Korruptionsskandal in der Ukraine

Korruptionsskandal in der Ukraine

Energoatom-Affäre zeigt das System Selenskyj

Die Bevölkerung ist empört: Seit fast fast vier Jahren leiden die Menschen in der Ukraine unter dem Krieg: etwa 100 000 sind tot, etwa 450 000 wurden verletzt. 290 000 Soldaten sind vor der Hölle der Front geflohen. Jetzt wird ein Skandal aufgedeckt, der bis in die Regierung reicht: Mindestens 100 Millionen Dollar, gestohlen. Geld, was eigentlich für den Schutz der Infrastruktur vor den russischen Angriffen gedacht war.

Von fu
Energoatom-Affäre zeigt das System Selenskyj
Der Korruptionsskandal macht Selenskyj und seiner Führungsriege zurecht große Sorgen. Wie lange werden die breiten Massen einen solchen Staatsführer noch tolerieren? (Bild: gemeinfrei)

Am 10. November 2025 kündigte das Nationale Antikorruptionsbüro der Ukraine (NABU) die Untersuchungen bei Energoatom an, das staatliche Unternehmen, welches die vier Kernkraftwerke in der Ukraine (Saporischschja, Riwne, Südukraine und Chmelnyzkyj) betreibt - und der größte Stromerzeuger in der Ukraine.

Operation Midas

Der Codename der Kommission, benannt nach dem Märchenkönig, dessen Berührung alles zu Gold werden lässt. 15 Monate liefen die Ermittlungen des Nationalen Antikorruptionsbüro, das der Sonderstaatsanwaltschaft zur Korruptionsbekämpfung (SAPO) untersteht, bisher. Laut NABU hätten ein Regierungsberater und der Sicherheitsdirektor von Energoatom die Kontrolle über die Einkäufe des Unternehmens übernommen und Auftragnehmer gezwungen, eine "Gebühr" von 10 bis 15 Prozent zu zahlen. Ansonsten wurden ihre Verträge blockiert. Die Behörde sammelte 1 000 Stunden Telefon- und Audioaufzeichnungen als Beweismaterial. Danach wurde der Aufsichtsrat von Energoatom entlassen, und Justizminister German Galushchenko und Energieministerin Svitlana Grynchuk traten zurück, nachdem Präsident Selenskyj sie zum Rücktritt aufgefordert hatte. Zumindest sieben Personen werden als Beteiligte verdächtig, fünf Personen sind in Haft.

Mindichgate für Selenskyj-Regierung

Mindichgate, so haben englischsprachige ukrainische Medien die Energoatom-Affäre mittlerweile in Anlehnung an den Watergate-Skandal, der US-Präsident Nixon seinerzeit in den USA zu Fall brachte, getauft. Das gibt eine Vorstellung davon, wie groß das Potenzial dieser Affäre ist, zur Regierungs- und damit unter den gegebenen Umständen auch Staatskrise zu werden. Ein Grund dafür ist, dass Selenskyj sowohl Beziehungen zu mehreren Beschuldigten hat, als auch alles getan hat, um eine unabhängige Antikorruptionsbehörde und damit Ermittlungen und Aufklärung zu verhindern. Erst im Juli diesen Jahres hatte er ein Gesetz verabschiedet, um die Unabhängigkeit der Antikorruptionsbehörden einzuschränken. Es kam trotz Kriegsrechts über mehrere Tage in weiten Teilen des Landes zu Protesten gegen das Gesetz kam.

 

Ein Hauptbeschuldigter ist Timur Minditsch. Selenskyj kannte Minditsch gut. Als Selenskyj noch nur ein Schauspieler war, war Minditsch ein Geschäftspartner seines ehemaligen Produzenten und späteren (nachdem Selenskyj ukrainscher Präsident wurde) 1. Assistenten, Serhiy Shefir. Minditsch und seine Komplizen haben sich scheinbar sowohl als direkte Kriegsgewinnler an dem überteuerten Verkauf von FPV-Drohnen, als auch an dem Energiesektor bereichert. Viel verkommener kann man gewiss nicht sein. Dass es Minditsch und seinem Bruder nur Stunden vor den Durchsuchungen gelang, ins Ausland zu flüchten, war ohne weitere Hilfe „von oben“ unmöglich. Nach der aktuellen ukrainischen Gesetzgebung im wehrpflichtigen Alter, er hätte also nicht ausreisen können dürfen.

 

Nach all dem Gerede von der Verteidigung der Freiheit und der Demokratie zeigt sich sehr deutlich der wahre Charakter der ukrainischen Staats: Es ist ein kapitalistischer Staat, der bis ins Mark korrupt ist, dessen Würdenträger sich die Taschen füllen, einander decken wenn sie den Einfluss haben - und einander fallen lassen, wenn es sich anbietet. Das ist das System, für das die einfachen Ukrainer in den Schützengräben elend verrecken sollen!

Die Elite stiehlt, während wir frieren

Man kann sich vorstellen, welche Gefühle bei den Ukrainerinnen und Ukrainern geweckt werden, wenn sie sehen, dass sich Regierungsmitglieder und deren Bekannte die Taschen füllen. Und das alles auf Kosten ihrer Sicherheit, ihrer Energieversorgung, wo doch die russische Armee gerade jetzt die Energieversorgung angreift, um die Zivilbevölkerung zu terrorisieren. Die einfachen Leute auf der Straße sind ähnlich empört, wie die Soldaten an der Front.

 

Die miserable Situation an der Front tut ein Übriges. Pokrowsk ist gefallen, die ukrainischen Linien schwanken und die Versorgung an der Front ist so unzulänglich, dass zum ersten Mal seit dem Ersten Weltkrieg Gasbrand wieder zu einem relevanten Problem im Sanitätsdienst einer Armee geworden ist. Die Wunden sind so schlecht versorgt, dass sie faulen. Dem einfachen Soldaten fehlt jedes Verständnis für einen Menschen wie Timur Minditsch, der sich nicht nur auf ihre Kosten bereichert, sondern dabei auch skrupellos in Kauf nimmt, dass ihre Familien im Hinterland diesen Winter frieren müssen.

 

Gerade jetzt wo der Winter beginnt, zeigt dieser Skandal die ganze Skrupellosigkeit und Heuchelei der ukrainischen Führungsclique und der mit ihnen verbündeten Oligarchen. Diese offene Verachtung gegenüber den elementarsten Bedürfnissen der leidenden Bevölkerung fördert aber nicht nur Empörung – sondern auch immer mehr Zorn.