Beitrag auf der Montagsdemo Gelsenkirchen
Sie wurden nicht nur von Menschen gewählt, die Ihrem Stadtbild entsprechen
Den folgenden Brief ihrer Tochter an Bundeskanzler Friedrich Merz hat eine Teilnehmerin der gestrigen Gelsenkirchener Montagsdemo ebenda verlesen:
Lieber Herr Merz! Ich bin Ihrem Aufruf gefolgt und habe meine Tochter gefragt, welche Probleme sie mit dem Stadtbild hat. Gelsenkirchen ist seit der Kommunalwahl sowieso in aller Munde.
Was für sie ein wirkliches Problem ist, ist die Bustaktung. In Gelsenkirchen ist es nämlich manchmal echt schwierig, ab einer bestimmten Uhrzeit von A nach B zu kommen. Zumindest mit den Öffis. Zu ihrer Freundin Viktoria, deren Familie übrigens aus Polen stammt, kommt sie manchmal wirklich schlecht.
Die Freunde und Freundinnen meiner Kinder heißen übrigens Aaron, Ali, Pia, Mehmet, Viktoria. Sie oder deren Familien stammen, unter anderem, aus Moldawien, Russland, Aserbaidschan, Polen und der Türkei. Einige haben keinen deutschen Pass, gehen aber hier zur Schule oder machen eine Ausbildung. Sie dürfen nicht wählen, sie und ihre Familien zahlen aber hier ihre Steuern und Sozialabgaben.
Weder in unserer Wohnung, noch in unserem Stadtbild haben sie und ihre Familien meine Tochter bisher gestört. Den Alltagsrassismus von alten, weißen Männern, die ihre Freunde und Freundinnen diskriminieren, den empfindet sie im Stadtbild hingegen als sehr störend.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit der Antwort meiner Tochter helfen und sie daran erinnern, dass Sie als Kanzler für Deutschland gewählt wurden. Nicht nur für die Menschen, die Ihrem Stadtbild entsprechen, sondern für alle Menschen, die hier leben. Im Namen meiner Tochter bitte ich Sie daher freundlich darum, Ihre Worte zukünftig bedachter zu wählen. Rassismus steht einem Bundeskanzler nicht gut zu Gesicht!