Dimitrovgrad/Russland
Streik in russischer Kernforschungsanlage erfolgreich
Am Mittwoch, dem 5. November 2025, legten 300 Arbeiterinnen und Arbeiter beim Bau des Insituts Orgenergostroy in Dimitrovgrad selbstständig die Arbeit nieder – Ihnen war seit zwei Monaten kein Lohn gezahlt worden. Am 14. November versprach das Unternehmen JSC "Institute Organergostroy" (JSC UES) die Forderungen der Streikenden zu erfüllen und zusätzlich Entschädigung zu zahlen.
Bei dem Komplex handelt es sich um einen experimentellen Nuklearreaktor, einem sogenannten „Schnellen-Neutronen-Reaktor“ (MBIR), mit dem Bismut, Blei und Gasen als Kühlmittel für die Reaktion getestet werden. Die Anlage ist ein Prestige-Projekt der Putin-Regierung. Wie Putin selbst Ende September bei der „Word Atomic Week“ geschwärmt hatte, könne dieser Reaktor mit Brennstoff-Mischungen betrieben werden, die zu 95 Prozent aus verbrauchtem Brennstoff bestehen könnten. Die Anlage befindet sich seit 2015 im Bau und soll 2027 fertig gestellt werden.
Vor dem Streik hatte das Nachrichtenportal 73online.ru veröffentlicht, dass der Baufirma der Konkurs drohe. Erste Hinweise, dass die Firma Probleme hat, erschienen Ende letzten Jahres. Dann schränkte das Unternehmen die Finanzierung für viele seiner „sozialen Projekte“ ein. Als der Streik ausgerufen wurde, betrugen die Rückstände bei Lohn- und Urlaubszahlungen mehr als zwei Monate, für die Zahlung von Reisekosten mehr als vier Monate. Darüber hinaus haben zuvor entlassene Arbeiter keine Vergleichszahlungen erhalten. Die Streikenden forderten die Nachzahlung all dieser Gelder. Die Arbeiterinnen und Arbeiter beriefen sich auf Artikel 142 des russischen Arbeitsgesetzbuches, wonach Arbeiter bei Lohnverzögerungen von mehr als 15 Tage die Arbeit bis zur Zahlung des vollen ausstehenden Betrags niederlegen können.
Entschlossener Arbeitskampf führte zum Sieg
Ein selbstständiger Streik beim Bau einer Nuklearanlage, noch dazu einem Prestige-Projekt, hat die Regierung auf den Plan gerufen. Der Leiter der Staatsarbeitsinspektion im Gebiet Uljanowsk reiste im Namen des Gouverneurs Alexej Russin, der die Situation zur Chefsache erklärt hatte, nach Dimitrovgrad. Mit dabei war auch die oberste staatliche Inspektorin für Arbeit im Gebiet Uljanowsk, Natalia Sarkishowa, und den Leiter der Agentur für menschliche Entwicklung und Arbeitsressourcen des Gebiets Uljanowsk, Pavel Kalaschikow. Sie trafen sich mit den Streikenden, um die Wogen zu glätten, versprachen, sich für ihre Rechte einzusetzen, aber die Arbeiterinnen und Arbeiter nahmen die Arbeit nicht wieder auf.
Am 14. November verpflichtete sich schließlich das Unternehmen, bis Ende der Woche die Lohnrückstände ab inklusive September auszuzahlen. Neben der Schuld wird auch eine Entschädigung für die Verzögerung gezahlt. Dieses Beispiel zeigt, dass selbst unter schwierigen Bedingungen wie in Russland zum Kampf entschlossene Arbeiterinnen und Arbeiter ihre Rechte verteidigen können – wir gratulieren zu diesem Erfolg!