Italien
„Marcia per la pace“ – eine Region geht auf die Straße
Am Samstag, dem 4. Oktober, prägten in Italien landesweite Massendemonstrationen das Bild – allein 250.000 Menschen beteiligten sich in Rom.
Zeitgleich organisierte die Friedenskoordination von Valdarno (südlich von Florenz, Toskana) eine für die Region beachtlich große Demonstration für Frieden und Solidarität mit Gaza. Der Friedensmarsch führte von Montevarchi nach San Giovanni Valdarno. Aufgerufen hatten die Kommunen der fünf Ortschaften und fast alle Bürgermeisterinnen und Bürgermeister der Region sowie verschiedene Organisationen und einzelne Parteien wie die linksreformistische Partito Democratico (PD). An der Spitze des rund 6000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer umfassenden Demozuges war eine riesengroße Palästina-Fahne aufgespannt – es war beeindruckend!
Auffallend viele Jugendliche, Frauen mit Kindern und Familien prägten den Zug – viele begrüßten sich freudig und man spürte: Hier gehen Schüler, Familien, Kollegen, Nachbarn einer Region gemeinsam auf die Straße. Mit kämpferischen Parolen, Solidaritätsschildern, Pace- und Palästina-Fahnen wurde die große Solidarität mit den Menschen in Gaza zum Ausdruck gebracht. „Solidarität mit Palästina“, „free, free palestine“, „siamo tutti antifascisti!“ waren die beliebtesten Parolen. Immer wieder wurde „Bella ciao …“ angestimmt und „From the river to the sea …“ skandiert, während die wenigen anwesenden Polizisten freundlich den Verkehr regelten.
Dass man für diese Parole in Deutschland eine Anzeige kassiert, überraschte die Jugendlichen nicht schlecht. Beifall und „Daumen hoch“ als Zeichen der Verbrüderung gab es immer wieder für unsere Pappschilder mit Slogans auf Italienisch: „Solidarische Grüße von Gewerkschafter/innen aus Deutschland!“, „Arbeiter schießen nicht auf Arbeiter!“, „Gegen jeden imperialistischen Krieg“ und „Hoch die internationale Solidarität“.
Einige interessierten sich für die Broschüre „Über die Herausbildung der neuimperialistischen Länder“ von Stefan Engel, die wir auf Italienisch dabeihatten. Ein Mädchen aus einer der kämpferischen Cliquen meinte: „Das interessiert mich!“ und kaufte sie. Auf Italienisch und Englisch kamen wir ins Gespräch. Demoteilnehmerinnen und Demoteilnehmer aus großen Jugendgruppen, christlichen Pfadfindern und der Kultur-Assoziation erklärten uns, was sie heute hierher bewegt hatte. „Meloni hält zu Netanjahu und sie schweigt zum Genozid – das ist Komplizenschaft!“ Mit der Palästina-Solidarität kommt auch die wachsende Kritik an der Politik der Meloni-Regierung und an ihrem modernen Faschismus zum Ausdruck.
Auf unsere Frage, warum so wenig Organisationsembleme – und Fahnen bspw. von Gewerkschaften und Parteien – getragen wurden, erklärten uns ältere Kollegen: „Hier demonstriert die Bevölkerung ‚von unten‘. Wir haben viel Kritik an den alten Parteien und Strukturen.“ Um mit den brutalen Kriegstreibern und Faschisten fertig zu werden, brauchen wir allerdings weltweit ausdrücklich den Aufbau und die Stärkung fortschrittlicher Organisationen und revolutionäre Parteien – dafür gibt es viel Potenzial, dass es bewusst zu heben gilt.
Auf der Abschlusskundgebung bedankte sich die Bürgermeisterin von San Giovanni Valdarno im Namen weiterer Bürgermeister für die überwältigende Teilnahme und fand klare Worte: „Nein zum Krieg und Nein zu den Greueltaten in Gaza. Unsere Solidarität gehört Menschen in Palästina!“ Daran können sich staatliche Repräsentanten in Deutschland ein Beispiel nehmen!
Müde und erfüllt von diesem beeindruckenden Tag fuhren wir zurück in unsere Urlaubsunterkunft – das war internationale Solidarität live.
Nachtrag: Italienische Gewerkschaften hatten am 3. Oktober aus Solidarität mit der Hilfsflotte für Gaza und der durch das israelische Militär festgesetzten Besatzung zu einem Generalstreik aufgerufen. Nach Informationen der Gewerkschaften nahmen über 2 Millionen Menschen daran teil!