Trotz Nvidia-Höchstgewinnen

Trotz Nvidia-Höchstgewinnen

Börsen-Grollen kündigt KI-Beben an

Die Fassade sieht prächtig aus – doch dahinter kracht es im Gebälk! Der KI-Boom stockt trotz der am Donnerstag verkündeten blendenden Geschäftszahlen von Nvidia. Tage vor ihrer Verkündung machte sich an den Börsen schon große Nervosität breit – immer mehr Spekulanten aus den Chefetagen der Großbanken, internationalen Monopolen sowie den Finanzhaien wurde es mulmig. Dass sich eine riesige, gefährliche KI-Blase gebildet hat, war kaum mehr eine Frage. Nur die Chefs der KI-Monopole von Nvidia, Google, Microsoft und Co. verbreiteten noch Optimismus.

Von ba
Börsen-Grollen kündigt KI-Beben an
Die Instabilität unterstreicht die Fährlichtkeit der zunehmenden Abhängigkeit von der KI-Blase. (Bild: Anne Nygård; Lizenz: Pexels)

Dann das Aufatmen! Der Umsatz Nvidias, wegen seiner herausragenden Stellung bei der Chipproduktion der KI-Liebling der Spekulanten, sei im dritten Geschäftsquartal um 62 Prozent auf 57 Milliarden Dollar gestiegen. Und der Gewinn habe ähnlich stark auf 31,9 Milliarden Dollar und 1,30 Dollar je Aktie zugelegt. Doch das löste nur eine vorübergehende Euphorie aus. Der Kursrutsch der Börsenindexe seit Anfang November hielt nur kurz inne und setzte sich dann fort. Sogar für Nvidia-Aktien ging es ins Minus. Schon am nächsten Tag fiel die Nvidia-Aktie um 3,2 Prozent. Auch andere Tech-Aktien sackten weiter ab. Unterdessen müssen die sechs größten Börsen der westlichen Welt einen Kursrutsch zwischen drei und acht Prozent hinnehmen. Und der Krypto-Vorreiter Bitcoin hat gar innerhalb von eineinhalb Monaten über dreißig Prozent seines Kurswertes eingebüßt – ungebremst vom Nvidia-Hype. Selbst die spektakulären Gewinne Nvidias konnten also die tiefer liegenden Ängste der Spekulanten vor einem Platzen der KI-Blase nicht in freudige Erwartung verwandeln.

Geld läuft im Kreis

Was ist da los? Verschiedene Faktoren wirken dabei zusammen. Erstens sind die Umsätze und Gewinne von Nvidia und auch anderer KI-Monopole trügerisch. Die großen KI-Monopole sind vielfach untereinander verflochten – als Kunden, Zulieferer und Investoren. Hunderte von Milliarden Dollar umfassen gegenseitige Investitionen zwischen Nvidia und seinen Abnehmern wie dem Cloud-Anbieter Microsoft und dem Sprachmodellentwickler OpenAI. Dazu kommen ebenso riesige gegenseitigen Käufe und Verkäufe. In dieser Woche z.B. haben Nvidia und Microsoft angekündigt, jeweils mehrere Milliarden Dollar in das KI-Start-up Anthropic zu investieren. Das Unternehmen aus San Francisco hat wiederum zugesagt, Rechenkapazitäten von Nvidia und Microsoft zu kaufen. Oracle und OpenAI arbeiten zurzeit mit der japanischen SoftBank-Gruppe an Plänen, 500 Milliarden Dollar für zusätzliche Rechenzentren auszugeben. SoftBank hält selbst wiederum Anteile im Wert von 3 Milliarden Dollar an Nvidia.

 

Dieses „zirkuläre Finanzsystem“, erzeugt so den Eindruck ununterbrochen wachsender Nachfrage. Diese Kapitalflüsse innerhalb des KI-Systems treiben seine Umsätze und Gewinne bei relativ geringer realer Wertschöpfung hoch – losgelöst von der Enwickung in anderen Branchen. Das zeigt, wie sehr die Bilanzen konstruiert sind und der KI-Boom auf Sand gebaut ist. Ein einziges schwaches Glied könnte mit seinem Straucheln zudem das Überleben der gesamten Branche gefährden.

Stockender Absatz und zweifelhafte Leistung

Hintergrund des stockenden Absatzes in anderen Bereichen ist zum einen, dass die umfangreichen Investitionen in KI-Technologie notwendigerweise eine erhebliche Ausdehnung von Produktion und Absatz erfordert, um sich zu amortisieren. Das ist - vor allem in den westlichen imperialistischen Ländern – angesichts der Stagnation der Industrieproduktion wegen überfüllter Absatzmärkte ausgesprochen fragwürdig. Zugleich sinkt bei solch einer massiven Neuanlage von Kapital das Verhältnis zwischen aufgewendetem Kapital und realisierbaren Gewinnen.

 

Aber auch Zweifel an der Effizienz der KI mehren sich. Viele Big-Tech-Unternehmen setzen die Nutzungsdauer ihrer rasch veraltenden KI-Server viel zu lang an – und blähen damit die zu erwartenden Gewinne künstlich auf. Auch die Lebensdauer der Nvidia-Chips wird von Experten kritisch beäugt. Stacy Rasgon, Analystin der Investmentfirma Bernstein, erklärte gegenüber Investoren, dass es fraglich sei, „ob GPUs¹ wirklich sechs bis sieben Jahre lang laufen können, bevor sie etwa durch Überhitzung ausfallen“. Zudem ist die Fehleranfälligkeit der KI offenbar deutlich höher als erwartet. So genannte „Halluzinationen“ der KI können schwere Schäden anrichten. Das sind falsche oder irreführende Ergebnisse, die sich die KI praktisch selbst aufgrund mangelnder Fakten zusammen reimt. In kritischen Bereichen wie der Medizin oder bei Produktionsprozessen stellen solche Halluzinationen den gesamten Einsatz von KI infrage.

 

Zusätzlich trübt die Zinspolitik der US-Zentralbank FED die Stimmung. Da sie ihre Leitzinsen bisher nicht wie erwartet senkt, weil die Inflation in den USA wieder steigt, bleiben Kredite teuer. Damit stockt eine der Hauptquellen zur Finanzierung neuer Aktienkäufe. Dagegen werfen Sparbücher relativ hohe sichere Erträge ab.

Gefährlicher Ritt auf dem Rücken der KI-Blase

KI-Konzerne tragen rund 80 Prozent des Wachstums des US-Aktienmarktes in diesem Jahr. Sollten Nvidia, Microsoft oder Google einbrechen, könnte dies das gesamte Börsensystem in eine Krise stürzen – und nicht nur das. Die Entwicklungen der Aktienkurse und der Industrieproduktion klaffen so weit auseinander wie noch nie. Die Investitionen in KI in den letzten beiden Jahren bilden den bedeutendsten spekulativen Abzugskanal für überschüssiges, überakkumuliertes² Kapital, und überdecken damit zeitweilig die krisenhafte Entwicklung der Weltwirtschaft.

 

Ob die gegenwärtigen Kursrutsche den Beginn des Platzens der KI-Blase markieren, ist noch nicht sicher. Aber allzu lange wird es nicht mehr dauern. Die völlig übersteigerten Gewinnerwartungen der Spekulanten durch die KI werden eher früher als später zum Platzen der KI-Blase führen. Das hätte weitreichende Folgen für das gesamte Weltwirtschafts- und finanzsystem. Es ist gut möglich, dass die Weltwirtschaft im Zusammenhang mit einer dadurch hervor gerufenen tiefen Börsenkrise einen neuen Einbruch erlebt. Die Krise des imperialistischen Weltsystems – insbesondere in den alten imperialistischen Ländern des Westens – verschärft sich also auch dadurch weiter.