Grünheide
Tesla legt gegen die IG Metall nach
Im Tesla-Werk in Grünheide liegt die Krankenrate mit 15 Prozent weit über dem Durchschnitt der anderen deutschen Autokonzerne mit 6,2 Prozent. Außerdem lehnt die Werkleitung den Abschluss eines Tarifvertrages mit der IG Metall aus prinzipiellen Gründen ab. Ja sie macht sogar die IG Metall und ihre Tarifverträge für die Krise in den anderen Autokonzernen verantwortlich.
Man braucht kein Arzt zu sein, um einen unmittelbaren Zusammenhang zu den körperlichen und psychischen Belastungen im Werk und den größtenteils unzumutbaren Arbeitsbedingungen zu erkennen. Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt 38 Stunden, „aber wir kommen in der Produktion auch zeitweilig auf 60 Stunden“, sagt ein Kollege. Damit nicht genug, schnüffelt Tesla kranken Kolleginnen und Kollegen nach und schreckt auch vor Hausbesuchen nicht zurück. „Das hat sich nicht mal die Stasi erlaubt,“ regt sich ein älterer Kollege auf! Tesla zwang sogar Beschäftigte, Diagnosen offenzulegen und die Ärzte von der Schweigepflicht zu entbinden.
Die IG Metall berichtet, dass Tesla sogar in einzelnen Fällen Kranken die Gehälter einbehalten habe. Ja sogar im Krankheitsfalle bezahlte Löhne als „Schulden“ bezeichnet und zurückgefordert habe. Deshalb haben im Frühjahr aktive Metallerinnen und Metaller 3000 Unterschriften gesammelt, mit denen sie eine sofortige Entlastung und ein Ende des übermäßigen Arbeitsdrucks gefordert haben.
Obwohl Tesla alles unternimmt, gegen die IG Metall zu hetzen, ja sogar die Produktion für Hetz-Veranstaltungen unterbricht, gewinnt die IG Metall durch aktive IG Metallerinnen und Metaller neue Mitglieder und Einfluss. Bei den letzten Betriebsrats-Wahlen hat die IG Metall-Liste schon die meisten Stimmen bekommen, hatte aber gegen Tesla-hörige Betriebsräte noch keine Mehrheit im Gremium. Bereits vor Weihnachten hatte der Werkleiter von Grünheide, André Thierig, sogar eine Musik-Show mit dem Rapper Kool Savas organisiert. (1)
Einzig und allein, um die Bekanntgabe einer vierprozentigen Entgelterhöhung zu nutzen, um die Beschäftigten vor der Wahl der IG-Metall-Liste zu warnen. Außerdem lehnt die Werkleitung den Abschluss eines Tarifvertrages mit der IG Metall aus prinzipiellen Gründen ab. Ja sie macht sogar die IG Metall und ihre Tarifverträge für die Krise in den anderen Autokonzernen verantwortlich.
Jetzt hat Thierig noch einen draufgesetzt. Bei einer internen Veranstaltung drohte er für den Fall einer Mehrheit der IG-Metall-Liste bei den Betriebsratswahlen mit der Möglichkeit eines Stopps der Investitionen in Grünheide. Schließlich werde Grünheide vom US-Management mit gleichen Werken in Shanghai und anderen Regionen verglichen. Die Kostenstruktur werde sich durch die Reduzierung der Arbeitszeit von 38 auf 35 Stunden und Tarifverträgen mit der IG Metall zuungunsten Grünheides auswirken.
IG-Metall-Bezirksleiter Jan Otto erklärte gegenüber der Jungen Welt: „Seit Jahren heißt es: Wenn ihr hart arbeitet, euch nicht in der IG Metall zusammenschließt und brav die Management-Betriebsräte wählt, wird das Werk ausgebaut. Dann habt ihr alle ungeahnte Aufstiegschancen.“ Seit dem Produktionsstart 2022 werden die Erweiterung und neue Produkte für Grünheide angekündigt. Doch das steht in den Sternen: Obwohl in Europa 2025 fast 30 Prozent mehr Elektroautos verkauft wurden, sind die Verkaufszahlen von Tesla in Europa um fast ein Drittel zurückgegangen.
Statt sich mit den Kollginnen und Kollegen anderer Tesla-Werke in eine Unterbietungskonkurrenz treiben zu lassen, ist der gemeinsame Kampf um bessere Arbeitsbedingungen, freie gewerkschaftliche und politische Betätigung und Anerkennung von Gewerkschaften in allen Tesla-Werken notwendig. Die Tesla-Werkführung macht so die BR-Wahlen zu einer Richtungsentscheidung, die weit über Grünheide hinaus Ausstrahlung hat.