Dulger demagogisch
Rentenkampagne: Jung und Alt - nicht gegeneinander ausspielen lassen
Am 19. November machte sich das mit den Monopolverbänden verflochtene „Institut der deutschen Wirtschaft“ in einer Studie (1) ausgerechnet um Arbeiter und kleine Angestellte Sorgen.
Das sogenannte Rentenniveau, wie in der Bundesregierung verabredet, für die kommenden fünf Jahre bei 48 % zu halten, führe zu steigenden Belastungen für die Beitragszahler.
Gezielt ausgeblendet wird die Berechnungsgrundlage. Eine gesetzliche Altersrente auf dem Niveau dieser 48 % vom durchschnittlichen Lohn oder Gehalt erreicht überhaupt nur, wer mindestens 45 Jahre lang Beiträge einzahlen konnte. Das trifft angesichts zunehmender gesundheitlicher Belastungen, Entlassungswellen und gesellschaftlich bedingter Einschränkungen nur noch auf eine Minderheit zu.
Heute schon gelten 3,5 Millionen oder 19,6 % der über 65-Jährigen als armutsgefährdet und müssen zum Lebensunterhalt dazu verdienen. Und ausgeblendet wird auch, dass gerade unter den Arbeiterinnen und Arbeitern viele das Renteneintrittsalter sogar gar nicht mehr erreichen oder nach einigen Monaten Rentenbezug sterben. Arme und hart arbeitende Menschen haben um eine deutlich kürzere Lebenserwartung als Reiche. Es ist daher völlig zynisch, wenn Merz gebetsmühlenartig wiederholt, dass "wir alle" mehr und länger arbeiten müssen. Soll er mal einige Jahre in einer Lackiererei arbeiten!
Auch in der gestrigen Generaldebatte im Bundestag waren die Rentenpläne wieder Thema, wobei Bundeskanzler Merz sich hier mit seiner Forderung nach längerer Lebensarbeitszeit mehr zurückhielt. Die AfD ist gleichzeitig für ein Rentenniveau von 70 Prozent und erhebliche Kürzung der Sozialausgaben.
Der Chef der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) Rainer Dulger legte am 25. November gegenüber dem Institut der Deutschen Wirtschaft demagogisch noch eins drauf: „Die Rente kostet uns Steuerzahler 350 Millionen Euro pro Tag“ (2). Wobei er und seinesgleichen überhaupt nicht zu den viel beschworenen Steuerzahlern gehören, sondern sich einen Großteil der von den Massen aufgebrachten Steuern in Form von Industriesubventionen, staatlichen Investitionen in die benötigte Infrastruktur sowie sprunghaft steigenden Rüstungsaufträgen aneignen.
Bei allem Druck, der von den Monopolen für eine massive Verschärfung der Rentenpläne gemacht wird, ist das angewandte Motto „teile und herrsche“ Ausdruck ihrer Defensive. In Belgien findet seit gestern ein Generalstreik gegen den Rentenraub (3) statt. In Frankreich sind Präsident Emmanuel Macron und mehrere seiner Premierminister an Massenkämpfen gegen eine Erhöhung des Renteneintrittsalters von 62 auf 65 Jahre gescheitert.
Das Konstrukt eines angeblichen Generationenvertrags, nach dem die jeweiligen Beitragszahler in Arbeit die Renten der vorherigen Generation finanzieren müssten, ist grundsätzlich infrage zu stellen. Es wurde vom damaligen Kanzler Adenauer am 21.01.1957 eingeführt (4), um aus den Rücklagen der Rentenversicherung vor allem die damalige Remilitarisierung und Aufrüstung der Bundeswehr zu finanzieren – eine historische Parallele zu heutigen Situation. Wieso soll überhaupt die junge Generation die Rentner finanzieren? Die Rente ist Bestandteil des Lohns der Arbeiter und muss deshalb von den Kapitalisten bezahlt werden. Der sogenannte Generationenvertrag soll gerade vertuschen, dass sich die Kapitalisten aus der Verantwortung für die komplette Rentenzahlung schleichen. Er soll einen Verteilungskampf zwischen Jung und Alt anstacheln, statt den Kampf gegen die Kapitalisten um ein würdiges Leben im Alter als Bestandteil des Lohnes zu fördern.
Die Arbeitsproduktivität steigt Jahr um Jahr viel schneller als die Zahl der Rentner. Der Anteil der Rentenausgaben am Bruttosozialprodukt sank seit 2004 von damals 10,8 % auf 9,4 % 2023. Während die Beschäftigten über 20 % ihres Einkommens an Sozialabgaben zahlen, führen Unternehmen nur noch 3,8 % ihres Umsatzes an die Sozialversicherung ab (5).
Die MLPD schlägt eine grundsätzlich andere Richtung ein. Geld ist mehr als genug vorhanden! Sie fordert ein umlagefinanziertes System, wo die Sozialversicherungsbeiträge zu 100 % von den Unternehmen getragen werden. Mit einer umsatzbezogenen Sozialsteuer von 8 % auf die jeweiligen Umsätze werden vor allem die großen Monopole zur Kasse gebeten. Das beinhaltet die Erhöhung des Rentenniveaus auf 70 % mit Herabsetzung des Renteneintrittsalters auf 60 Jahre für Männer und 55 Jahre für Frauen sowie Schicht- und Schwerarbeiter bei vollem Rentenausgleich. Keine Besteuerung von Rentenbezügen, gleiche Rentenhöhe in Ost und West auf Westniveau!
Die heutige Kulmination von Krisen wirft zugleich die Frage nach einer grundsätzlichen Lösung dieses schreienden Widerspruchs auf. Der echte Sozialismus stellt wirklich den Mensch in den Mittelpunkt. Im sozialistischen China zu Zeiten von Mao Zedong wurde 1951, als gerade mal das Niveau von Entwicklungsländern erreicht war, das Renteneintrittsalter für Männer auf 60 und für Frauen auf 55 Jahre festgelegt sowie ein Rentenniveau von 70% des Standardlohns bei voller Erwerbsdauer garantiert. Finanziert wurde das durch eine Abgabe der Betriebe im Verhältnis zu ihrer Lohnsumme (6).