Rollback in der Klimapolitik

Rollback in der Klimapolitik

Die neue „politische Vernunft“ – Das Klima im Würgegriff eines rücksichtslosen Geschachers um fossile Energie

Während auf der COP 30 in Brasilien Regierungsvertreter großer Industrienationen zu schauspielerischen Höchstleistungen auflaufen, um den Klimaschutz, trotz neuer Rekorde im CO₂-Ausstoß, weiterhin als eine Herzensangelegenheit ihrer Regierung zu verkaufen, laufen die weltweiten Geschäfte mit fossilen Rohstoffen verstärkt auf Hochtouren.

Von jz
Die neue „politische Vernunft“ – Das Klima im Würgegriff eines rücksichtslosen Geschachers um fossile Energie
(shutterstock_1667830870)

Ganz vorne mit dabei: die USA. Als führender Repräsentant der faschistischen Klimaleugnerbewegung boykottiert US-Präsident Donald Trump die COP in Brasilien. Und nachdem er als Friedensstifter im Krieg zwischen Russland und der Ukraine kläglich gescheitert ist, legt er als Dienstleister der US‑Monopole einen besonderen Fokus darauf, diesen grausamen Krieg als ein möglichst lukratives Geschäftsfeld zu nutzen.


Neben neuen Rüstungsaufträgen forciert Trump vor allem den Verkauf von Flüssiggas made in USA. So hat die EU vor wenigen Wochen mit tatkräftiger Unterstützung des US-Präsidenten bis 2027 ein EU-weites Importverbot für Flüssiggas aus Russland beschlossen. Russisches Pipeline- und Flüssiggas (LNG) machten nach Kommissionsangaben im vergangenen Jahr rund 19 Prozent der Gasimporte aller 27 EU-Staaten aus. Dafür Ersatz zu schaffen, ist eine neue sprudelnde Profitquelle, vor allem für die Öl- und Gaskonzerne aus den USA. 


In diesem Zusammenhang hatten schon Anfang November Griechenland, Bulgarien, Rumänien, Moldau und die Ukraine unter Federführung der USA beschlossen, die zwischen den Ländern bereits existierende Nord-Süd-Pipeline auszubauen. Die Kriegsmaschinerien der Ukraine und Russlands verschlingen gigantische Mengen an fossilen Treibstoffen. Woche für Woche werden zusätzlich ganze Treibstofflager und Raffinerien durch militärische Angriffe in die Luft gesprengt. Aufgrund der großen Zerstörungen der Gasinfrastruktur hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj vor wenigen Tagen mit dem griechischen Präsidenten ausgehandelt, schon im Januar nächsten Jahres durch diese Pipeline mit Flüssiggas beliefert werden zu können - natürlich aus den USA.

 

Auch Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) verweilt, mit dem Persönlichen Beauftragten für Investitionen des Bundeskanzlers, Martin Blessing, im Schlepptau, zurzeit in der Golfregion, um den massiven Ausbau von Gaskraftwerken mit den dafür notwendigen fossilen Brennstoffen zu befeuern. "Wir wollen unsere Partnerschaften vor Ort vertiefen", sagte Reiche kurz vor ihrer Reise vor Journalisten. "Auch im Bereich der Rohstoffpartnerschaften." Deutschland müsse nun zeigen, dass man zurückgekehrt sei zur "politischen Vernunft". Diese „Vernunft“ besteht bekanntermaßen darin, bitter notwendige Klimaschutzmaßnahmen rücksichtslos über Bord zu werfen und den Monopolen den aus den CO2-Schleudern gewonnenen Strom zu einem Spottpreis zur Verfügung zu stellen. 


Sie ist schließlich die Ministerin eines Kanzlers, der schon im Sommer dieses Jahres im Bundestag eine peinlich anmutende Kapitulationserklärung in Sachen Klimaschutz von sich gab: "Wenn wir alle zusammen morgen in Deutschland klimaneutral wären, würde keine einzige Naturkatastrophe auf dieser Welt weniger geschehen"¹


Um die Zuneigung der Monarchen reaktionärster Prägung für die Lieferung von Flüssiggas zu gewinnen, hat Ministerin Reiche ein besonderes Gastgeschenk im Gepäck. In enger Zusammenarbeit mit der EU-Administration soll in einem Gesamtwert von zwölf Milliarden Euro die bisher größte Übernahme eines deutschen Konzerns durch ein arabisches Staatsunternehmen abgewickelt werden. Dabei geht es um die Übernahme des Leverkusener Kunststoffherstellers Covestro durch den Ölkonzern Adnoc der Vereinigten Arabischen Emirate. 


Dieser Deal wirft ein abgründiges Licht auf das in diesem Jahr gescheiterte Abkommen zur Reduzierung der weltweiten Produktion von Plastik. Das Abkommen ist bekanntlich an dem Veto erdölproduzierender Staaten gescheitert, die mit verstärkten Investitionen in die Herstellung von Kunststoffen einen zusätzlichen Absatzmarkt für die Nutzung ihres Öls suchen. Auch dem Emir in Katar wird Reiche einen Besuch abstatten. Emir Al-Thani hat in der Vergangenheit der EU mehrmals mit einem Lieferstopp von Flüssiggas gedroht, falls das Lieferkettengesetz zur Eindämmung umweltschädlicher Produktion nicht drastisch gelockert wird. Mit dieser Forderung wird er bei der Ministerin mit Sicherheit mehr als offene Türen einrennen. Vor wenigen Tagen hat sich das EU-Parlament diesem Druck gebeugt und das Gesetz entsprechend noch weiter verwässert.

 

Als einzige, tatsächlich „politisch vernünftige“ Antwort auf dieses rücksichtslose Geschacher imperialistischer Umweltverbrecher gilt mehr als denn je: „Nehmt ihnen die Welt aus der Hand, eh sie verbrannt!“