COP30
Der Regenwaldfonds oder das Märchen von der Vereinbarkeit kapitalistischer Ökonomie und Ökologie (reloaded)
Bereits vor Beginn der 30. Weltklimakonferenz in der brasilianischen Metropole Belém an der Mündung des Amazonas beherrschte die Verkündung eines „Tropenwaldfonds“ (TFFF) die Schlagzeilen. Eingebracht wurde das Projekt vom brasilianischen Präsidenten Lula da Silva.
Der Fonds soll 25 Milliarden staatliche Einlagen von Industriestaaten und 100 Milliarden Dollar aus der „Privatwirtschaft“ einsammeln. Das Geld soll an den Kapitalmärkten, „vornehmlich in Schwellenländern“, angelegt werden. Jährlich wird der Fonds dann angeblich 4 Milliarden Dollar ausschütten können, die an 74 waldreiche Länder fließen, wenn sie damit Regenwald erhalten - aber auch als „Rendite“ an die privaten Investoren! Das aber sind die gleichen Leute vom internationalen Finanzkapital, die die Zerstörung des Regenwalds auf dem Gewissen haben! So sollen sie zum zweiten und dritten Mal ihre Profite daraus ziehen. Und wenn man sich bei der Spekulation in den "risikoreicheren" Fonds verspekuliert sind, dann sind alle Einzahler abgesichert. Der Regenwald hingegen hat nichts davon. Ein abgefeimter imperialistischer Deal.
Um von dem Fonds profitieren zu können, muss die jährliche Entwaldungsrate eines Landes bei unter 0,5 Prozent liegen. Für jeden Hektar, der erhalten wird, soll es dann im Jahr 4 Dollar geben, für jeden Hektar, der vernichtet wird, 140 Dollar Strafe. Die Überprüfung erfolge durch Satellitenbilder. Bisher hat Brasilien selbst 1 Milliarde Dollar Einzahlung in den Fonds zugesagt, Norwegen 3 Milliarden Dollar. (1) Bei seinem Kurzbesuch in Belém zum Gipfeltreffen der Regierungschefs vor Beginn der COP30 blieb Bundeskanzler Friedrich Merz bewusst nebulös: Deutschland werde einen „namhaften Betrag“ in den Fonds einzahlen – was das nun immer bedeuten mag. (2)
Ein altes Märchen des imperialistischen Ökologismus in neuem Gewand
Dass es nur eines cleveren Deals bedürfe, damit die internationalen Monopole und die imperialistischen Regierungen nun plötzlich anfangen, erst den Regenwald und dann das Klima zu retten, macht einen schon stutzig. Besonders laut in dieses Horn tutet Kanzler Merz: "Wir setzen auf Innovation und auf Technologie, um eben dem Klimawandel erfolgreich Einhalt zu gebieten. Unsere Wirtschaft ist nicht das Problem, unsere Wirtschaft ist der Schlüssel, um unser Klima noch besser zu schützen".
Die Herrschenden dieser Welt hatten rund 50 Jahre Zeit, um diese Behauptung zu beweisen. So lange ist die Menschheitsbedrohung durch eine globale Klimakatastrophe bekannt und - wie uns die Zahl COP30 ja auch belegt - in inzwischen 30 UN-Weltklimakonferenzen behandelt worden. Mit dem Resultat, dass Umweltzerstörung, Erderhitzung, Treibhausgase, Zerstörung der Regenwälder, der Meeresökologie usw. von Jahr zu Jahr eskalieren, bereits Millionen Menschen Leben und Existenz gekostet oder in die Flucht getrieben haben.
Hauptverursacher: das internationale Finanzkapital! 2023 erbrachte die MLPD in dem Buch von Stefan Engel „Die globale Umweltkatastrophe hat begonnen – was tun gegen die mutwillige Zerstörung der Einheit von Mensch und Natur“ den Nachweis, dass das Überleben der Menschheit auf dem Spiel steht. Dort wird belegt: „Mit der Neuorganisation der internationalen Produktion seit Beginn der 1990er-Jahre wandelte sich die Umweltkrise von einer Begleiterscheinung zu einer neuen Gesetzmäßigkeit des imperialistischen Weltsystems: 'Die rücksichtslose Ausbeutung der Naturressourcen als eine Quelle des Reichtums auf einem Niveau der systematischen und allseitigen Zerstörung der lebensnotwendigen Einheit von Mensch und Natur (wurde) erstmals zu einem ökonomischen Zwang'". (3) Die im Buch bereits entlarvte „irreführende Leitlinie der Vereinbarkeit von kapitalistischer Ökonomie und Ökologie“ wird uns hier offensichtlich als modernes Märchen wieder aufgetischt.
Den Bock zum Gärtner machen oder gesellschaftsverändernder Umweltkampf?
Brasilien selbst ist der schlagende Beweis, dass in der heutigen kapitalistischen Wirklichkeit andere Gesetze herrschen. Brasilien gehört zu den TOP Ten der Ölförderländer, Öl ist inzwischen das Hauptexportgut, noch vor Sojabohnen. Brasilien ist der weltweit größte Exporteur von Rindfleisch, durch Rodungen werden neue Weideflächen geschaffen. Trotz eines Rückgangs der absichtlichen Regenwaldzerstörung verlor der brasilianische Amazonas im Jahr 2024 eine Waldfläche von 2,8 Millionen Hektar, der schlimmste Verlust seit 2016. Eine Ursache ist auch hier die weltweit zu beobachtende Zunahme von Waldbränden in Folge verschiedener Hauptfaktoren der begonnenen globalen Umweltkatastrophe. (4)
UN-Generalsekretär António Guterres verlangte beim Treffen der Staatschefs in Belém einen „drastischen Kurswechsel“ und beklagte „moralisches Versagen und tödliche Fahrlässigkeit". Bei ihm blieb es dann aber beim Appell an die „Staatenlenker“, sie sollten auf neue fossile Projekte verzichten. (5)
Unter dem in der Tat notwendigen drastischen Kurswechsel versteht die MLPD den Aufbau einer Einheitsfront gegen Faschismus, Krieg und Umweltzerstörung und den Kampf für die vereinigten sozialistischen Staaten der Welt, da dort erst die Gesetzmäßigkeiten des Kapitalismus aufgehoben werden können und in einem gesamtgesellschaftlichen Paradigmenwechsel die Einheit von Mensch und Natur in den Mittelpunkt rückt. Gemeinsame Aktionen zum internationalen Umweltkampftag und traditionellen Weltklimaaktionstag am 15. November stehen im Dienste der notwendigen Strategiediskussion und dem Aufbau einer breiten Widerstandsfront. Eine gute Gelegenheit, den für Ende 2026 geplanten internationalen Umweltratschlag bekannt zu machen und gemeinsame örtliche Vorbereitungsgruppen zu beraten.