Interview zur Lage in Syrien mit Dr. Mohammad Bakr
„Der Sturz dieses Regimes war ein Traum, der unmöglich schien ...“
Ein Korrespondent aus Rostock hat mit Dr. Mohammad Bakr ein Interview zur Lage in Syrien geführt. Dr. Mohammad Bakr ist Journalist und Schriftsteller aus Palästina, der in Syrien geboren und aufgewachsen ist, weil seine Eltern in der Nakba aus Palästina vertrieben worden sind. Er ist in der Gaza-Solidaritätsbewegung aktiv. Rote Fahne News dokumentiert Auszüge aus dem Interview.
Ein Jahr nach dem Sturz des faschistischen Assad-Regimes feierten in Syrien zigtausende Menschen, auch in Deutschland. Viele erwägen ihre Rückkehr. Doch ist die Freude nicht verfrüht? Wie beurteilst du die Situation?
Die syrische Lage ist selbst ein Jahr nach dem Sturz des Assad-Regimes noch komplex, da Syrien 14 Jahre lang unter einem verheerenden Krieg gelitten hat und viele politische und wirtschaftliche Herausforderungen bestehen. Die Freude der Syrer kam natürlich nach der Herrschaft des Assad-Regimes, Vater und Sohn, die zusammen etwa 54 Jahre dauerte, und der Sturz dieses Regimes war ein Traum, der unmöglich schien. Doch nach dem Sturz des Assad-Regimes und der Verwirklichung des Traums können viele Syrer es immer noch nicht glauben, und die Freude hält weiterhin an. Dies ist eine natürliche Folge der langen Leiden.
Die Bundesregierung will jetzt in großem Stil syrische Flüchtlinge abschieben, obwohl die politische und humanitäre Lage mit Menschenrechtsverletzungen, Hunger und Armut höchst prekär ist. So fordert PRO ASYL einen bundesweiten Abschiebestopp nach Syrien. Wie stehst du dazu?
Was die deutsche Regierung über die Abschiebung der Syrer nach dem Sturz des Assad-Regimes sagt, hat eher einen politischen als einen rechtlichen Zweck. Die Begründungen der Regierung stützen sich darauf, dass der Grund, weshalb Flüchtlinge einen Aufenthaltstitel erhalten haben, nach dem Sturz des Regimes nicht mehr besteht. Ich glaube jedoch nicht, dass dies der einzige Grund ist, denn es gibt politische Entwicklungen in Deutschland, und ein großer Teil der deutschen Bevölkerung ist mit der Regierungskoalition unter der Führung von Merz unzufrieden, während die AfD einen auffälligen Aufstieg erlebt. Daher möchte der Kanzler diesem Druck durch die Nachkommen der syrischen Flüchtlinge begegnen. Übrigens betrifft die Abschiebung derzeit nur diejenigen, die Straftaten begangen haben, sowie die Syrer, deren Asylanträge noch nicht geprüft wurden, und deren Anzahl etwa 53.000 beträgt.
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