Ukrainekrieg

Ukrainekrieg

28-Punkte für einen US-Diktatfrieden

Alle bisherigen Friedenspläne der faschistischen Trump-Regierung sind - teils beeindruckend - gescheitert, aber in den letzten Tagen macht ein neuer Friedensplan die Runde. Der Tenor ist auch nicht gänzlich neu; die US-Monopole wollen, wie im Krieg, so auch am Frieden verdienen. Dafür macht man Zugeständnisse verschiedener Art.

Von fu
28-Punkte für einen US-Diktatfrieden
Die Ukraine steht vor dem vierten Kriegswinter - es könnte der bislang schlimmste werden. (Bild: 45. Artillerie-Brigade der Ukraine, CC BY-SA 4.0)

Das US-Onlineportal "Axios" hat Trumps 28-Punkte-Plan für einen Frieden in der Ukraine nach eigenen Angaben einsehen können und am Donnerstag veröffentlicht

Wer will was?

Für Trump geht es um vieles. Verschiedene Fliegen will er mit einem großen Schlag erwischen: Seine Kräfte auf die Kriegsvorbereitung gegen den Hauptkonkurrenten China konzentrieren können, dem Hunger der US-Monopole nach Profit, Energie und Rohstoffen gerecht werden und seine faschistische Politik mit dem Scheinbild eines Friedensengelchens überdecken. Damit will er über die miserable Lage der US-amerikanischen Massen und seine Misserfolge im eigenen Land hinwegtäuschen. Wenn es ihm gelänge, nach vier Jahren Krieg den Frieden in die Ukraine zu bringen – wer will ihm dann seinen ersehnten Friedensnobelpreis noch vorenthalten? Dafür droht der Möchtegern-Friedensengel auch wieder der Selenskyj-Regierung: Die soll sich bis Donnerstag, rechtzeitig zum US-amerikanischen „Thanksgiving“, entscheiden, zu verhandeln, sonst würde er weitere Unterstützung für sie aussetzen.

 

Wenn man diese 28 Punkte liest, dürften die meisten den russischen Neuimperialisten durchaus gefallen. Der russische Präsident Putin jedenfalls kann sich den Plan als Grundlage vorstellen und will – nachdem es gestern noch geheißen hatte, man sei nicht offiziell gefragt worden – nun schon die Zustimmung seiner Verbündeten in der Tasche haben. Von der territorialen Integrität der Ukraine jedenfalls bleibt wenig übrig. Lugansk, Donezk und die Krim werden als „de facto russisch“ anerkannt (wohlgemerkt: Nicht „de jure“, also auf legaler Ebene – damit hält man sich eine Hintertüre für künftigen Streit offen). In Saporischschja und Cherson soll die Front eingefroren werden. Mit verschiedenen Sicherheitsgarantien soll gewährleistet werden, dass keine Seite die Vereinbarung mit Gewalt aufhebt. Die Verträge zur Kontrolle von Atomwaffen sollen von Russland und den USA verlängert werden.

 

Die EU-Imperialisten waren bei der Diskussion wieder mal außen vor. Sie fordern einen „gerechten“ Frieden, der den Aggressor „nicht belohnt“, und meinen damit nur die uneingeschränkte Wiederherstellung der Vorkriegssituation. Das wiederum wäre einfach nur der Sieg der Ukraine; keine Position, die der militärisch Unterlegene zur Grundlage von Verhandlungen machen kann. Führende EU-Politiker üben sich daher weiter in der Kriegstreiberei: Nicht weniger, sondern mehr morden sei die Lösung. Der verteidigungspolitische Sprecher der Unionsfraktion und Ex-Bundeswehr-Offizier, Roderich Kiesewetter (CDU) nennt das US-Papier „Kapitulationsplan“. Auf X schrieb er: „Anstatt über sinnlose Pläne zu reden, sollte Europa endlich anfangen, die Ukraine so zu unterstützen, als wäre die Ukraine schon in EU und NATO.“ Der Mann scheint sich nach Weltkrieg 3 geradezu zu sehnen. (Wahrscheinlich unglücklich mit seiner beruflichen Neuorientierung.)

US-Imperialisten als Kriegsgewinnler

Es fällt immer wieder auf, wie sehr sich die US-Regierung ihre Rolle als Vermittler vergolden lassen möchte: Werte werden abgeschöpft, zahlen sollen grundsätzlich die anderen. 100 Milliarden US-Dollar an eingefrorenem russischen Vermögen soll in einen Wiederaufbaufonds fließen, und der Profit aus dem Aufbau fließt mindestens zur Hälfte an die USA. Die EU soll weitere 100 Milliarden in den Topf werfen – dafür darf die Rest-Ukraine dann auch Mitglied in der EU werden.

 

Trump hat jedenfalls nichts anderes als die US-Monopole im Sinn, sonst würde in einem solchen Friedensplan zur Ukraine wohl nicht nebenher verankert werden, dass die USA und Russland eine langfristige Zusammenarbeit in den Bereichen „Energie, natürliche Ressourcen, Infrastruktur, künstliche Intelligenz, Rechenzentren, Projekte zur Gewinnung von Seltenerdmetallen in der Arktis und andere für beide Seiten vorteilhafte Geschäftsmöglichkeiten“ eingehen. (Punkt 13.) Kontrolliert werden soll der ganze Prozess nach Punkt 27 von einem Friedensrat unter dem Vorsitz von – Na wem wohl? – Donald j. Trump.

Ukrainische Führung diskutiert über Plan

Der ukrainische Präsident Selenskyj bezeichnete gestern in einer Rede als die Entscheidung zwischen Würde und dem Verlust wichtiger Verbündeter – und dem vielleicht härtesten Winter des Krieges. Dennoch will er darüber mit seinem Team diskutieren. Dass er dazu bereit ist, sagt viel über die Lage seines Staats, Militärs und insbesondere seiner Regierung aus. Der Korruptionsskandal hat ihn in den Augen der Ukrainerinnen und Ukrainer noch weiter fallen lassen. Diverse Personen aus Selenskyjs unmittelbarem Umfeld hatten sich die Taschen gerade aus Mitteln für die von russischen Bomben durchlöcherte Energieversorgung gefüllt, während Zehntausende ohne Strom und Heizung im Winter frieren. Mit der Empörung wächst die Kriegsmüdigkeit immer weiter – und an der Front droht ein Zusammenbruch der Verteidigungslinien. Ein schneller Frieden könnte jetzt die einzige Möglichkeit sein, seinen eigenen Hals aus der Schlinge zu ziehen.

 

Zwar soll die Ukraine niemals Mitglied der NATO werden und ihre Armee auf 600.000 Soldaten begrenzt werden – damit wäre die ukrainische Armee aber immer noch die neuntgrößte Armee der Welt (aktuell ist sie die sechstgrößte). Würde sie in die europäischen Streitkräfte integriert, verfügte die EU über 2 Millionen Soldaten und damit die zweitstärkste Armee der Welt, knapp hinter China.

 

Und Punkt 26 garantiert allen Kriegsparteien eine vollständige Amnestie für alle Verbrechen, die sie während des Krieges begangen haben. Das hat Reiz für die russische und die ukrainische Führung gleichermaßen, die beide weder Kriegsrecht noch Menschenleben in den letzten Jahren geachtet haben. Um Gerechtigkeit geht es den US-Diplomaten jedenfalls nicht. Für die Opfer des imperialistischen Kriegs ist das natürlich Hohn.

 

Vor allen Dingen aber ist klar: Das ukrainische Volk braucht den Frieden, genauso wie das russische. In der Ukraine gibt es seit Monaten ziemlich konstante Mehrheiten für Verhandlungen. Das zeigt auch, dass die Menschen zunehmend erkennen, dass sie und ihre Lieben für nichts kämpfen, für das es wert wäre, zu sterben. Es geht um niemandes bessere Zukunft, um keine Gerechtigkeit oder Demokratie, sondern nur darum, wer sich die Taschen auf ihre Kosten füllen kann.