Gießen
Faschisierung der Polizei: Gewalt als Konzept
Polizei, bürgerliche Politiker und etliche bürgerliche Medien hetzten vor den Protesten in Gießen schamlos gegen die Antifaschistinnen und Antifaschistinnen und schürten Angst vor dem „linken Mob“. Das entsprach nicht nur eins zu eins der Demagogie der faschistischen AfD – es sollte vorab die brutale Gewalt der Polizei rechtfertigen.
Der hessische Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) forderte von den parlamentarisch-linken Kräften, sie müssten sich dieser Hetze nun anschließen: "Es wäre wünschenswert, dass sich die gemäßigten Linken von diesem Gewaltwochenende von Gießen distanzieren und sich für einen demokratischen Umgang einsetzen auch mit jenen, die wir aus guten Gründen ablehnen und mit denen wir politisch nichts zu tun haben wollen" – die faschistische AfD soll also als politische Kraft legitimiert und jeder antifaschistische Protest kriminalisiert werden.
In völligem Widerspruch zu jedem, auch bürgerlichen Rechtsverständnis rechtfertigen Rhein und Poseck rechtswidrige Maßnahmen und anlasslose Gewalt der Polizei, die es tatsächlich gegeben hat, mit mutmaßlichen Verbrechen, die nie stattfanden – weil sie angeblich mit dieser faschistoiden Gewalt verhindert worden wären.
Dass es ein Gewaltwochenende war, damit zumindest hat Rhein recht: Die Polizei setzte Faustschläge, Schlagstöcke, Pfefferspray und Wasserwerfer (trotz Temperaturen von nur wenigen Grad über null) großzügig und ohne jede Zurückhaltung gegen Menschen jeden Alters ein. Hessens Innenminister Roman Poseck (CDU) spricht insofern völlig richtig von "bürgerkriegsähnlichen Zuständen" – nur, dass sie eben nicht verhindert wurden, und schon gar nicht durch die Polizei. Die Frage ist eher: Wer hier Bürgerkrieg gegen wen geführt?
Wahre Täter und wahre Opfer
20 bis maximal 50 Polizisten sollen leicht verletzt worden sein; wer die Praxis der Polizei kennt, weiß, dass man schon als im Einsatz „leicht verletzt“ gilt, wenn man stolpert. Diese Zahl ist also nicht so ganz mit der Geschichte von einem Gewaltwochenende durch linke Mörderbanden überein zu bringen. Sie legt eher das Gegenteil nahe: Dass die Gewalt von der Polizei ausging.
Wie viele Demonstranten ernsthaft verletzt wurden, weiß aktuell scheinbar niemand genau. Abgesehen von dem unermüdlichen Einsatz der Demo-Sanitäter, die leichte Verletzungen im Dauereinsatz behandelten. Konnten unsere Redakteure vor Ort mindestens fünf Einsätze von Krankenwagen beobachten. Diejenigen, die von der Polizei geschlagen und mit Pfefferspray gequält wurden, aber nicht ärztlich behandelt wurden, kann man gar nicht mehr zählen.