Antifa-Verbot
AfD-Antrag nicht abgelehnt, sondern überwiesen
Am Donnerstag wurde als Tagesordnungspunkt 8 der 34. Sitzung des Bundestags ein siebenseitiger Antrag der AfD zum Verbot der Antifa behandelt. Die faschistische Partei folgt damit dem Beispiel ihrer Gesinnungsfreunde in den USA, den Niederlanden und Ungarn.
Ihr Antrag machte sich umfangreich das Extremismus-Gerede der bürgerlichen Parteien zu eigen, rief heuchlerisch zur Distanzierung von jedem politischen Extremismus und jeder Gewalt auf, und mahnte gleichzeitig, dass ja vor allen Dingen "Konservative" (der aktuelle AfD-Euphemismus für die Faschisten in ihren eigenen Reihen) Opfer dieser Gewalt würden. Nach fast anderthalbstündiger Debatte wurde der AfD-Antrag aber dann nicht abgelehnt, sondern in Ausschüsse überwiesen.
Die AfD-Linie: Der "Linksextremismus" habe die Schwelle zum "Linksterrorismus" überschritten und eine Täter-Opfer-Umkehr dürfe es daher nicht mehr geben. Das Dokument war ein Kondensat der AfD-Methode, jeden Vorwurf gegen sich selbst, ja, sogar jede Wendung und Parole ihrer jeweiligen Gegner umzudrehen. Die AfD bezeichnet die Antifa als "rote Faschisten". Wenn das von einer Fraktion im Bundestag, dem hohen Hause des bürgerlichen Parlamentarismus, ausgeht, fördert das die Verwirrung unter den Massen absichtlich und gezielt. Der Kern des Dokuments ist der abgrundtiefe Antikommunismus.
Union bringt keine Kritik am Inhalt des Antrags vor
Die Gefahr eines Zusammengehens bürgerlicher Ultrareaktionäre mit den Faschisten zeigte sich in der Bundestagsdebatte. Ihr allgemeiner Tenor war, dass Verbote leider nichts brächten. Die Redner der CDU/CSU fanden den Antrag dem Inhalt nach offensichtlich nicht zu beanstanden, es störte sie nur, dass er von der AfD ausging, die ja schließlich nicht besser sei als die Linken, und dass die AfD dabei den Vorwurf erhob, die CDU/CSU und der momentan ja von ihr geführte Staatsapparat täten nichts gegen Linke: "Es ist richtig, dass der Linksextremismus im Gegensatz zum Rechtsextremismus eben nicht vollumfänglich von allen Teilen der Politik und auch der Gesellschaft so klar und deutlich verurteilt wird, wie er verurteilt werden müsste, aber das gilt ganz sicher nicht für unsere Behörden, und das gilt ganz sicher nicht für unseren Innenminister!" erboste sich die Unions-Abgeordnete Caroline Bosbach. Sie hatte sich gewünscht, dass über den "Linksterror" in der Sache diskutiert werden könne, aber die AfD mache das mit solchen haltlosen Vorwürfen unmöglich. Ihr Kollege David Gregosz sah das ähnlich, der Staat brauche einen 360-Grad-Blick gegen seine Feinde, und der Antrag der AfD greife zu kurz, weil er eben nur eine Gefahr sähe. Florian Oest räumte wenigstens noch ein, dass vom "Rechtsextremismus" die größere Gefahr ausgehe. Die Grünen wandten sich dem Wort nach gegen die AfD. Mit ihrer Distanzierung von "jedem Extremismus", der Gleichsetzung von Faschismus und Sozialismus, bedienen sie den antikommunistischen Vorbehalt, der wiederum den Faschismus fördert.
SPD und Linkspartei mit den klarsten Positionen gegen die AfD
Für die SPD sprach unter anderem Helge Lindh, der sich durchaus treffend äußerte. Es gehe schließlich in Deutschland nicht darum, dass normales Verhalten als faschistisch dargestellt würde, wie die AfD behaupte. "Es geht darum, dass die reale Gefahr in diesem Land die Normalisierung des Faschismus durch Sie ist!" Er warnte sogar, ohne sich auszunehmen, die bürgerlichen Politiker: "Unser Versagen wird sein, wenn wir irgendwann zurückblicken und sagen, wir haben es nicht verhindert! Wenn wir am Tag danach sagen, die anderen haben die Macht übernommen! Und deswegen sagen wir Nein zu Ihrer Form von Faschismus!"
Ihm folgte Ferat Kocak für die Linkspartei. Seine Rede war eine deutliche Verurteilung der faschistischen Verbrechen, eindrücklich begonnen mit der Würdigung der Opfer von Hanau und des Muts ihrer Angehörigen. Er forderte zum antifaschistischen Widerstand auf, die Menschen sollten am 29.11. gegen die Neugründung der AfD-Jugend nach Gießen kommen. Die Linksfraktion stelle sich auch "genau so, wie wir uns gegen die Faschisten hier stellen, gegen die faschistische Regierung in Israel". Über die ganze Debatte versuchten AfD-Abgeordnete die Redner und Rednerinnen der anderen Parteien mit Zwischenfragen zu unterbrechen.
Die Sache ist nicht vorbei
Das Beunruhigendste aber bleibt, wie diese Debatte endete: Nicht etwa mit einer Ablehnung des Antrags, sondern im Rahmen einer interfraktionellen Absprache mit einer Überweisung an den Innenausschuss und den Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz. Als Bundestagsvizepräsident Bodo Ramelow das vortrug, erhob niemand einen Einwand.
Faktisch stellt die Überweisung an die Ausschüsse einen Auftrag an diese dar, den Antrag zu bearbeiten und Vorschläge dazu zu erarbeiten. Es kann also sehr wohl sein, dass das Anliegen des Antrags - im Kern eine Kriminalisierung und Diskreditierung des antifaschistischen Kampfs - damit in den Bundestag zurückkehren wird, dann aber nicht als Antrag der AfD, sondern als Vorschlag zum Beispiel des Innenausschusses, und damit für die Union viel zustimmungsfähiger. Die Antifa als Bewegung lässt sich sicher nicht formal verbieten, aber so demagogisch plakativ die Forderung auch ist, braucht es das nicht, um die Antifaschistinnen und Antifaschisten weiteren polizeilichen und juristischen Repressionen auszusetzen.