Gießen

Gießen

Bürgerkriegsähnliche Zustände

Die Maßnahmen der Polizei verdienten vom ersten Moment an durchaus den Titel einer Bürgerkriegsübung. Bereits um 20 Uhr am Freitagabend, dem Vortag der geplanten Gründungsversammlung der faschistischen AfD-Jugendorganisation „Generation Deutschland“ (GD) war die komplette Innenstadt für alle Fahrzeuge gesperrt.

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Polizisten aus 15 Bundesländern und von der Bundespolizei waren im Einsatz. So sollte die Vorbereitung der antifaschistischen Proteste zu erschwert werden und auf die den Protesten gegenüber positiv eingestellten Gießenerinnen und Gießener Eindruck gemacht werden. Über die Lahn-Brücken kam man zu diesem Zeitpunkt bereits nur noch mit einem Personalausweis, der nachwies, dass man Gießener war. Neben Wasserwerfern fuhr die Polizei auch mehrere Panzerwagen auf.

 

Die Polizei nahm in Gießen eine Beeinträchtigung des Lebens der Anwohnerinnen und Anwohner nicht nur billigend in Kauf, sondern provozierte sie durch eine weitgehende Einschränkung und teilweise Aufhebung der Bewegungsfreiheit und anderer elementarer demokratischer Rechte absichtlich. An jenem Samstag schützte der Staatsapparat die Faschisten offen. Faschistische Delegierte wurden zum Tagungsort im Streifenwagen gefahren, während einfache Leute von den Straßen getrieben wurden.

 

Die Polizei nahm dabei die geringfügigsten Vorkommnisse zum Anlass für brutale Gewalt. Wo sich kein Anlass bot, versuchte sie einen zu schaffen – an der Konrad-Adenauer-Brücke, wo der Lautsprecherwagen des InterBündnis nicht nur eine klare Ausrichtung gab, sondern auch die Ordnung hielt, gab die Polizei alle zehn Minuten mehr oder minder gleichlautende Durchsagen ab, man werde „das Verhalten“ der Antifaschistinnen und Antifaschisten nicht tolerieren und vor „unmittelbarem Zwang“ nicht zurückschrecken – während die Demonstration nur immer wieder forderte, die Polizei solle die Straße frei machen und das grundgesetzlich verankerte Demonstrationsrecht respektieren. Die Polizei tat nichts dergleichen – wagte aber dieser optimistischen und weitgehend disziplinierten Gruppe gegenüber auch nicht, ohne Entschuldigung vor laufenden Kameras Gewalt anzuwenden. Erst, nachdem die Kundgebung vor Ort beendet war, setzte sie Wasserwerfer gegen die letzten Demonstranten ein.