Berlin

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"Von damals und von dieser Zeit – und was ist heut’?"

"Von damals und von dieser Zeit – und was ist heut’?" Das war der Titel eines besonderen Liederabends im Treff International Berlin. Federico aus der ehemaligen Straßenrockband Nümmes nahm uns in seinem ersten Soloprogramm mit auf die Suche nach der Dialektik in Liedern von Bertolt Brecht und Franz-Josef Degenhardt und ihrer Bedeutung für heute.

Korrespondenz aus Berlin

Für das leibliche Wohl waren drei verschiedene Gemüseeintöpfe – vegan oder mit Wurst – zusätzlich zu den üblichen Getränken frisch gepresster Orangensaft und Bio-Glühwein im Angebot.


Mit einem Vorspruch aus Brechts Buch der Wendungen gab es einen Einblick, wie dieser große Meister aus der Dialektik des Taoismus gelernt hat, einer philosophische Richtung aus dem antiken China.


Das „Lied von der Moldau“ veranschaulicht, wie Brechts Methode der Verfremdung konkrete, historische Ereignisse bewusst aus dem Zusammenhang reißt und in einen neuen zeitlichen oder überzeitlichen Zusammenhang stellt, um daraus Schlüsse für die Gegenwart zu ziehen.


 „Das Lied vom Weib und dem Soldaten“ zeigt drastisch eine Diskussion zwischen dem kriegsbegeisterten Soldaten und einer Frau (Mutter Courage) und weist darauf hin, dass die Soldaten nicht für immer unbelehrbar sind. „Haben sie denn so mächtige Feinde?“, fragt Brecht im Angesicht der übermächtig erscheinenden Macht der Organe der herrschenden Klasse in dem Lied „Im Gefängnis zu singen“, rezitiert von Karl Nümmes. Weiter hörten wir „Seeräuber-Jenny“, „Deutsches Lied 1937“ und aus den Keuner-Geschichten „Maßnahmen gegen die Gewalt“, bis das Solidaritätslied das Publikum zum Mitsingen einlud.


In der Pause ging der Hut rum. Federico wollte kein Geld für sich, sondern freute sich über Spenden für das ICOR-Projekt „Gaza soll Leben!“ zur Unterstützung des Gesundheitsnetzwerks Al-Awda. Es kamen über 300 Euro zusammen!


Die Lieder von Degenhardt leitete Federico mit dem schlitzohrigen „Rumpelstilzchen“ ein. „Wo sind eure Lieder – eure alten Lieder" fragt er angesichts der Volksliedtradition in Deutschland, die durch Faschisten und Militaristen großen Schaden erlitt. Im bedrückenden Lied „Spaziergang“ erzählt ein Vater seinem Sohn eine grausame Begebenheit aus seiner Zeit als Soldat im Hitler-Faschismus. 

 

Zum Programm gehörten auch die sehr aktuelle „Befragung eines Kriegsdienstverweigerers“ und der „Zündschnüre-Song“. Gemeinsam sangen wir am Schluss die „Ballade von Sacco und Vanzetti“. Sie handelt von der weltweiten Solidaritätsbewegung in den 1920er-Jahren für die Freilassung der beiden Arbeiter- und Streikführer in den USA, die völlig zu Unrecht wegen eines Mordes angeklagt waren und schließlich hingerichtet wurden. Ein wunderschönes Lied, das Joan Baez in dem gleichnamigen Film von 1971 gesungen hat. Es eignet sich wunderbar zum gemeinsamen Singen und sich Zusammenschließen.

 

Zugabe war Brechts „Resolution der Kommunarden“. Am Ende sangen immer mehr mit und bedankten sich für den gelungenen Abend.