Familienpolitik
Das „positive Familienbild“ der Bundesfamilienministerin Prien
Die Frauen der Welt sehen sich immer schwierigeren Lebensverhältnissen gegenüber, die der Imperialismus mit seinen allseitigen Krisen bis hin zur Existenzgefährdung der Menschheit den breiten Massen, insbesondere aber den Frauen aufdrückt. Kein Wunder, dass weltweit immer weniger Kinder zur Welt kommen.
Die Anzahl der Kinder, die eine Frau durchschnittlich bekommt, ist seit den 1960er Jahren weltweit kontinuierlich zurückgegangen, von damals 5,1 auf 2,4 2017. In Deutschland liegt diese Zahl bei 1,4. In Gesellschaften mit geringer Säuglings- und Kindersterblichkeit müssten rechnerisch etwa 2,1 Kinder pro Frau geboren werden, um die Bevölkerung langfristig auf einem konstanten Niveau zu halten.¹
Bundesfamilienministerin Prien will mit einem „positiven Familienbild“ den angeblichen Egoismus junger Menschen überwinden. Im einem Interview mit dem ZDF wurde ihr die Frage gestellt: „Viele Familien sagen, steigende Kosten lassen sie an einem zweiten oder dritten Kind zweifeln. Ist das nicht am Ende eine Geldfrage?“ Zunächst verweist sie auf die familienpolitische Leistungen des Staates wie Kindergeld und -zuschlag ins Feld, als ob damit die Steigerung der Lebenshaltungskosten wie explosiven Mietserhöhungen ausgeglichen werden könnten. Dann kommt sie zu des Pudels Kern: „Aber ohne dass sich das Mindset verändert und junge Menschen bereit sind, auch eine Priorität auf Familie zu setzen, wird es nicht gehen. Wahlfreiheit heißt auch, auf Dinge zu verzichten.“² Das sind ja die Bundesregierung und die Leute in den Vorstandsetagen der Konzerne und Banken ein gutes Vorbild. Sie wollen für sich alles: mehr Ausbeutung und Profite, längere Arbeitszeiten, mehr Frauen in Vollzeitarbeit, Einschränkung von sozialen Leistungen und Umweltschutzmaßnahmen und vorallem „Kriegsfähigkeit“ für den Kampf um Macht und Einfluss in aller Welt. Für sie ist die Einzelfamilie nur interessant, damit die Profitwirtschaft funktioniert. Diese soll für den Nachwuchs an Arbeitskräften und ihre Regeneration, genügend Soldatinnen und Soldaten und für die Stabilität der Gesellschaft sorgen. Die Kosten und Lasten dafür sollen sie selber tragen. Diese bürgerliche Familienordnung ist im Kapitalismus unverzichtbares Gegenstück zur Ausbeutung der Lohnarbeit und verbunden mit der besonderen Unterdrückung der Frauen.
Die meisten Frauen wollen arbeiten, auf eigenen Füßen stehen und gleichzeitig Familie und Kinder haben und die Familien kommen heute ohne ihren Lohn meistens nicht aus. In den letzten 25 Jahren ist die Erwerbstätigenquote von Frauen von knapp 60 Prozent auf über 77 Prozent im Jahr 2023 angestiegen – ein Riesenfortschritt. Aber fast die Hälfte der Frauen arbeitet in Teilzeit und das aus gutem Grund.³ Die „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ erweist sich im Kapitalismus immer mehr als Mythos. Die Frauen müssen wahre Lebenskünstlerinnen sein um Arbeit, Kindererziehung, Pflege, eben das ganze Leben zu organisieren.
Auf eine Anfrage im Bundestag musste die Bundesregierung aktuell zugeben, dass 331.000 Kita-Plätze für unter dreijährige Kinder und 152.000 für Drei- bis Sechsjährige fehlen.⁴ Die Bertelsmann-Stiftung mahnt in einer Studie vom 30.09.25 an, dass der Anteil der Fachkräfte in den KiTas in 10 Bundesländern immer weiter sinke und dies eine qualifizierte pädagogische Arbeit gefährde.⁵ So erreichen in Frankfurt/Main nur 15,1 Prozent der Kitas eine hohe Fachkraftquote.⁶ „Der Teufelskreis aus Dequalifizierung, Deprofessionalisierung, Überlastung und Personalmangel setzt sich weiter fort. Gerade in NRW wird erneut deutlich, wie stark die Kassenlage der Kommunen den Einsatz qualifizierter Fachkräfte bestimmt. Kinder und Beschäftigte dürfen nicht unter diesen Strukturproblemen leiden.“, so Gabriele Schmitt, Landesbezirksleiterin Ver.di NRW.⁷
Eine positive Lösung für diese Situation hat bei Bundesministerin Prien keine Priorität. „Alle Ausbildungswege sind offen - klassische Ausbildung, Quereinstieg, Teilzeit (...). Aber die Zahl der jungen Menschen sinkt, sie konkurrieren mit Pflege und Medizin. (...) Unser Anspruch ist sehr hoch (...). Um Verlässlichkeit sicherzustellen, wird man an der einen oder anderen Stelle Abstriche machen müssen.“ Ja, Mütter und Väter haben hohe Ansprüche – sie wollen ihre Kinder nicht nur zur Aufbewahrung abgeben. Die MLPD unterstützt voll und ganz den Kampf von Eltern und Beschäftigten für diese hohen Ansprüche. Sie forderte eine kostenlose, ausreichende und qualifizierte Kinderbetreuung und Entlastung der Frauen und Familien anstatt ihnen immer mehr gesellschaftlich notwendige Aufgaben aufzubürden.
Frau Prien schiebt dagegen den Frauen, die beruflich zurückstecken müssen, den Schwarzen Peter zu: „Natürlich können sie Karriere machen, auch Top-Karriere. Aber sie müssen Kinderbetreuung organisieren - mit Partner, Familie, Freunden (...). Und ja, das wird anstrengend, weil die Kita keine 16-Stunden-Lösung bietet.“ Was für eine Überheblichkeit! Und schon gar keine positive Lösung. Schließlich sagt sie damit nur: Euer Problem!
Die MLPD ermutigt auch die Frauen deshalb zum Einsatz im Kampf um eine sozialistische Gesellschaft. Dort wird nicht nur die Ausbeutung abgeschafft, sondern Stück für Stück die gesellschaftliche Organisierung aller gesellschaftlichen Aufgaben aufgebaut, und das bedeutet die wirkliche Befreiung der Frau und eine neue Form der Familie ohne Abhängigkeiten.