"Klarer Gewerkschafts- und Klassenstandpunkt" erforderlich
Bosch: Vor dem Tor war die Mehrheitsmeinung Streik
Die Beschäftigten von Bosch hatten nach Ankündigungen des Vorstands in den letzten Monaten mit einigem gerechnet. Doch die Bekanntgabe, zu den bereits beschlossenen 9000 Arbeitsplätzen bis 2030 weitere 13 000 zu vernichten, hat dann doch eingeschlagen wie eine Bombe.
Ein Kollege berichtet von einem Einsatz: „Vor dem Tor war die Mehrheitsmeinung: ‚Jetzt hilft uns nur ein Streik'.
Inzwischen wurde bekannt, welche Standorte und Werke und wie viele Arbeitsplätze betroffen sein sollen:
- Stuttgart Feuerbach: 3500 Arbeitsplätze bis 2030
- Schwieberdingen: 1750 Arbeitsplätze bis 2030
- Cross Domain Computing Solutions (u.a. Leonberg, Abstatt, Renningen, Schwieberdingen, Hildesheim): 1750 Arbeitsplätze bis 2027
- Bühl: 1550 Arbeitsplätze bis 2030
- Schwäbisch Gmünd: 1300 Arbeitsplätze von 2027 bis 2030
- Homburg: 1250 Arbeitsplätze bis 2030
- Reutlingen: 1100 Arbeitsplätze bis 2029
- Hildesheim: 600 Arbeitsplätze bis 2026 und 150 bis 2032
- Waiblingen: 560 Arbeitsplätze bis 2028
Außerdem ist die Vernichtung tausender weiterer Arbeitsplätze in der Verwaltung und bei den ausländischen Tochtergesellschaften geplant. Weltweit hat Bosch bereits 10 000 Arbeitsplätze im Automobilbereich vernichtet.
Bosch verfolgt mit dem massiven Kahlschlagprogramm das Ziel, auch in dem durch ökonomische, politische und militärische Krisen erschütterten weltweiten imperialistischen System seine Weltmarktführerschaft zu behaupten. Dazu ist der 2024 vor Zinsen und Steuern erzielte Gewinn von 3,5 Prozent dem Vorstand zu wenig. Für 2026 plant die Bosch-Gruppe eine Zielrendite von sieben Prozent. Bosch strebt im Durchschnitt bis 2030 ein jährliches Umsatzwachstum von sechs bis acht Prozent bei normalen Inflationsraten von zwei bis drei Prozent an. Dazu Stefan Hartung, Vorsitzender der Geschäftsführung der Robert Bosch GmbH: „Wir werden weiter intensiv an Kosten und Strukturen arbeiten und uns auf gewinnbringende Geschäftsfelder konzentrieren.“ Mit dem Ziel, „spätestens in fünf Jahren zu den führenden drei Anbietern in unseren Kernmärkten gehören können.“
Unter den Kolleginnen und Kollegen gibt es eine entfaltete Diskussion, wie der Kampf um jeden Arbeitsplatz erfolgreich geführt werden kann. Dazu hat ein ehemaliger Bosch-Kollege auf einer Delegiertenversammlung der IG Metall unter anderem folgendes gesagt: „Für Niederlagenstimmung ist aber kein Platz: Es ist Zeit für einen klaren Gewerkschafts- und Klassenstandpunkt. Schlechte Laune, Niedergeschlagenheit kommt auf, wenn wir uns den Kopf der Gegenseite, des Kapitals, der Großkonzerne zerbrechen und unsere eigenen Zukunftsinteressen wie Arbeitsplätze, demokratisch Rechte und Frieden, und eine gesunde Umwelt aus den Augen verlieren. Je freier wir uns als solidarische Kolleginnen und Kollegen von dem Geschäftemacher- und Eigentümerwahn und der dazugehörigen Weltsicht befreien, erkennen wir auch unsere Stärken besser. … Flagge zeigen ist angesagt. Im Kampf um jeden Arbeitsplatz, im Friedenskampf und für unseren Planeten. Also: Gewerkschafts- und Klassenstandpunkt einnehmen, zusammenstehen und kämpfen.“
Bosch hat den Gesamtbetriebsrat (GBR) zu ersten Gesprächen am Freitag eingeladen. Dabei gibt es offensichtlich im GBR die Bereitschaft, die Gespräche bzw. Verhandlungen mit dem Vorstand dezentral, also von den einzelnen Betriebsräten führen zu lassen. Zum einen stellt sich die Frage, worüber soll denn verhandelt werden? Das nur auf Tariffragen eingeschränkte Streikrecht erlaubt nur Verhandlung über die Bedingungen und Modalitäten der Arbeitsplatzvernichtung und Betriebsräten sind gesetzlich Aufrufe für Kampfmaßnahmen untersagt. Das kompromisslose und harte Vorgehen des Vorstands verlangt dagegen eine ebenso konsequente Haltung.
In dem Angriff auf über zehn Standorte liegt die große Chance, die geballte Kraft der gewerkschaftlich gut organisierten Belegschaften zum Einsatz zu bringen. Die gemeinsamen Aktionstage in der Vergangenheit haben gezeigt, dass die Belegschaften bereit sind, die Pläne des Vorstands nicht kampflos hinzunehmen. Der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Frank Sell kündigte an: "Für uns ist klar, dass das ein extrem heißer Herbst werden wird, weil wir natürlich kämpfen werden wie die Löwen.“ Dabei wird es darauf ankommen, gewerkschaftliche mit selbständigen Aktivitäten mit dem Ziel zu verbinden, einen selbständigen Streik in allen betroffenen Bosch-Betrieben zu organisieren. Das wäre auch eine Kampfansage an den „Herbst der Grausamkeiten“ der Regierung und gegen eine Eskalation der Kriege in der Ukraine und in Gaza.