Internationalen Arbeitereinheit
Arbeiter lernen von einander, wie man kämpft
Ab dem 8. November waren der Vorsitzende der griechischen Seeleute-Gewerkschaft PENEN, Antonios Dalakogeorgos, und seine Frau Elephteria zu Besuch in Hamburg, später dann auch noch in Rotterdam. Sie waren der Einladung des internationalen Hafenarbeiter-Erfahrungsaustauschs¹ gefolgt und absolvierten ein stattliches Besuchsprogramm. Ziel des Besuchs waren der Austausch über die Kämpfe der Arbeiter in Griechenland, Deutschland und den Niederlanden, das gegenseitige voneinander Lernen und das Klären von Fragen, die die Arbeiterinnen und Arbeiter und die werktätigen Massen in den Ländern beschäftigen. Das Programm umfasst nicht nur Hamburg – mit Hafenrundfahrt, und Besuch im Hafen, Gesprächen mit Hafenarbeitern und Seeleuten im Duckdalben (Seemannsmission), sondern auch zwei Veranstaltungen (unter anderem bei der offenen Akademie in Göttingen), zahlreiche Gespräche etc.
Am Dienstag, den 11. November, fand eine tolle Veranstaltung in der Seemannsmission Hamburg-Altona mit über 60 Besucherinnen und Besuchern statt. Martin Behrens von der Diakonie stellte gleich zu Beginn die Seemannsmission vor – und war von der Vielzahl der Besucher beeindruckt. Gekommen waren Hafenarbeiterinnen und Hafenarbeiter, darunter Vertrauensleute und Vertrauensleutesprecher, eine Delegation von Flugzeugbauern von Airbus, eine Vertreterin der Jugendausbildungsvertretung von Airbus, ein Personalrat aus dem Bereich der evangelischen Kirche, Vertreter der Gewerkschaftslinken in Hamburg (Jour fixe) und von der Initiative gegen die Militarisierung des Hafens. Der ganze Abend wurde von der medienpädagogischen Anstalt in Hamburg filmisch dokumentiert.
Blick in die Zukunft
Joachim Griesbaum begrüßte für die Koordinierungsgruppe des Hafenarbeiter-Erfahrungsaustauschs: "Wir wollen mit unserer Veranstaltung einen Beitrag leisten, wie Hafenarbeiter und Seeleute international, organisiert zusammenarbeiten können. Dafür sind die Erfahrungen aus Griechenland sehr bedeutend. Die Erfahrungen der Kämpfer, Hafenarbeiter und Seeleute haben auch deswegen eine große Bedeutung, weil sie einen Ausblick darauf geben, welche Anforderungen vor uns stehen, dass die Arbeiterklasse ihre führende Rolle im Kampf gegen akute Weltkriegsgefahr, den Faschismus und seine Wegbereiter in der Rechtsentwicklung, gegen die Zerstörung der Umwelt und für den Freiheitskampf – nicht nur in Palästina – wahrnehmen kann."
Es folgte die Rede von Antonios. Er berichtete, dass seine Gewerkschaft der Seeleute eine der ältesten Gewerkschaften in Griechenland ist. Heute umfasst sie ca. 5000 Mitglieder auf griechischen Schiffen rund um den Erdball. Er berichtet über den erfolgreichen zehntägigen Streik im Sommer dieses Jahres. Es war der kämpferischste Streik der Seeleute in den letzten 50 Jahren. "Wir hatten eine so große, herzliche und breite Solidarität von vielen Arbeitern und Menschen und bei einigen Kindern und Jugendlichen: mit täglichen Streikversammlungen, der Bildung von Streikausschüssen auf jedem Schiff und den gemeinsam gefassten täglichen Beschlüssen wurden wir zu einer starken Faust."
Der Streik wurde um höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen geführt. Er endete mit einem weitgehenden Erfolg der Seeleute: Die Kapitalisten verpflichteten sich, keine Strafverfolgung wegen des Streiks vorzunehmen und auch keine Versetzung von Seeleitleuten auf andere Schiffe. Sie haben eine monatliche Zulage in Höhe von 300 Euro ab dem 1. Juni 2025 erkämpft. Und die Reeder haben sich verpflichtet, auf jeder Schicht einen weiteren Seemann einzustellen, um die Arbeitshetze zu mildern.
Führend in der Palästina-Solidarität
Schon mit Beginn des Gazakriegs, den die faschistische Regierung Israels führt, entwickelte PENEN eine große Solidarität mit dem Freiheitskampf des palästinensischen Volkes – zusammen mit anderen griechischen Gewerkschaften und linken Organisationen. Sie organisierten Versammlungen zur Diskussion, erste Blockaden gegen Schiffe mit Ausrüstung für Israel und ganze Streiktage. Verschmitzt berichtet er, wie sie den einen oder anderen Container, der für Israel bestimmt war, auf verschlungenen Wegen wieder an die Absender zurückschicken. Ganze Schiffe konnten den Hafen nicht anlaufen und mussten den Weg nach Malta nehmen …
GAZA soll leben!
Alles in allem viel Stoff für die Diskussion, die sehr lebhaft und solidarisch geführt wurde. Die Besucher interessierten sich dafür, wie es gelingt, eine Palästina-Solidarität in der Arbeiterschaft und mit und in den Gewerkschaften zu organisieren. Dabei gab es eine wichtige Auseinandersetzung mit Genossen von der Spartakist–Arbeiterpartei, die in ihren Beiträgen einseitig die rechten Gewerkschaftsführungen kritisierten. Hier wurde entsprechend durch den Hafenarbeiter-Erfahrungsaustausch überzeugend argumentiert, dass wir natürlich die Klassenzusammenarbeitspolitik angreifen. Aber Hauptgegner sind die Hafenkapitalisten, die Reeder und mit ihnen verbundenen Regierungen. Das darf niemals vergessen werden.
Die Gewerkschaften in Deutschland haben einen Doppelcharakter: Die rechte Gewerkschaftsbürokratie ist in das kapitalistische System regelrecht integriert, aber die Gewerkschaften können durch den Kampf der Millionen Gewerkschaftsmitglieder (etwa 5 Millionen in Deutschland) auch zu Kampforganisationen in Sachen Löhne, Arbeitszeiten usw. werden. Es gilt, die Masse der Gewerkschaftsmitglieder für die Palästina-Solidarität, wie für den Freiheitskampf der Arbeiterinnen und Arbeiter überhaupt zu gewinnen. Und die Diskussion zeigte, wie wichtig es ist, dass die Arbeiterbewegung eine feste Orientierung an der revolutionären Arbeiterpartei hat.
Passend dazu berichtete ein Vertreter der Kreisleitung der MLPD, welchen Wert sie auf den Aufbau von Betriebsgruppen und auf die positive Gewerkschaftsarbeit legen.
Großes Interesse gab es auch an einem Beitrag von Solidarität International und an dem einer ICOR²-Brigadistin, die zusammen mit 170 anderen vor zehn Jahren das Gesundheitszentrum in Kobanê / Syrien aufgebaut hat. Sie stellte die Bewegung "Gaza soll leben!" vor und informierte über die aktuellen Ziele: Hier werden Spenden für die medizinische Versorgung in Gaza gesammelt. Schon fast 100 Menschen haben sich für die Brigaden zum Aufbau von Gesundheitsstationen in Gaza gemeldet!
Arbeiter-Solidarität wächst
Beiträge von Flugzeugbauern berichteten von ihrer (gewerkschaftlichen) Arbeit im Airbus-Konzern. Sie haben eine Arbeitsgruppe gegen die AfD-Faschisten auf die Beine gestellt. Für einen Beitrag zur Solidarität mit Palästina auf einer Betriebsversammlung gab es großen Beifall aus dem Kreis von 5000 Kolleginnen und Kollegen! Und eine Jugendvertreterin betonte, wie wichtig und mutmachend solche Berichte von internationalen Kämpfen sind.
Antonios und der Vertreter des Hafenarbeiter-Erfahrungsaustauschs betonten am Ende der Veranstaltung, wie notwendig die internationale Zusammenarbeit ist: "Die verschiedenen Kämpfe sind sehr bedeutend. Aber oftmals finden sie noch nach Ländern getrennt, zeitlich versetzt und mit wenig gegenseitiger Absprache statt. Die Solidarität der Hafenarbeiter steht außer Frage. Aber wir müssen auch mit Einflüssen von Seiten der Faschisten, durch Nationalismus oder Rassismus, fertigwerden. Dafür brauchen wir ein höheres Niveau der länderübergreifenden Koordinierung und Kooperation."
Mit einer tollen Verpflegung (griechische Vorspeisenteller!), den Möglichkeiten, selbst in der Palästina-Solidarität und in der Unterstützung der Hafenarbeiter aktiv zu werden, einem tollen Rap zur Situation im Hamburger Hafen am Ende und der Übergabe von Gastgeschenken ging die sehr ergreifende Veranstaltung zu Ende.