In Sofia zuletzt 150.000 Menschen auf den Straßen

In Sofia zuletzt 150.000 Menschen auf den Straßen

Bulgarien: Massenproteste erzwingen Rücktritt

Ende letzter Woche sind der bulgarische Ministerpräsident Scheljaskow (reaktionäre GERB-Partei) und seine Regierung zurückgetreten. Dem gingen über fast zwei Wochen sich immer mehr steigernde Massenproteste mit Demonstrationen in vielen Städten Bulgarien voraus.

Von jg/Hamburg

In Sofia, der Hauptstadt Bulgariens, gingen zuletzt 150 000 Menschen auf die Straße. Es sind vor allem junge Menschen, die protestieren. Ein sehr beliebter Demonstrations-Sprechchor ist „ Mafia, Mafia“.

 

Die Proteste richten sich vor allem gegen den Haushaltsentwurf der Regierung, der ganz offensichtlich die Korruption der Regierung und der Herrschenden im Land verschleiert. Hintergrund ist, dass in Bulgarien ab dem 1. Januar 2026 der Euro eingeführt werden soll. Und die Menschen befürchten berechtigt Preiserhöhungen und eine allgemeine Verteuerung der Lebenshaltungskosten. Und lehnen die geplante Erhöhung der Renten- und Sozialversicherungsbeiträge um 2 Prozentpunkte ab.

 

Die Rote Fahne erhielt dazu Hintergrundinformationen des Genossen Spasov, Mitglied des Polit-Büros der Bulgarisch Kommunistischen Partei, Mitgliedsorganisation der revolutionären Weltorganisation ICOR: "Nach den Protesten am 8.12. hat die Regierung den Budgetentwurf zurückgenommen (…) in der Hoffnung, den Protest zu besänftigen. Der Rat der "Arbeitergeber" und Syndikaten waren mit dem neuen Entwurf einverstanden. (…) Am 10. Dezember hat "Fortsetzung der Veränderung"-"Demokratisches Bulgarien" (FV-DB) erneut Antiregierungsproteste in vielen Städten organisiert. Daran nahmen viele Menschen teil, die gegen die Regierung sind, ohne Parteiparolen. Wir waren von der Bulgarisch Kommunistischen Partei auch dabei. So große Proteste habe ich in Bulgarien noch nie erlebt - sogar 1990 und 1997 nicht.“

 

Der Protest der Massen hat die korrupte Regierung zum Rücktritt gezwungen. Aber es sind heftige Diskussionen über die Alternative entbrannt. In den letzten fünf Jahren gab es ständig Rücktritte von Regierungen und Neuwahlen. Der Genosse Spasov schreibt: „Das Parlament hat die Kündigung der Regierung angenommen, aber sie bleibt in Amt bis zur Ernennung einer neuen Regierung. Als eine Art Rache an den Menschen wird sie keinen neuen Budgetentwurf einbringen. So rutschen wir ins Jahr 2026 mit "Normaletat", d.h. jeden Monat verfügt die Regierung über 1/12 vom Budget 2025. Und viele Menschen werden die erwarteten Gehaltserhöhungen nicht bekommen. Und die Regierung in einer solchen schwachen Position kann nicht die Inflation effektiv bekämpfen (nicht dass so was im Kapitalismus überhaupt möglich ist).“

Parlamentarische Scheinalternativen oder Hinwendung zu revolutionären Positionen?

In den Protesten mischt der Parteichef der Oppositionspartei DPS fleißig mit. Deljan Peewski hat die bisherige Minderheitsregierung unterstützt. Er ist Oligarch und Medienmogul, der recht erfolgreich daran arbeitet, die bulgarische Justiz und den staatlichen Sicherheitsapparat unter seine Kontrolle zu bringen. Er hat versucht, in verschiedenen Städten z.B. in Kardjali Gegenproteste unter dem Motto „Nein zum Hass“ zu organisieren. Aber seine Handlungen haben die Menschen noch wütender gemacht. Peewskis Gesicht ist auf vielen Protestplakaten abgebildet „meist als Karikatur und in Form eines Schweins.“ (ARD Bericht, 12.12.25)

 

In diesen Zeiten ist es notwendig, die Arbeiter und die Massen über das kapitalistische System aufzuklären, gegen das reaktionäre imperialistische EU-Bündnis und für den Aufbau einer organisierten, kämpferischen Opposition, für eine Politik der Einheitsfront gegen Ausbeutung, Unterdrückung und Faschismus zu werben.