Staatsmonopolistischer Kapitalismus
Wie die ehrenwerte RAG-Stiftung in das Benko-Betrugskartell verwickelt ist
Ein Innsbrucker Gericht verurteilte in einem ersten Prozess René Benko zu zwei Jahren Haft. Der Tiroler ist Firmengründer des Finanzimperiums Signa-Group.
Angeklagt war nur eine Kleinigkeit: Benko zweigte aus dem Firmenvermögen 300 000 Euro als Privatgeschenk an seine Mutter ab. Die ganze Dimension des Betrugssystems von Benko ist noch im Dunkeln. Benkos Signa-Group war an rund 1.200 Unternehmen beteiligt, mit einem Schätzwert von 28 Milliarden Euro. Besonders delikat ist, dass auch die RAG-Stiftung dort die Finger drin hatte. Die weiteren Verfahren werden noch Blicke in dekadente Abgründe öffnen.
Nackte Gier ebnet seinen Weg
Gut zwei Jahrzehnte umgab sich Benko als österreichischer „Wunderwuzzi“ mit Glanz und Glamour. Er startete als Jugendlicher seine Karriere aus einfachen Verhältnissen. Er kaufte alte Gebäude, sanierte die Dachgeschosse und verkaufte sie als Luxuswohnungen. Mit jedem Gewinn wuchs seine Gier zu immer waghalsigeren Projekten. Dabei fand er Partner, die ihm das Kapital vor schossen. Sein Aufstieg wurde mit Krediten von mehr als hundert Großbanken begleitet.
Den größten Sprung brachte ihm die Zusammenarbeit mit dem israelischen Diamantenhändler Beny Steinmetz. Dessen Unternehmen, die Steinmetz Group, handelt mit Rohstoffen und war Investor in 25 Bergbauländern, vor allem in Afrika. Nach dessen Vorbild baute Benko sein Kartell als Stiftung mit Sitz in Liechtenstein auf. Die große Finanzspritze von Steinmetz wurde das Startkapital zur Gründung der Signa-Unternehmensgruppe. Diese gliedert sich in zwei Kerngeschäfte - Immobilien und Handel – verschachtelt in zahlreiche Untergruppen. Ein kaum durchschaubares Konstrukt, um laufend Finanzlöcher zu stopfen.
Auch deutsche Landesregierungen und Landesbanken waren von Benko so begeistert und schusterten ihm im Vertrauen Großprojekte und Millionenkredite zu. Heute erinnern Bauruinen an die innige Kooperation bürgerlicher Politiker, Banken und Benko: wie der Hamburger Elbtower, das Düsseldorfer Carsch-Haus oder Innenstadtumbauten in Stuttgart, München, Berlin u.a.
Ein Crash folgt dem anderen und das jähe Ende aller Träume
Überraschend ist der Zusammenbruch gar nicht. Insider wussten längst vom Bröckeln des Imperiums. 2012 verurteilte das Landgericht Wien René Benko und seinen damaligen Steuerberater Michael Passer wegen Schmiergeld zu einer „bedingten Haftstrafe“ von je zwölf Monaten. Das milde Urteil machte Benko noch dreister. Beim Höhepunkt der Corona-Krise drängte er mit Erfolg seinen Duzfreund Jens Spahn, die Maskenpflicht in großen Supermärkten aufzuheben.
Benkos Bankrottserie in den Abgrund könnte man auch als „Goldmann-Sachs 2.0“ bezeichnen. Im Jahr 2008 brach die Immobilienspekulation jäh zusammen als führende US-amerikanische Großbanken Konkurs anmelden mussten. Damals löste der Skandal die bisher tiefste Weltwirtschafts- und Finanzkrise aus.
Der Benko-Skandal hat nicht diese weltweite Auswirkung. Er erschüttert vor allem das Ansehen von Monopolpolitikern und ihren Finanz-Auguren. Haben sie doch nach 2008 hoch und heilig versprochen, durch Bankenkontrollen solche Kriseneinbrüche zu verhindern. Das geht im Kapitalismus nicht und deshalb haben Insolvenzverwalter Hochkonjunktur. Sanierer und Abwickler des Benko-Imperiums ist der Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Arndt Geiwitz. Der in Finanzkreisen als Sanierer „mit tadellosem Ruf“1 gilt, hatte für Benko bereits die Abwicklung des Kaufhaus-Konzerns geleitet. Seinen Ruf erwarb dieser sich als Insolvenzverwalter der Schlecker-Pleite. Tausende Filialen wurden geschlossen und rund 20.000 Beschäftigte, meist Frauen, entlassen.
„Der Brandstifter und sein Biedermann“
So titelt ein Artikel in der Zeit vom 5. Oktober 2025. Im Jahr 2017 entschied der damalige Stiftungsvorstand der RAG, bei Signa Prime einzusteigen. Die RAG-Stiftung ist über ihren Finanzvorstand Jürgen-Johann Rupp in zwei Aufsichtsräten der Signa-Group vertreten. Heute schätzt die RAG die Verluste, die sie abschreiben muss, auf 180 bis 350 Millionen. So genau nimmt man es dort mit der Summe nicht. Statt Selbstkritik rechtfertigte der Stiftungschef Bernd Tönjes: „Wenn man zu diesem Zeitpunkt in hochkarätige europäische Immobilien investieren wollte, führte an Signa kein Weg vorbei“.
Hinter den Kulissen gehörte Rupp zum engen Berater und Freundes-Kreis von Benko. Rupp wurde zu den jährlichen Auserwählten-Treffen auf Benkos Stammvilla am Gardasee eingeladen. Der erwähnte Zeit-Artikel berichtete süffisant: „Unter den ohnehin besonderen Gästen ist Jürgen-Johann Rupp ein ganz besonderer. Mindestens einmal – so berichtet es jemand, der Benko damals nahestand – habe der Signa-Gründer Rupp sich mit einem Privatjet in Deutschland abholen lassen. Die Maschine sei dann auf dem Flugplatz Brescia-Montichiari in Italien gelandet, wo ein Helikopter wartete, der die Gäste zur Villa Eden am Gardasee gebracht habe, die über einen Hubschrauberlandeplatz verfügt.“
Rupp erwies sich als dankbar. Bei Aufsichtsratssitzungen ließ er sich durch einen Anwalt vertreten, den Benko aus seiner Wiener Hauskanzlei stellte. Die RAG-Stiftung stellt sich in der Öffentlichkeit als gemeinnützig dar. Sie wurde 2007 gegründet unter dem Vorwand, die Ewigkeitskosten für Bergschäden und die Wasserhaltung aus der Zeit des aktiven Kohlebergbaus zu tragen. Ihr Hauptzweck besteht jedoch darin, Maximalprofite zu sichern. Sie ist ein internationales Monopol und mit 20 000 Beteiligungen selbst in das internationale Finanzkapital eingebunden.
Das Komplott Benko mit der RAG-Stiftung ist ein neues Lehrbeispiel für den staatsmonopolistischen Kapitalismus. Dabei entziehen sich die Monopole jeder Kontrolle. Sie können sich auf eine Klassenjustiz stützen, die sich für gefallene Profiteure als gnädig erweist. Frech hofft Benko (durchaus nicht unrealistisch), dass die Prozesslawine gegen ihn mit Urteilen, Einsprüchen usw. sich auf gute 20 Jahre raus zögern würde. Ob ihm die Massen diese Zeit geben werden, hängt von der Entwicklung des Klassenkampfes ab. Davor haben Leute wie Benko in Wirklichkeit die schwersten Panik-Attacken.