Stahl
ThyssenKrupp Stahl: Sanierungstarifvertrag unter der Lupe
Was ist los bei ThyssenKrupp Stahl? Bereits Ende September wollte der Vorstand sich mit den Betriebsräten über die Umsetzung des Sanierungstarifvertrags und über ein industrielles Konzept geeinigt haben. Das gilt auch für eine neue Grundlagenvereinbarung über den Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen und Bedingungen bei Verkäufen. Jetzt ist Anfang November und noch ist nichts unterschrieben. Das ist sicher kein Zufall!
Mit der Umsetzung des Sanierungstarifvertrags werden die ganzen Schweinereien für jede Kollegin und jeden Kollegen konkret und erfahrbar. Denn vor der Abstimmung hat kein Belegschaftsmitglied den Tarifvertrag und seine konkreten Festlegungen einsehen können. Es ist die Angst des Vorstands vor der Reaktion der Belegschaften. Spätestens auf der Belegschaftsversammlung in Duisburg wurde durch die Redebeiträge der Kolleginnen und Kollegen und die Stimmung der Mannschaft deutlich: Eine deutliche Mehrheit der Kolleginnen und Kollegen lehnt den Sanierungstarifvertrag ab. Sicher, bei der Abstimmung haben 77,7 Prozent für den Tarifvertrag gestimmt. Das sind allerdings nur 47,7 Prozent der IG-Metall-Mitglieder. Das heißt, die Hälfte hat nicht oder mit Nein gestimmt. Das ist aber nicht mal das Entscheidende.
Drohung mit der Insolvenz entpuppt sich als Fake!
Der Vorstand hat vor der Abstimmung massiv Angst unter den Kolleginnen und Kollegen geschürt. „Wenn die Belegschaft mit Nein stimmt, geht TKSE Anfang 2026 in die Insolvenz!“ Leider haben sich manche Betriebsräte dazu hergegeben, ins gleiche Horn zu stoßen.
Jetzt stellt sich aber heraus: Die Drohung mit der Insolvenz war und ist nichts anderes als eine plumpe Lüge. Der Konzernvorstand hat jetzt die Gewinn- und Verlustabführung bis 2027 verlängert und sollte es zu keinem Verkauf kommen, nochmals bis 2030. Wenn die Abstimmung durch eine Falschinformation und Drohung unter falschen Voraussetzungen durchgeführt worden ist, ist auch das Ergebnis hinfällig.
Giftliste des Sanierungstarifvertrags
Worauf müssen sich die Kolleginnen und Kollegen einstellen?
- Die Verkürzung der Arbeitszeit von 34 auf 32,5 Stunden die Woche in der Produktion (für vier Jahre) bedeutet 4,6 Prozent weniger Lohn! Das würde bei der Tarif-Lohngruppe 6¹ (17,69) jeden Monat 106 Euro weniger Lohn bedeuten! Außerdem würden die sechs Ausgleichsschichten² wegfallen, mit denen meist die Unterbelegung anderer Schichten gemildert wurde, und damit die Unterbelegung noch verschärfen.
- 3.700 Arbeitsplätze will der Vorstand durch eine sogenannte „Effizienzsteigerung“ vernichten. Eine beschönigende Umschreibung der Steigerung der Arbeitshetze. Zur Beruhigung der Kollegen soll es eine Kommission mit dem Betriebsrat geben, die nach einem halben Jahr die Maßnahmen überprüft.
- Das in der Tarifrunde 2021 vereinbarte „Tarifzusatzentgelt“ von 600 Euro wird vier Jahre nicht ausgezahlt.
- Durch Ausgliederung sollen 6000 Stammarbeitsplätze vernichtet werden. Das Ganze „lohnt“ sich für TKSE nur, wenn sich für die Betroffenen die Löhne und Arbeitsbedingungen verschlechtern. Das gilt auch für eine „Best-Owner“-Vereinbarung. Das betrifft alle Beschäftigten, wenn Abteilungen wie Pförtner oder Werkstätten für angeschlagene Beschäftigte fremdvergeben werden. In Duisburg gibt es Pläne zur Ausgliederung der Ausbildung. Das muss ein Alarmzeichen für alle Kolleginnen und Kollegen sein und unter allen Umständen und mit allen Mitteln von Jung und Alt verhindert werden!
- Kürzung des Weihnachtsgeldes und des Jubiläumsgeldes.
- Es soll eine Altersbrücke für bis zu 4500 Beschäftigte für maximal drei Jahre geben. Dabei sind vorgesehen: ein Jahr in einer Transfergesellschaft und zwei Jahre Bezug von Arbeitslosengeld 1, das aufgestockt werden soll. Diese Regelung wird aber von der Arbeitsverwaltung abgelehnt, da sie nur ALG 1 für Leute bezahlt, die dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen.
Auf härtere Gangart einstellen!
Gleichzeitig hört man aus gut informierten Kreisen, dass Jindal sich wundert, warum die Umsetzung der Vernichtung von 11.000 Arbeitsplätzen und die Trennung von HKM bis 2030 dauern soll. In Indien sei man gewohnt, das schneller durchzuziehen. Die Kolleginnen und Kollegen müssen sich auf eine neue Qualität der Angriffe bei der Umsetzung der Kahlschlagspläne einstellen. Dazu gehören auch Repressalien wie gegen den Betriebsrat Markus Stockert, die sofort auf entschiedenen Widerstand stoßen müssen!
Doch der Vorstand befindet sich in einer Zwickmühle. Einerseits wächst der Druck, die Angriffe durchziehen zu müssen, andererseits besteht die große Unsicherheit, wie die Reaktion der Belegschaften aussieht. Das bringt den Vorstand in die Defensive und spielt den Belegschaften in die Hände.
Gleichzeitig können die Belegschaften auf die Erfahrungen mit den kämpferischen gewerkschaftlichen und selbständigen Aktionen vom letzten Jahr aufbauen. Auch hat sich die MLPD als zuverlässige und kampferfahrene Kraft weiter unter den Belegschaften verankert.