Stahlindustrie

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Der Umbau des Thyssenkrupp-Konzerns schreitet voran

Der Chef von Thyssenkrupp, Miguel Lopez, kommt seinem Ziel näher, dem Umbau des einst führenden Stahl- und Rüstungskonzerns zu einer Konzernholding.

Von gp

Der Rückgang der Bedeutung des Thyssenkrupp-Konzerns auf dem Weltmarkt zu einem Konzern mit europaweiter Bedeutung hängt untrennbar mit der Entwicklung der Stahlindustrie zusammen. Noch bis zu Beginn der 1990er Jahre stand der Name Thyssen vor allem für einen der führenden Stahlkonzerne auf der Welt. Dabei hatte TK um Stahl herum versucht, vor allem durch Zukäufe sich in einen Technolgiekonzern zu verwandeln (Aufzugsparte, Schiffbau, Autozulieferer, Wasserstofferzeuger, usw.)

 

Inzwischen bauten mehr und mehr Länder eine eigene Stahlindustrie auf bzw. bauten ihre aus. Mit dem Entstehen neuer imperialistischer Länder hat sich dieser Prozess beschleunigt. Dazu kam, dass sich die Abhängigkeit von Rohstoffen - vor allem Kohle, Eisenerz und Zusatzstoffe - und der Standort mitten im Land als nicht zu überwindender Nachteil gegenüber den Konkurrenten auswirkte.

 

Das führte dazu, dass Thyssenkrupp Steel den Kampf an die weltweite Spitze der Stahlkonzerne verlor und seine Rolle und Bedeutung sich vor allem auf Europa beschränkt. Die hohe Verschuldung der Stahlsparte, die große Abhängigkeit von konjunkturellen Schwankungen ließ den in verschiedenen anderen Sparten eingefahrenen Gewinn regelmäßig schmelzen. Eine Folge war, dass die Aktionäre von TK jahrelang auf Dividende verzichten oder mit weniger zufrieden sein mussten.

 

Das war der Ausgangspunkt der Pläne von Miguel Lopez zum Umbau des Konzerns in eine Holding: eine Trennung von der Stahlsparte und Verselbständigung der einzelnen Sparten nach der Logik - die Summe der Börsenwerte und die Dividenden der einzelnen verselbstständigten Sparten ist wesentlich höher als der des ganzen Konzerns!

 

Vor wenigen Tagen gab der Vorstand den Verkauf thyssenkrupp Automation Engineering mit rund 1.100 Beschäftigten in zehn Ländern auf drei Kontinenten bekannt. Anfang des Jahres wurde der Verkauf von thyssenkrupp Electrical Steel India Private Ltd. vollzogen.

 

Im August billigte die Hauptversammlung die Abspaltung und den Börsengang der Rüstungssparte Thyssenkrupp Marine Systems. Allerdings bleiben 51 Prozent der Aktien beim Mutterkonzern, der damit nicht nur von den steigenden Gewinnen profitiert, sondern damit auch die Kontrolle behält.

 

Vor einigen Wochen legte der Chef des viertgrößten Stahlkonzerns Indiens, Jindal Steel, überraschend ein unverbindliches Kaufangebot für Thyssenkrupp Stahl vor. Jindal Steel verfügt über den Zugang zu eigenen Rohstoffen und baut in Oman bereits eine Direktreduktionsanlage zur Abkehr von fossilen Energieträgern bei der Stahlproduktion. Jindal will sich weltweit ausdehnen, erhofft sich eine Zukunft auf dem europäischen Stahlmarkt. Beide Seiten äußern sich optimistisch zu bisherigen Verhandlungen. Allerdings geht es dabei nicht nur um wirtschaftliche Interessen, sondern um die strategische Frage, ob sich der deutsche Imperialismus von einem ausländischen Konzern bei der Belieferung eines für die Auto-, Maschinenbau und vor allem Rüstung strategisch wichtigen Grundstoffes abhängig machen will.