Rote Fahne 11/2017
Bundeskongress des Jugendverbands „solid“ positioniert sich antikommunistisch
Der Jugendverband „solid“ führte im April seinen Bundeskongress durch. Negativ hervor sticht der dort verabschiedete Antrag 38 mit dem Titel: „Nein, nein, das ist nicht der Kommunismus – Gegen Stalin, Mao und autoritäre Sozialismusvorstellungen“
Besorgt stellt der Antragsteller „Landesarbeitskreis [‚sisyphos]“ aus Thüringen fest, dass es eine „Renaissance autoritärer Sozialismusvorstellungen“ in der Jugendbewegung gibt. Als Vertreter des „Maoismus“ und „Stalinismus“ werden dann die Gruppen „Revolutionärer Aufbruch“ und „Jugendwiderstand“ genannt. Gerade aufgrund der heftigen Auseinandersetzung zwischen dem REBELL und Thüringer „Antideutschen“ rund um die Antifa-Demo in Hildburghausen darf der REBELL sich hier durchaus angesprochen fühlen. Der solid-Kongress folgte dem Antrag und beschloss: „Die Linksjugend [‚solid] beschließt eine generelle Unvereinbarkeit mit stalinistischer und maoistischer Ideologie und bekräftigt ihren Abstand zu autoritären Sozialismusvorstellungen …“
In der autonomen Jugendbewegung hat sich in den letzten Jahren eine Krise entwickelt, die auch zunehmend solid erfasst. Ein Teil der autonomen Antifa wendet sich als positive Schlussfolgerung dem Marxismus-Leninismus zu, den Stalin und Mao weiterentwickelten. Als Revolutionär gilt es, diesen Prozess zu fördern! Solid sieht das anscheinend anders. Mit dem Antrag soll die wachsende Kritik am reformistischen Kurs der Linkspartei und antiautoritären Zersetzungserscheinungen innerhalb von solid aufgehalten werden.
Maos Idee der Kulturrevolution hatte zum Ziel, eine negative Entwicklung, wie sie in der Sowjetunion und der DDR durch die Zerstörung des Sozialismus und die Wiederherstellung des Kapitalismus erfolgt war, zu verhindern. Millionen von vor allem jugendlichen Rotgardisten unterstützten Maos Kampf gegen die „Machthaber, die den kapitalistischen Weg gehen“. Das war verbunden mit einer gewaltigen Verbreiterung von Bildung und Kultur, ebenso mit einer sprunghaften Steigerung von Produktivität in Industrie und Landwirtschaft. Solche breiten demokratischen und revolutionären Massenaktionen waren für bürokratische Machthaber wie Breschnew und Honecker natürlich Frevel – ebenso wie heute für die Herrschenden in Deutschland. Sie haben den nach Maos Tod restaurierten Kapitalismus in China als größten Handelspartner hofiert und die offizielle Verdammung der Kulturrevolution dort heiß begrüßt und selbst wiederholt. In dieses Horn ätzt jetzt auch solid: „In der linkspolitischen Landschaft der Bundesrepublik erblickte vergangenen Jahres ein totgeglaubter Politzombie das Tageslicht: der Maoismus.“
Der Antrag distanziert sich explizit von revolutionärer Gewalt. Er verdammt, dass „Die Sowjetunion … sich zu einer Diktatur“ entwickelte und stellt dieser die Marx’sche Definition des Kommunismus gegenüber. Sie vergessen dabei, dass Marx selbst den Zusammenhang der Diktatur des Proletariats und des Kommunismus herausarbeitete. In einem Brief vom 5. März 1852 schrieb Marx: „Was ich neu tat, war 1. nachzuweisen, daß die Existenz der Klassen bloß an bestimmte historische Entwicklungsphasen der Produktion gebunden ist; 2. daß der Klassenkampf notwendig zur Diktatur des Proletariats führt; 3. daß diese Diktatur selbst nur den Übergang zur Aufhebung aller Klassen und zu einer klassenlosen Gesellschaft bildet.“1 Die Antragsteller „gruselt“ die Vorstellung einer “Schlacht zwischen Bourgeoisie und Proletariat“ und einer „bewaffneten Masse“. Ebenso stören sie sich an „kompromissloser Härte“. Was denken denn die Herren Sisyphos, wie die autoritäre Alleinherrschaft der Monopole ohne eine sozialistische Autorität zu brechen ist? Etwa über eine Koalition mit der SPD? Man sieht es an der Oktoberrevolution, den antiimperialistischen Befreiungskämpfen in Afrika und Asien oder der Revolution in Rojava, dass revolutionäre Aufstände durch die Massen ein höchst fortschrittliches Moment der Geschichte sind.
Hier offenbart sich ein Grundproblem von solid. Sicher stehen viele von ihnen links ihrer Mutterpartei. Doch solid ist kein revolutionärer Jugendverband. Deshalb droht er mitsamt der Linkspartei im bürgerlichen Parteien-Einerlei unterzugehen. Der Opportunismus der Schreiberlinge artet zur Peinlichkeit aus, wenn sich im Weiteren darüber beschwert wird, dass Jugendliche während der Kulturrevolution Schule und Uni schwänzten! Ja, wo kommen wir denn da hin! Antideutsch, aber doch ein wenig preußisch. Naja.
Verräterisch ist, wenn sie die Kuomintang, die damals einen Vernichtungsfeldzug gegen die chinesischen Kommunisten unternahmen, als „rechte Antikommunisten“ bezeichnen. Demnach gibt es auch linke Antikommunisten? Wenn ja, dann sitzen sie in der solid Thüringen. Der LAK Sisyphos gründete sich übrigens als „Reaktion auf antiimperialistische Unzumutbarkeiten im (eigenen) Jugendverband“. In „antideutscher“ Manier wird Antiimperialismus als Antisemitismus diffamiert, besonders, wenn mit vollem Recht solid-Mitglieder die Freiheit Palästinas fordern. Warum gingen die Delegierten des solid-Kongresses diesen Jüngern auf den Leim? Der Antrag propagiert die „Ideale des Pluralismus und von individueller Freiheit und Selbstbestimmung“. Vom ebenfalls beschworenen „marx’schen Humanismus“ bleibt dabei allerdings nicht viel übrig. Wenig pluralistisch wird ein Unvereinbarkeitsbeschluss verordnet, der marxistisch-leninistisches Gedankengut von der Jugendbewegung fernhalten soll. Das allerdings wird wahrlich eine Sisyphos-Arbeit 2.