Widerstand herausgefordert
Jetzt erst recht: Nein zu diesem Wehrdienstgesetz!
Während der Bundestag heute Vormittag für die Einführung eines neuen Wehrdienstes beschlossen hat, zogen in zahlreichen Städten Demonstrationen von Schülerinnen, Schülern, weiteren Jugendlichen und Erwachsenen durch die Straßen und protestierten gegen Wehrpflicht, Militarisierung und Kriegsvorbereitung.
Das Gesetz sieht die verpflichtenden Musterung aller Männer ab dem Geburtsjahr 2008 vor. Die Entscheidung für den Wehrdienst soll freiwillig bleiben - solange sich genügend Freiwillige melden und der "Verteidigungsfall" nicht eintritt.
Erste Berichte und Korrespondenzen von den Aktionen und Demos zeigen: Die Jugend hat nicht vor, sich widerstandslos für Bundeswehr und imperialistischen Krieg treiben zu lassen. Gleichzeitig gibt es viel zu diskutieren und zu klären. Der Jugendverband REBELL machte sich dafür stark und warb für die Gaza-Solidaritäts-AGs und die sozialistische Jugendbewegung.
Bielefeld
Um Punkt 10.30 Uhr war der Kundgebungsplatz am Bielefelder Rathaus schon gut gefüllt. Ca. 350 Schüler und Schülerinnen waren aus Bielefeld und Umgebung dem Aufruf zum Schulboykott gefolgt. Wir waren vertreten mit einem Transparent der neuen Friedensbewegung, dem Rebell-Magazin und dem Flugblatt vom Rebell. Das Transparent wurde vor allem von älteren Teilnehmern mit Interesse und diversen Nachfragen aufgenommen. Aber wie nun die Brücke zu den zu gründenden Gaza-Soli-AG`s bei den Schülern schlagen ?? Unser Ansprache war erstmal Glückwunsch, dass ihr heute hier teilnehmt, verbunden mit der Frage wie es denn weitergehen soll! Da kam dann, dass der nächste Schulboykott im März stattfinden soll und alle Bielefelder Schulen per SocialMedia vernetzt sind. Wir diskutierten, dass die Wiedereinführung der Wehrpflicht nur ein Teil der gigantischen Kriegsaufrüsting ist, die international stattfindet und das wir uns dagegen dauerhaft organisieren müssen. Hotspot im Kriegsgeschehen ist derzeit Gaza. Wir stellten fest, dass es noch viele Diskussionen geben muss, woher Kriege und die damit einhergehende faschistische Tendenz kommt, verbunden mit dem Ausblick auf eine andere eben sozialistische Perspektive. Im Nachgang wurden wir dann noch von einem Studenten gefragt, ob wir Interesse an einem Interview haben. Er war auf unser Transparent aufmerksam geworden. Wir haben ihm zugesagt.
Hamburg: 5000 Schüler und Studenten gegen Wehrpflicht
Geschätzt 5000 Jugendliche, hauptsächlich Schüler, verließen die Schule und demonstrierten gegen die Wehrpflicht; von der Uni kam eine „Zubringer-Demo“ mit 200 Leuten, die REBELL-Fahne war mit dabei. Für viele junge Schüler war es der erste Schritt zum selbständigen Denken und Handeln in politischen Fragen. „Wir haben doch nicht gefragt, ob wir das dürfen“, sagten die meisten. Einige berichteten, dass es sogar positive Reaktionen aus der Schule gab. Andere kritisierten, dass die Gefahr eines Weltkriegs nicht oder die Wehrpflicht als „persönliche Angelegenheit“ im Politikunterricht behandelt wird. Einige halten das aber für eine Existenzfrage der Menschheit.
Die Frage: „Mit Wehrdienstverweigerung kann man einen Krieg nicht verhindern. Was meint ihr?" gab den Anstoß für interessante Diskussionen. Eine Gruppe beschwerte sich: „Wir können nicht mal eine eigene Wohnung bezahlen, haben größte Probleme, einen Job zu bekommen – und dann sollen wir auch noch im Krieg unseren Kopf hinhalten?“ Die Kritik an den gesellschaftlichen Verhältnissen spiegelte sich auch in einzelnen Transparenten wider: „Wehrdienst nicht für euern Krieg!“ Das war der Ausgangspunkt, die Ursache imperialistischer Kriege im kapitalistischen Profitsystem aufzudecken.
Eine Gruppe von Schülerinnen, die meisten aus der Ukraine, nahmen Stellung gegen den Ukrainekrieg: „Dem Selenski traue ich auch nicht mehr richtig. Mein Vater wurde an die Front abkommandiert. Er ist jetzt schwer traumatisiert nach Deutschland geflohen. Und wir haben Verwandtschaft in Russland. Sollen wir auf sie schießen?“ Sie setzten zunächst auf Friedensverhandlungen, mussten aber auch zugeben, dass alle Verhandlungsparteien ihre gegensätzlichen Profitinteressen durchsetzen wollen.
Für den Sozialismus waren etliche aufgeschlossen. "Das ist aber eine ganz schwierige Sache" meinten sie. „Darum müsst ihr Euch organisieren, Euch bilden und praktische Schritte des aktiven Widerstands organisieren. KommFür den t doch zur Gaza-Soli-AG des REBELL, das ist heute der wichtigste Brennpunkt im Widerstand! Hier sammeln wir auch Spenden für den Aufbau der Al Awda-Krankenhäuser.“
Wir bildeten gemeinsam Trupps von REBELL und MLPD Hamburg und hatten uns auch mit Leuten von Young Struggle für die Demo verabredet. Der REBELL Hamburg hatte eigenständig ein Flugblatt bis hin zum Lay-Out erstellt: "Wehrpflicht? Mit uns nicht! Organisiert Euch im REBELL und kämpft um eine befreite Gesellschaft im echten Sozialismus! Macht mit in der Gaza-AG des REBELL.“
Lübeck: „Es gibt kein Recht auf Kriegspropaganda!“
Etwa 500 Schülerinnen und Schüler skandierten u.a. diese Losung auf der Demo durch die Lübecker Innenstadt. Sie hatten den Unterricht entgegen Strafandrohungen durch die Landesregierung boykottiert. In Redebeiträgen zu Beginn der Demo griffen die Redner die Kriegsvorbereitungen der Bundesregierung an. Sie fragten, ob sie jetzt kaputte Schulen verteidigen sollen, wo militärische Aufrüstung weitaus wichtiger sei als Bildung. Ein Sprecher prangerte die Ursachen der imperialistischen Kriege an: „Kriegsgefahr gehört zum Kapitalismus wie der Regen zur Wolke.“ Ein Höhepunkt war ein Stopp der Demo direkt vor dem Gymnasium Katharineum. Schüler schauten aus dem Fenster und wurden in Sprechchören aufgefordert mitzugehen. Und dann kam eine Gruppe unter Jubel aus der Schule und ging auf die Demo zu.
Ein Schüler trug ein Schild mit der Aufschrift „Die Arbeiter haben nichts zu verlieren außer ihre Ketten.“ Darauf angesprochen, berichtete er, dass sie eine Gruppe von Schülern seien, die Marx-Texte studieren. Der sei schon in Ordnung, aber er würde ja nicht den anarchistischen Weg gehen. Von der MLPD hatten sie schon mal gehört, aber sie würden lieber mal direkt etwas von Lenin lesen. „Staat und Revolution“ ist für sie ja eine geeignete Schrift. Sie würden sich melden, wenn sie mit einem Marxisten diskutieren wollen.
Wir hatten noch drei alte REBELL-Magazine vom Mai, die das Ködern von Jugendlichen für die Bundeswehr als Schwerpunktthema hatte. Sie wechselten ganz schnell die Besitzer.
Schulboykott gegen Wehrpflicht in Karlsruhe
Auf einer Kundgebung vor dem Bundesverfassungsgericht mit ca. 300 Teilnehmer*innen wurden in kämpferischen antimilitaristichen Reden die schleichende Einführung der allgemeinen Wehrpflicht verurteilt. Schüler*innen aus der Grundschule zeigten stolz ihre selbst gestalteten Plakate. Die Parole „Keine Wehrpflicht für imperialistische Kriege“ fand viel Beachtung. Mit kämpferischem Elan zogen die Schüler*innen und Sympathisanten anschließend durch die Karlsruher Innenstadt.