Briefwechsel

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Bemerkungen zum Artikel "70 Jahre Bundeswehr – 70 Jahre Großmachtstreben"

Zum Artikel zu 70 Jahre Bundeswehr, der am 23. November auf Rote Fahne News erschienen ist, schreibt ein Leser:

Bemerkungen zum Artikel "70 Jahre Bundeswehr – 70 Jahre Großmachtstreben"
(rf-foto)

Ich möchte ein paar Bemerkungen zu dem Artikel "70 Jahre Bundeswehr – 70 Jahre Großmachtstreben" machen. Erstens möchte ich die Aussage "Die Verteidigung am Hindukusch, laut Verteidigungsminister Peter Struck (SPD), ist Vergangenheit" infrage stellen. Sicher ist die Bedeutung der Konfrontation mit Russland gewachsen und steht an erster Stelle. Die weltweite Einsatzfähigkeit der Bundeswehr zur Durchsetzung der imperialistischen Interessen Deutschlands ist damit aber nicht "Vergangenheit". 


Die "Verteidigungspolitischen Richtlinien 2023“¹ liefern dafür reichlich Material, u.a. im Abschnitt II.3 "Beiträge zum Erhalt der regelbasierten internationalen Ordnung leisten". Im Abschnitt III.2 über internationales Krisenmanagement heißt es: „Unser militärisches Engagement erfolgt vorrangig unter dem Dach der Vereinten Nationen sowie der NATO und EU. Das Spektrum unserer Beiträge reicht dabei von der Einzelabstellung von Personal über die Entsendung militärischer Beratergruppen sowie mobiler Trainingsteams bis zum Einsatz umfänglich befähigter Kontingente." Das bedeutet nichts anderes als weltweite Militärintervention, mit oder ohne UNO-, NATO- oder EU-Mandat.

 

Zweitens: Unklar ist mir, wie ihr auf die Zahl von 45 Mrd. US-Dollar durchschnittliche Militärausgaben seit Gründung der Bundeswehr kommt. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/183064/umfrage/militaerausgaben-von-deutschland/ zeigt eine Grafik der Militärausgaben von 1953 bis 2024. Daraus ist ersichtlich, dass der Wert von 45 Mrd. erstmals 2008 überschritten wurde. Also in den ersten 55 Jahren der Bundeswehr wurden weniger als 45 Mrd. ausgegeben. Bis 1972, also in den ersten 20 Jahren, lagen die Ausgaben sogar durchwegs unter 10 Mrd. Wenn man die Geldentwertung seitdem einbezieht, war das auch schon sehr viel Geld, aber wie daraus ein Durchschnitt von 45 Mrd. werden soll, sehe ich nicht. ...

Darauf antwortet der Autor des Artikels (Auszug)

Vielen Dank an den aufmerksamen Leserbriefschreiber. ... Die zitierte Aussage: „Deutschland wird am Hindukusch verteidigt“ war zeitbedingt und würde heute von keinem Politiker mehr so formuliert werden. Von daher ist sie tatsächlich Geschichte. Das ist nicht so zu verstehen, als hätte der deutsche Imperialismus seinen Charakter geändert. Aber zwischen der früheren Strategie weltweiter Militäreinsätze mit möglichst im Kaltstart verlegbaren Truppen und den vom Leserbrief auszugsweise zitierten "Verteidigungspolitischen Richtlinien für die Zeitenwende" bestehen große Unterschiede. Im  Gegensatz zu dem Zitat steht diese Änderung gleich am Anfang der Richtlinien und wird auch aus dem Angriff Russlands auf die Ukraine begründet und hergeleitet. Jetzt wird sich konzentriert auf den Umbau der Bundeswehr als strategische Drehscheibe und Aufmarschgebiet der NATO gegenüber Russland. Gleichzeitige internationale Einsätze wie bisher und entsprechende Strukturen sind aktuell weder personell noch finanziell darstellbar.


Beim Hinweis auf die zu hoch angegebenen Gesamtausgaben für Rüstung muss ich dem Leserbrief recht geben. Aus der darin angegebenen Quelle geht nicht hervor, dass jährlich durchschnittlich 45 Milliarden Euro ausgegeben wurden. Im Leserbrief wird für die 70 Jahre Bundeswehr entsprechend der offiziellen Angaben korrekt ein Durchschnitt von 24,9 Mrd. Euro errechnet, was insgesamt 1,743 Billionen Euro ausmachen würde. Auch diese Zahl ist gigantisch und widerlegt das Märchen von der kaputtgesparten Bundeswehr, was Zweck der Aufstellung war. Zumal seit 2015 kontinuierlich gesteigert wurde. Es ist auch Tatsache, dass diese offiziellen Angaben nicht den tatsächlichen für den Militarismus ausgegebenen Summen entsprechen, sondern um einiges darunter liegen. 


In verschiedenen Ministerien tauchen Militärausgaben auf, die im Rüstungshaushalt fehlen, z. B. Aufwendungen für Infrastruktur, Baumaßnahmen, Unterhalt von Liegenschaften und Mietobjekte für Wohnungen von Berufsoldaten, Aufwendungen für die Behandlung und Folgekosten von Invalidität und Kriegsbeschädigungen. Auch fehlt bei den Veröffentlichungen eine Inflations- und Kaufkraftbereinigung. Es gibt auch Ausgaben, die laut Berichten des Bundesrechnungshofs nicht plausibel sind.


Im Mittelpunkt des Kampfs zur  Verhinderung eines Dritten Weltkriegs muss heute zweifellos der aktive Widerstand gegen die geplante Zerstörung der Lebensgrundlagen und damit der Zukunft der Menschheit stehen.

 

Artikel "70 Jahre Bundeswehr – 70 Jahre Großmachtstreben"