Jekaterinburg/Russland
Regierungs-App nicht installiert: Polzunov-Kolleg droht mit Exmatrikulation
In Jekaterinburg wurden Studenten des Polzunov-Kollegs am 23. Oktober mit Exmatrikulation bedroht, weil sie sich weigerten, den staatlichen Messenger MAX auf ihren Smartphones zu installieren. Ein Schüler wandte sich noch am selben Tag an das russische Nachrichtenportal E1.RU und machte den Vorgang öffentlich.
Bei einer Versammlung wurden diejenigen, die sich nicht bereits mit dem neuen sozialen Netzwerk verbunden hatten, gezwungen, eine Erklärung zur "freiwilligen Exmatrikulation" zu schreiben. Die Leiterin einer Abteilung des Kollegs sammelte alle Erklärungen ein und gab den Studenten Zeit bis Montag, MAX doch noch zu installieren. Der Text der Erklärung sogar an die Tafel geschrieben:
„Ich weigere mich prinzipiell, die Plattform – den Messenger MAX – zur offiziellen Informationsübermittlung für die Organisation des Bildungsprozesses zu installieren, trotz des Erlasses des Bildungsministeriums der Russischen Föderation. Dieser Umstand zeigt, dass ich mit dem Bildungsprozess, an dem ich teilnehme, nichts zu tun habe. Ich bitte um meine Exmatrikulation aus dem Kollegium auf eigenen Wunsch“.
Ein Student hatte eine Tonaufnahme der Versammlung angefertigt und Fotos von der Tafel gemacht, die er E1.RU übergab. Die Tonaufnahme dokumentiert, wie auf die Studenten Druck ausgeübt wurde. So ist unter anderem zu hören, wie ein Lehrer einem Studenten "Sabotage" vorwirft. Die russischen Journalisten wendeten sich umgehend an die Schule. Der Direktor des Polzunov-Kollegs äußerte sich gestern nicht gegenüber der Presse.
Aus dem Informationspolitik-Departement der Region Swerdlowsk wurde den Journalisten mitgeteilt: "Die Verlagerung der internen Kommunikation mit den Studenten auf den nationalen Messenger MAX ist freiwillig. Aufgrund von Störungen bei anderen Plattformen wird den Studenten empfohlen, sich mit dem sicheren Messenger zu verbinden. Das Fehlen des Messengers bei einem Studenten ist kein Grund für eine Exmatrikulation. Die Verwaltung des Kollegs führt eine Überprüfung der Handlungen des Lehrpersonals und der Echtheit der Aufnahme durch." Ob formal freiwillig, oder nicht - hier wird Druck ausgeübt.
Mit "MAX" versucht die Russische Föderation seit März 2025, eine sogenannte "Super-App" nach dem Vorbild des chinesischen "WeChat" zu etablieren. Dabei soll die Verwendung der App für diverse Behördengänge zwingend werden. Bereits ab dem 1. September 2025 sind alle Händler verpflichtet, die App auf Smartphones, die in der Russischen Föderation verkauft werden, vorzuinstallieren.
Die russische Regierung versucht in den letzten zwei Jahren verstärkt, die Nutzung von Messengern und sonstigen Dienste aus dem Ausland in Russland zurückzudrängen und unternimmt Anstrengungen, eine Abgrenzung des russischen Netzes von den Netzen der westlichen Länder oder sogar eine Abkoppelung vom Internet als solchem vorzubereiten. Darüber hinaus ermöglicht MAX auch der Überwachung der Bevölkerung, ähnlich wie es die Europäische Union mit der sogenannten Chatkontrolle plant. Beide Regime begründen ihre Bespitzelung und Kontrolle mit der Verbrechensbekämpfung.