Bemerkenswerte Fortschritte

Bemerkenswerte Fortschritte

Friedensratschlag in Kassel: Es tut sich was in der Friedensbewegung!

Am 8./9.11. fand der jährliche Friedensratschlag in Kassel statt. Er war in verschiedener Hinsicht Ausdruck von positiven Entwicklungen in der Friedensbewegung.

Friedensratschlag in Kassel: Es tut sich was in der Friedensbewegung!
Foto vom Abschlussplenum (Quelle: Webseite des Bundesausschusses Friedensratschlag)

Bemerkenswerte Fortschritte waren besonders

 

  • Eine größere Teilnahme, besonders auch von jüngeren Menschen, die sich vor allem gegen Kriegsdienst engagieren. Der Saal im Kasseler Philipp-Scheidemann-Haus war überfüllt.
  • Ein auffälliger Wunsch nach breiten Bündnissen über politische Gräben hinweg und keinerlei erkennbare antikommunistische Ausgrenzung. Es gab keine Stände von Basis oder BüSo wie früher, und deutlich weniger Einfluss von Querfront-Kräften. Allerdings fand darüber auch keine Debatte statt, sodass nicht immer klar war, ob der Wunsch nach breiten Bündnissen auch für Querfront-Anhänger gelten soll.
  • Anhand des Kölner Polizeikessels gegen friedliche Demonstranten anlässlich des Protestcamps von „Rheinmetall entwaffnen“ wurde offensiv über den Kampf gegen staatliche Repression diskutiert. Der Fortschritt in Köln war besonders die Einheit der autonomen Szene mit der traditionellen Friedensbewegung. Gerade gegen diese Einheit richteten sich die Attacken der Polizei.
  • Eine stärkere Vertretung von Gewerkschaftern und der gewachsene Bezug auf die Rolle der Arbeiterklasse zeigte den Wunsch, dass die Friedensbewegung mehr mit den Gewerkschaften und der Arbeiterbewegung zusammen arbeitet. Ulrike Eifler von der Linkspartei und IG Metall aus Würzburg erklärte: „Unsere Klasse muss Kriege verhindern oder beenden.“ Sie warb dafür, die Gewerkschaften heute vor allem zu verteidigen, dann erst – z.B. bei Positionen für Rüstungsproduktion - solidarisch zu kritisieren. Es ist wichtig, dass zukünftig noch mehr kämpferische Gewerkschafter und Arbeitervertreter im Friedenskampf mitmachen.
  • Besonders auffällig waren erstmals verstärkte Diskussionen über den Sozialismus. Am Büchertisch von MLPD und REBELL galt besonderes Interesse der Frage, was wir unter echtem Sozialismus verstehen.

 

Gleichzeitig fiel auf, dass die akute faschistische Gefahr und der antifaschistische Kampf kein ausdrückliches Thema waren, wohl aber in Workshops diskutiert wurden. Die Trennung von Antifaschismus und Friedenskampf ist ein Problem, weil es die notwendige Einheitsfront gegen Faschismus, Krieg und Umweltzerstörung behindert. Darin zeigt sich auch die relativ dominante Rolle von DKP und auch BSW in der traditionellen Friedensbewegung. Beide Parteien halten die AfD nicht für faschistisch und sind auch gegen ein Verbot der AfD, vor allem weil sie sich in der Verharmlosung Russlands einig sind.

 

Zur Palästina-Solidarität fand ein Workshop statt, wo es auch Beifall für das ICOR-Al-Awda-Projekt gab. Der Vertreter der Palästinensischen Gemeinde Deutschlands gab seine Adresse zur Unterstützung.

 

Ein Höhepunkt war das breite Podium von Jugendorganisationen gegen den Kriegsdienst. Das Podium war getragen von SDAJ über Solid, SDS, DFG-VK bis Falken und Verdi-Jugend. Für den 5. Dezember, wenn der Bundestag über den Kriegsdienst abstimmen soll, sind bundesweit Schulstreiks und Demonstrationen geplant, teilweise auch schon Demonstrationen am 4.12. Dazu gibt es in 20 Städten Schulstreik-Komitees. Ein Schüler aus Münster berichtete über Streikkomitees an mehreren Schulen für den 5.12. Ganz überwiegend sprechen sich die betroffenen Schüler bei Umfragen gegen den Kriegsdienst aus. In einem Workshop zeigten sich allerdings auch verbreitete pazifistische Illusionen, dass man Kriege verhindern könne, wenn alle den Kriegsdienst verweigern oder indem der Kriegsdienst aus der Verfassung gestrichen würde.

 

Eine breite Diskussion gab es dazu, dass der Friedenskampf noch viel mehr Menschen umfassen muss. Dabei müssen die Massen besonders mit der Vorstellung fertig werden, dass Deutschland sich angeblich gegen einen drohenden Angriff Russlands verteidigen müsse. Die am meisten verbreitete Antwort darauf war beim Ratschlag in Kassel, dass dies eine „Bedrohungslüge“ sei. Russland sei weder willens noch in der Lage, die NATO anzugreifen, weil das Land militärisch weit unterlegen ist. Mit dieser Argumentation unterschätzen viele Friedenskämpfer jedoch den imperialistischen Charakter Russlands. Ein imperialistisches Land wie Russland, wird zum äußersten greifen, wenn es bedroht ist. Und Russland ist an konventioneller Rüstung der NATO sicher unterlegen, hat aber so viele Atomwaffen wie die USA und kann damit Europa zerstören. Die Antwort auf die Kriegsvorbereitungen beider Blöcke wird darin bestehen müssen, dass eine international vereinte, gesellschaftsverändernde Friedensbewegung sich gegen alle Imperialisten wendet und ihr barbarisches Treiben revolutionär beendet.

 

Musikalisch sehr schön umrahmt wurde der Ratschlag durch den Kasseler Straßenmusiker Philipp Hoffmann mit Friedens- und Arbeiterliedern, teilweise an der Geige begleitet durch Hans Roth von AUF Kassel, Ortsvorsteher im Stadtteil Rothenditmold.