Oktoberrevolution

Oktoberrevolution

Das Jahrhundert-Ereignis: Die Oktoberrevolution 1917 verändert die Welt

Am 6. November 1917 – nach dem alten russischen Kalender war es der 25. Oktober – hasten Boten durch Petrograd, die Hauptstadt des russischen Reiches. Die Oktoberrevolution beginnt.

Von Anna Bartholomé/rh/of
Das Jahrhundert-Ereignis: Die Oktoberrevolution 1917 verändert die Welt
Lenin während der Oktoberrevolution

Okotoberrevolution 1917: Sie verbreiten eine Extra-Ausgabe der „Rabotschi Put“, der Zeitung der bolschewistischen Partei, nageln sie an Türen öffentlicher Gebäude, an die Bretterzäune der Arbeiterviertel. Es ist der Aufruf zum bewaffneten Aufstand. Die Führung der revolutionären Partei mit Lenin an der Spitze hat ihn mehrheitlich beschlossen – verschiedenen Bedenkenträgern zum Trotz. Und Tausende von Soldaten, Matrosen, Arbeiterinnen und Arbeitern folgen dem Aufruf …

 

Revolutionäre Kräfte besetzen in den frühen Morgenstunden Telegrafenstationen, Bahnhöfe, Postämter und die Staatsbank. Um 21.45 Uhr ertönt der Donner der gegen den Sitz der Regierung, das Winterpalais, gerichteten Geschütze des Panzerkreuzers Aurora. Eine Weltenwende ist eingeleitet, die bis heute wirkt.

 

Schon in den ersten Stunden jener stürmischen Tage veröffentlichte die neue revolutionäre Regierung, der Rat der Volkskommissare, fundamentale Gesetze, Dekrete genannt. Sie beantworteten die dringendsten Anliegen der Massen. Zuerst das „Dekret über den Frieden“, mit dem der Krieg sofort beendet werden sollte. Das „Dekret über Land und Boden“ enteignete die Großgrundbesitzer und verteilte das Land auf die geschundenen Bauern und Pächter. Bodenschätze, Wälder und Seen wurden verstaatlicht. Schlag auf Schlag folgten revolutionäre Dekrete zur Trennung von Kirche und Staat, zur Einführung des 8-Stunden-Tags, zum Verbot von Kinderarbeit, zur Gleichstellung von Männern und Frauen, zum Mutterschutz, zur Aufhebung der Verbote von Schwangerschaftsunterbrechungen und Homosexualität, zum Verbot häuslicher Gewalt auch gegen Kinder …

 

Erst wenige Monate zuvor, im Februar 1917, hatte eine bürgerlich-demokratische Revolution den Zaren zum Rücktritt gezwungen. Demokratische Rechte beflügelten eine rasche Politisierung der Massen und den Aufbau der revolutionären Partei. Lenin kehrte aus dem Exil zurück. Aber die bürgerliche Kerenski-Regierung enttäuschte in kürzester Zeit die Hoffnungen der Massen. Der Krieg wurde fortgeführt, eine Landreform blieb aus, Proteste wurden massiv unterdrückt, Lenin musste wieder untertauchen. Die Aussicht auf einen friedlichen Weg zum Sozialismus war versperrt. Das Elend wuchs, ein neuer Kriegswinter stand bevor – die Massen konnten und wollen nicht mehr in der alten Weise leben.

Sturm auf das Winterpalais in der Oktoberrevolution
Sturm auf das Winterpalais in der Oktoberrevolution

Oktoberrevolution

  • Grundlage für den Erfolg war Lenins Anaylse des Imperialismus
  • Sie war Bestandteil der Strategie der internationalen Revolution
  • Fast 40 Jahre lang wurde danach der Sozialismus in der Sowjetunion verwirklicht

Lenins geniale Analyse des Imperialismus

Lenin hatte diese Entwicklungen mit genialer Schärfe prognostiziert. Eisern hatte er am Aufbau der lange Zeit noch kleinen bolschewistischen Partei gearbeitet. In seinen theoretischen Schriften hatte er heraus­arbeitet, dass die Ungleichmäßigkeit der Entwicklung der Imperialisten die Widersprüche zwischen den Kapitalisten verschärft und gesetzmäßig zu Kriegen führt. Im Frühjahr 1916 analysierte er den Imperialismus als Stufe des Kapitalismus, bei dem die Monopole ihre Diktatur über die ganze Gesellschaft errichtet und den Kampf um die Neuaufteilung der Welt eröffnet haben.1 Er schlussfolgerte, dass auf dem Boden des durch den Krieg hervorgerufenen Ruins eine revolutionäre Weltkrise erwächst. Er zog die bleibende Lehre, dass der Imperialismus der Vorabend der sozialistischen Revolution ist.

 

Lenin erkannte Russland als damals schwächstes Kettenglied im imperialistischen Weltsystem. Mit der Entwicklung des Kapitalismus hatte sich die Klasse der Lohnarbeiter herausgebildet, die unter der revolutionären Führung der Bolschewiki zur entscheidenden Kraft der russischen Revolution wurde. Lenin brach mit dem Dogma opportunistischer sozialdemokratischer Parteien, dass eine sozialistische Revolution erst machbar, zulässig und angebracht wäre, wenn die kapitalistischen Produktivkräfte in dem Land vollständig ausgereift wären.

 

Die Oktoberrevolution als Teil der internationalen Revolution

Lenin sah in der Oktoberrevolution den Auftakt der internationalen Revolution gegen den Imperialismus. Die Lage der Massen war ja in den anderen Kriegsländern nicht so verschieden von der Situation in Russland. Aber die Revolution blieb dort – oft mangels zielklarer Führung – zunächst aus. Das stellte das revolutionäre Russland vor immense Schwierigkeiten.

 

Im Sonderheft des Spiegel zur Geschichte Russlands und der Oktoberrevolution2 wird diese verzerrt als Ausgangspunkt von Bürgerkrieg, Hungersnot und Massenterror dargestellt. Der revolutionäre Sturz der Kerenski-Regierung wird als Putsch diffamiert. Die Errichtung der Diktatur des Proletariats als „Entscheidung für die Parteidiktatur, gegen die parlamentarische Republik.“ Schuld an den drei Millionen Opfern des Bürgerkriegs nach dem Sieg der Oktoberrevolution seien demnach die Bolschewiki. Nichts ist abwegiger.

 

Die Oktoberrevolution selber hatte relativ wenig Tote gefordert. Aber es gab keine Atempause. Eine internationale Konterrevolution aus 14 Invasionsländern führte Krieg gegen das revolutionäre Russland – gestützt auf die einheimischen Reaktionäre. Der siegreiche Bürgerkrieg gegen die Interventionen war eine großartige, aber extrem opfervolle Leistung der revolutionären Arbeiter und Bauern.

 

Lenin war von einem Siegeszug internationaler sozialistischer Revolutionen ausgegangen. Von diesem Ziel rückte er grundsätzlich auch nicht ab, als es nach 1923 in Europa zu einer relativen Stabilisierung des Kapitalismus kam. Zwar blieb die Oktober­revolution trotz ihrer internationalen Ausstrahlung eine auf Russland beschränkte Revolution. Für Lenin war sie dennoch berechtigt Auftakt beziehungsweise Teil der internationalen Revolution, und er betonte: „Wir haben dieses Werk begonnen. Wann, in welcher Frist, die Proletarier welcher Nation dieses Werk zu Ende führen werden, das ist unwesentlich. Wesentlich ist, daß das Eis gebrochen, … daß der Weg gewiesen ist.“3

 

Lehrer und Namensgeber der MLPD

Lenins Analysen sind bis heute eine wesentliche Grundlage für die Arbeit der MLPD – und sie nennt sich bewusst marxistisch-leninistisch. Daran ansetzend hat sie eine eigene theoretische Arbeit entwickelt – dialektisch-materialistisch. Immer auf der Suche nach dem heutigen Weg der sozialistischen Revolution. Seit Anfang der 1990er-Jahre ist der Imperialismus mit der Neuorganisation der internationalen Produktion in eine neue Phase getreten. Der internationale Charakter der kapitalistischen Produktionsweise ist nunmehr weltweit vorherrschend. Als Hauptkontrahenten des Klassenkampfs stehen sich heute das internationale Industrieproletariat und das allein herrschende internationale Finanzkapital mit seinen etwa 500 größten Übermonopolen und seinen imperialistischen Staatsapparaten gegenüber. Besonders während der bisher tiefsten, umfassendsten und längsten Weltwirtschafts- und Finanzkrise 2008–2014 haben sich neuimperialistische Länder wie die MIST- und BRICS-Staaten, Iran, Saudi-Arabien, Katar herausgebildet. Sie drängen – auch mit Kriegen – auf eine Neuaufteilung der von alten imperialistischen Ländern beherrschten Welt.

 

Die Oktoberrevolution kann heute nicht mehr als „Musterrevolution“ verstanden werden. Sie konnte unter besonderen Bedingungen siegen. Die materiellen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Revolution und die dann notwendige Herrschaft der Arbeiterklasse – die Diktatur des Proletariats –sind heute um vieles ausgereifter. Es hat sich ein international verbundenes, hoch entwickeltes Industrieproletariat in den Zentren des allein herrschenden internationalen Finanzkapitals gebildet. Es steht an der Spitze einer weltweit wachsenden Arbeiterklasse und kann auch die Millionenmassen der Unterdrückten der Welt führen.

 

Der Sozialismus kann siegen

Die Kernlosung des modernen Antikommunismus, der Kapitalismus sei zwar kritikwürdig – aber alternativlos, wird mit immer neuen Schauermärchen genährt. Besonders gegen den Nachfolger des viel zu früh verstorbenen Lenin: Josef Stalin. Aber die Grundideen des Sozialismus/Kommunismus haben nie ihre Anziehungskraft verloren und sind heute wichtiger denn je. Noch viel zu oft aber heißt es: „Der Sozialismus ist eine gute Idee, aber er lässt sich nicht verwirklichen“. Aber fast 40 Jahre lang wurde der Sozialismus in der Sowjetunion verwirklicht.

 

Die Massen unter Führung Lenins und später Stalins haben Unvergängliches erkämpft – wozu der Kapitalismus nie willens und fähig war und ist. Sie haben das Analphabetentum beseitigt. Sie haben eine kostenlose Gesundheitsversorgung eingeführt. Die landesweite Elektrizität wurde zu großen Teilen aus der erneuerbaren Energie der Wasserkraft gewonnen, Wälder geschützt und Waldgürtel angelegt, um eine blühende Landwirtschaft zur sicheren Ernährung zu entfalten. Die Arbeitslosigkeit wurde   besiegt – Kultur und Wissenschaft strahlten weltweit aus.

 

Als die deutschen Monopole mit dem Überfall Hitler-Deutschlands auf die Sowjetunion im Juni 1941 den Sozialismus ausmerzen wollten, zeigte sich, wie stark die sozialistischen Ideale verankert waren. Die Sowjetunion trug die Hauptlast bei der Befreiung der Menschheit vom Hitler-Faschismus.

 

Das war weder einfach noch widerspruchsfrei. Tief greifende politische und weltanschauliche Richtungskämpfe mussten geführt werden – nicht nur gegen alte feudale und bürgerliche Ideen, sondern auch gegen unterschiedliche opportunistische Strömungen innerhalb der Arbeiter- und Volksbewegung. Diese Richtungskämpfe spiegelten wider, wie der Klassenkampf vor allem auf ideologischem Gebiet tobte, ob die Arbeiterklasse ihre Macht festigt oder die Bourgeoisie die Herrschaft zurückerobert. Der erste, erfolgreiche Anlauf zum Aufbau des Sozialismus ist nicht gescheitert – er wurde verraten! 1956 putschte sich eine neue, vom modernen Revisionismus geleitete bürokratische Klasse unter dem damaligen Generalsekretär der KPdSU, Nikita Chruschtschow, 1956 an die Macht. Sie zog alle sozialistischen Länder in den Sumpf.

 

Die Botschaft der Oktoberrevolution

Die bürgerliche Ideologie ist in einer tiefen Krise. Für den Kapitalismus begeistern kann sie nicht mehr – nur noch verwirren und spalten. Für den Sieg der internationalen sozialistischen Revolution ist entscheidend, dass in allen Ländern starke marxistisch-leninistische Parteien und überparteiliche Selbstorganisationen der Massen aufgebaut werden.

 

Nach jahrzehntelanger Verwirrung und Zersplitterung hat die internationale revolutionäre Bewegung ihre Talsohle durchschritten. Mit Geduld und Überzeugungskraft arbeitet die MLPD mit 50 weiteren Organisationen am Aufbau der revolutionären Weltorganisation ICOR zur internationalen Koordinierung und Revolutionierung der Klassenkämpfe und gegenseitigen Unterstützung im Parteiaufbau. Ein Leitmotiv der ICOR ist: Kein Befreiungskampf gegen den Imperialismus darf isoliert bleiben. Der Solidaritätspakt zwischen der ICOR und der kurdischen Befreiungsbewegung ist dafür eindrucksvolles Beispiel. Weltweit wird die ICOR mit ihrer Kampagne zum 100. Jahrestag der Oktoberrevolution eine Massendiskussion über die Zukunft fördern.

 

In Lateinamerika arbeiten ICOR-Parteien an der Herausgabe einer gemeinsamen Publikation und an der Vorbereitung regionaler Veranstaltungen. In Nepal nutzen marxistisch-leninistische Parteien die Kampagne zur massenhaften Organisierung neuer Mitglieder für Partei und Selbstorganisationen.

 

Auch in Deutschland nimmt die Kampagne Fahrt auf – mit intensiver Werbung für neue Mitglieder, besonders unter der Jugend. Der nächste Höhepunkt wird mit den Lenin-Liebknecht-Luxemburg-Aktivitäten am 14./15. Januar in Berlin organisiert.

 

Die MLPD organisiert in Deutschland eine Spendenkampagne mit dem Ziel, 750 000 Euro zu sammeln und davon zehn Prozent an die ICOR abzuführen. Die Reiseagentur People to People bietet in Zusammenarbeit mit russischen Genossen Reisen nach St. Petersburg auf den Spuren der Oktoberrevolution an.5 Internationale Delegationen streben im November eine Demonstration in St. Petersburg zu 100 Jahre Oktoberrevolution an.

 

Massenhaft wird das überarbeitete Programm der MLPD verbreitet. Freunde und Genossen arbeiten an einem Film zum Lebenswerk Lenins.

 

Unter Führung von Stefan Engel wird ein internationales Seminar der ICOR organisiert. Thema vom 27. bis 29. Oktober: die theoretischen und praktischen Lehren der Oktoberrevolution.4 Am 28. Oktober findet eine kulturvolle Großveranstaltung statt.

 

Mit der Internationalistischen Liste/MLPD formiert sich ein Bündnis der Kräfte, die einen Gegenpol zum Rechtsruck der Regierung bilden. Darunter: Revolutionäre im Geist der Oktoberrevolution.

Die Haupttendenz in der Welt ist die Vorbereitung der internationalen sozialistischen Revolution.