Ein Musical zum Fordstreik 1973

Ein Musical zum Fordstreik 1973

Baha und die wilden 70er

Das Musical BAHA UND DIE WILDEN 70ER von Nedim Hazar, aufgeführt vom Sanat Ensemble, hat leider nur vier Aufführungstermine – alle ausverkauft – bis jetzt. Denn dem Stück wären viele weitere Termine zu wünschen!

Korrespondenz
Baha und die wilden 70er
Bild vom Streik bei Ford Köln im Jahr 1973 (foto: Screenshot)

Mit mitreißender Musik – von Janis Joplin bis zum Halay – und tollen Stimmen führt das Ensemble hinein in den "wilden" Streik von 12.000 Ford-Kollegen in Köln. Mit auf der Bühne: zwei Mitglieder der damaligen Streikleitung – Peter Bach und Seyfo Kurt.
 
Das Musical beschäftigt sich mit dem Fordstreik 73 und verwebt ihn mit den Erfahrungen der ersten türkischen "Gastarbeiter"-Generation. Im Mittelpunkt steht der Streikführer Baha, ein ehemaliger Student, den seine feurige Begeisterung für den Sozialismus in diese Rolle spült.
 
Gezeigt wird, wie die "einfachen" Arbeiter in Solidarität zueinanderhalten – weit über den Streik hinaus. Das Musical zeigt, wie die Streikenden sich immer darum bemühen, dass nicht nur die Anliegen der türkischen Kollegen  verfolgt werden. Es zeigt, wie während des Streiks getanzt wird, und wie die  verschiedenen Nationalitäten – auch die verschiedenen türkischen – zueinander finden. Es zeigt, wie auch deutsche Kollegen ein Rückgrat der Bewegung sind, in enger Freundschaft mit den türkischen.


Von wegen "Türkenstreik"! In der Rolle von Emine – "meine Eltern durften mich nicht Seyda nennen, das ist kurdisch" – wird deutlich, wie sie von den anderen Streiks der Zeit lernen, z. B. vom Frauenstreik bei Pierburg.

  
Nach Streikende wird Baha von einem faschistisch eingestellten Richter zu sechs Jahren Haft verurteilt. Baha, durch und durch ein Rebell, steht wie eine Eins. Die Solidarität untereinander geht weiter – aber Baha will kein Asyl. Schließlich wird er in die Türkei abgeschoben. Dort gelingt ihm eine kleine Karriere als Drehbuchautor. "Jetzt bin ich endlich jemand" – sagt er auf der Bühne – und die Zerrissenheit des kleinbürgerlichen Intellektuellen wird in seiner Figur spürbar. Zu kurz kommt die schändliche Rolle der damaligen Ortsverwaltung der IG Metall, die mit Polizei und Unternehmen kooperierte, um den Streik zu beenden.

 

Zum Ende schlägt Nedim Hazar, der auch als Sänger und Moderator mitwirkt, die Brücke zu heute. Ford stehe heute leider vor dem Aus. 

 

In einer letzten Nummer wird beleuchtet, was aus den damaligen Akteuren wurde: Einer ist bei den Grünen, einer hat sein Familienhaus im türkischen Dorf verkauft, einer lebt offen schwul, aber nicht glücklich – und eine fasst zusammen: Der Aufbau des Sozialismus auf deutschem Boden ist gescheitert. Gescheitert ist aber nicht "der Sozialismus" sondern eine entartete bürokratisch-kapitalistische Gesellschaft in der DDR. Und man kann daraus lernen.

 

Die Zuversicht, der Zusammenhalt, der wunderbare Humor, der Schwung – das alles sind die Grundzutaten, die wir für schwierigere Kämpfe brauchen und mitnehmen! Zu Recht findet das Musical viel Zuspruch bei den Ford-Kollegen.