und Riegel zu bringen, das Recht auf Flucht und Asyl durchzusetzen und einen III. Weltkrieg zu verhindern! Das sind Ziele, für die sich zu kämpfen lohnt! Das geht nur, wenn sich massenhaft Leute zusammenfinden, sich organisieren und sich dabei auch selbst verändern. Der weitere Aufbau des Internationalistischen Bündnisses ist ein Zukunftsschritt! Hier haben sich bisher 16 antifaschistische, klassenkämpferische, internationalistische und revolutionäre Organisationen und Tausende Einzelpersonen zusammengeschlossen. Gemeinsam werden Veranstaltungen organisiert, wie die bundesweite Auftaktkundgebung am 26. August. Wir hängen gemeinsam Plakate auf, diskutieren, sammeln Spenden und feiern. Das ist eine Kampfansage an Mutti und ihre Regierung. Die grundsätzliche Lösung der Menschheitsprobleme ist nur durch Überwindung des Imperialismus möglich – die MLPD kämpft deshalb für die internationale sozialistische Revolution.
Der Aufbau des Internationalistischen Bündnisses wird auch nach dem Wahltag weitergehen – eine Bewegung mit Perspektive. Jede Stimme am 24. September für die Internationalistische Liste/MLPD stärkt diese Richtung!