Dokumentiert von der Webseite der Deutsch-Philippinischen Freunde

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„Wegen Osttimor den Indonesiern die Zähne ausschlagen?“

Auf der Webseite der Deutsch-Philippinischen Freunde ist ein neuer Beitrag des Philippinen- und Südostasienexperten Rainer Werning erschienen: „Wegen Osttimor den Indonesiern die Zähne ausschlagen?“ Rote Fahne News dokumentiert einen Auszug plus den Link zum ungekürzten Beitrag.

Dr. Rainer Werning

Vor genau 50 Jahren, am 28. November 1975, proklamierte Portugals südostasiatische Kolonie Osttimor (seit 2002 Demokratische Republik Timor-Leste) ihre Unabhängigkeit und rief die Demokratische Republik Osttimor (DRO) aus. Doch bereits neun Tage später endete jäh der kurze Traum von Freiheit und Selbstbestimmung, als das indonesische Militär mit grünem Licht aus Washington die junge Republik überfiel und ein vom Westen toleriertes Terrorregime errichtete. 

Fanal zum Widerstand

Selten kommt es vor, dass ein Lied als Fanal zum Widerstand, gar Aufstand diente. Doch am 25. April 1974 geschah in Portugals Hauptstadt Lissabon just das, als um drei Uhr morgens der katholische Sender Rádio Renascença das bis dahin verbotene Lied Grândola, vila morena (Grândola, braun gebrannte Stadt) des Protestsängers José Afonso spielte. Im Text geht es um Solidarität und um einen schönen Ort, an dem endlich das Volk Ohnmacht überwindet, die Fesseln sprengt und über seine Geschicke selbst bestimmt. Dieser Song war das Signal zum Zuschlagen für alle militärischen Einheiten, die sich zur Bewegung der Streitkräfte (MFA) bekannten. Ein Sammelbecken all jener Offiziere und einfachen Soldaten, die es satthatten, noch länger unter der ältesten Diktatur Westeuropas, den Statthaltern und verruchten Geheimdienstleuten des faschistischen „Neuen Staates” sowie seinem Schöpfer António de Oliveira Salazar, zu leben.

 

Binnen weniger Stunden besetzten MFA-Mitglieder sämtliche strategisch bedeutsamen Orte des Landes. Die Stimmung war überwältigend. Entgegen den Anweisungen der neuen Machthaber, ruhig in den Häusern zu bleiben, strömten die Menschen auf die Straßen und feierten das Ende des verhassten Regimes. Da die Blumenfrauen Lissabons den Soldaten rote Nelken in die Gewehrläufe steckten, war der Begriff „Portugals Nelkenrevolution“ geboren.

Rasche Dekolonialisierung

Das arme, agrarisch orientierte, stockkatholisch ausgerichtete Land hatte sich allzu lange den „Luxus“ geleistet, Kolonialkriege in Übersee zu führen und dafür reichlich die Hälfte des Staatshaushalts zu verpulvern. Immer stärker war seit Mitte der 1960er-Jahre eine Antikriegsstimmung vernehmbar, die selbst innerhalb der Streitkräfte rumorte und sich schließlich an jenem Apriltag des Jahres 1974 explosionsartig entlud.

 

Rasch sprangen die Funken der „Nelkenrevolution“ auf die alten Kolonialbesitzungen über. Noch im selben Jahr erlangte Guinea-Bissau die Unabhängigkeit. Ein Jahr später folgten dann Angola, Mosambik, São Tomé und Príncipe sowie Kap Verde auf dem afrikanischen Kontinent und schließlich in Südostasien Portugiesisch-Timor beziehungsweise Osttimor.

 

In all diesen Gebieten folgte eine Dekolonialisierungspolitik, die Kritiker später als überhastet und katastrophisch bezeichneten – und zwar deshalb, weil es zeitgleich mit dem raschen Abzug der Portugiesen zu verheerenden Bürgerkriegen kam, die zumindest zeitweilig aufgrund der starren West-Ost-Blockkonfrontation den Charakter von Stellvertreterkriegen annahmen. Allein in Angola kämpften drei sich jeweils Freiheitsbewegungen nennende Organisationen erbittert um die politische Vormachtstellung, wobei sich Lissabon in diesem Fall aus ideologischen Gründen für die linke, mit Marxisten besetzte MPLA entschied. Diese genoss denn auch Rückhalt seitens der Sowjetunion und Kubas, während die USA und deren Vasall Zaire ihr Gewicht für die UNITA in die Waagschale warfen.

Pyrrhussieger Fretilin

Im fernen Osttimor führte die Euphorie im „Mutterland“ immerhin dazu, dass sich politische Parteien nunmehr ungehindert von kolonialer Kontrolle und Gängelung frei entfalten konnten – mit dem Resultat, dass auch dort drei unterschiedliche ideologische Strömungen um Hegemonie rangen.

 

Hier der komplette sehr interessante Beitrag von Rainer Werning