Schwere Vorwürfe
Israel foltert palästinensische Gefangene: "Es gibt Brüche im Gesicht, an Beinen und Armen"
Im Nasser-Krankenhaus in Chan Junis im südlichen Gazastreifen sind Dutzende Menschen versammelt, die auf Bildschirmen schreckliche Bilder anschauen: Fotos von Leichen palästinensischer Gefangener. In israelischen Kerkern wurden sie gefoltert und starben an ihren Verletzungen.
Eine junge Frau identifiziert ihren Vater: "Er ist es, 48 Jahre alt, aus Ssheich Radwan im Norden von Gaza-Stadt. Ihn in diesem Zustand zu sehen, war schwer, ich kann das nicht beschreiben", sagt sie. "Die Hand meines Vaters amputiert zu sehen, die Spuren von Folter auf seinem Körper. Es ist sehr schwer zu beschreiben."
Ahmad Dheir, Chef der forensischen Medizin in Gaza, dokumentiert zusammen mit seinen Kolleginnen und Kollegen die grausamen Spuren. Im Gespräch mit dem ARD-Studio Tel Aviv erhebt Dheir schwere Vorwürfe: In den meisten Fällen seien die Leichen nackt gewesen, nur einige hätten Unterwäsche getragen. "Sie hatten ihre Hände auf dem Rücken gefesselt, an den Handgelenken und auch an den Knöcheln. Zwei hatten Augenbinden. Einer hatte ein Seil um den Hals. Es gibt viele Prellungen am ganzen Körper. Einigen wurde in den Kopf oder in die Brust geschossen." Spuren von Folter zeigen nach seinen Angaben viele der von Israel übergebenen 150 Leichen. "Es gibt vielfache Brüche im Gesicht, am Kopf, an den Beinen und Armen".
Tal Steiner, die Direktorin des Öffentlichen Komitees gegen Folter in Israel, sieht ein Muster, auch wenn sie Einzelfälle nicht bestätigen kann: "Ich kann zu den konkreten Leichen nichts sagen, die zurückgegeben wurden, denn wir haben sie nicht gesehen und keine direkten Informationen", erklärt sie. "Aber wir wissen, dass die Todesrate von Palästinensern in israelischer Haft sehr hoch ist. Wir sehen auch, dass die Vorwürfe, dass die Leichen Spuren von Folter zeigen, auf einer Linie sind mit den Zeugenaussagen, die wir haben - über schweren körperlichen und sexuellen Missbrauch in israelischen Gefängnissen."
Manche der lebend freigelassenen palästinensischen Gefangenen können sich nicht freuen. Ein Mann erfährt bei seiner Rückkehr in die zerstörte Stadt Gaza, dass seine ganze Familie ermordet worden ist. "Meine Kinder sind tot. Meine Tochter starb mit zwei Jahren. Ihr Geburtstag ist in wenigen Tagen. Amal war fünf, Baara acht."
Die erkämpfte Waffenruhe und die Freilassung von 2000 palästinensischen Gefangenen sind wichtige Schritte. Der Kampf geht weiter. Immer wieder bricht Israel die Waffenruhe und noch immer sitzen 12.000 Palästinenserinnen und Palästinenser in israelischen Gefängnissen. Zahlreiche Demonstrationen zur Unterstützung des palästinensischen Befreiungskampfs werden auch an diesem Wochenende wieder stattfinden. Wir schlagen als Losungen und Forderungen vor:
- Sofortiger freier Zugang für Lebensmittel und sonstige Hilfsgüter, sowie Organisationen, die zusammen mit dem palästinensischen Volk das Land wieder aufbauen wollen!
- Sofortiges Ende von Verstößen gegen die Waffenruhe!
- Rückzug der israelischen Truppen aus den besetzten palästinensischen Gebieten!
- Bezahlung des Wiederaufbaus durch Israel, die USA und alle anderen kooperierenden Staaten, z.B. Deutschland! Entscheidung über die Verwendung der Gelder ausschließlich unter palästinensischer Regie!
- Der palästinensische Befreiungskampf geht in einer neuen Phase weiter! Freiheit für Palästina