Fake „Totalverweigerer“
Forschungsbericht der Bundesagentur für Arbeit entlarvt Hetze von Heil und Spahn
In der Bürgergeld-Debatte wird seit geraumer Zeit ein neues Unwort lanciert: „Totalverweigerer“. So werden Menschen eingestuft, die angeblich jede Arbeit, die ihnen von der Agentur für Arbeit vermittelt wird, ablehnen.
Natürlich sind Menschen, die nicht arbeiten wollen und auf Kosten von anderen leben, zu kritisieren. Aber mit der Verbreitung dieses Begriffs wird v.a. Stimmung gegen Arbeitslose und Bürgergeldempfänger gemacht. Sinn und Zweck davon? Spaltung - damit diejenigen, die im großen Stil auf Kosten von anderen leben wie Monopole und Milliardäre aus der Schusslinie kommen und auch das kapitalistische System, dass ihnen dieses Leben ermöglicht.
Wie sehr das Wort "Totalverweigerer" ein Stimmung macht, wird jetzt sogar in einer aktuellen Studie der Bundesagentur für Arbeit selbst deutlich. Darin wird zunächst "nach Herkunft, Bedeutung und Auswirkung der Bezeichnung ‚Totalverweigerer‘ gefragt. Sie wurde "ursprünglich von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil für Grundsicherungsbeziehende (verwendet), die mehrfach die Aufnahme einer Erwerbsarbeit verweigern (...). Ende März 2024 wurde dann eine neue Leistungsminderung für derartige Verstöße eingeführt – in Form eines Wegfalls des Regelbedarfs für zwei Monate nach §31a Abs. 7 SGB II.“
Die Studie stellt dann fest, dass laut ihren Quellen die Zahl derjenigen, die unter diesen §31aAbs.7SGB II fallen, von April 2024 bis Juni 2025 "in der Summe (nicht pro Monat) im niedrigen zweistelligen Bereich" lag. "Einen weiteren Hinweis auf die geringe Anzahl der Leistungsminderungen nach §31a Abs. 7 SGB II liefert eine Anfrage der Welt am Sonntag bei 60 Jobcentern in Groß- und Mittelstädten aus allen 16 Bundesländern. Die 60 Jobcenter meldeten keine dokumentierten Fälle von Leistungsminderungen (...) zurück." Die Studie kommt dann zu dem Schluss: "Angesichts dieser Hinweise sind sogenannte Totalverweigernde (...) äußerst selten.“
Damit wird auch Lars Klingbeil kritisiert, wenn er sagte: „‘Das, was die Menschen trifft in ihrem Gerechtigkeitsempfinden, ist, wenn da auf einmal 16.000 sind, die sich jeglicher Mitarbeit mit dem Staat verweigern. Die also Solidarität des Staates ausnutzen, sich zurücklehnen und sagen, ich muss nichts machen. Und denen muss man sehr klar sagen, es gibt kein Recht auf Faulheit.‘“ Wo kommt die Zahl von 16000 her? Die Studien sagt was anderes.
Sie liefert allerdings Leuten wie Klingbeil, Heil, oder dem sich besonders aggressiv äußernden Jens Spahn (CDU) auch eine Brücke, um aus diesem Dilemma herauszukommen, indem sie die Verantwortung für diese falschen Zahlen den eigenen Mitarbeitern der Jobagentur in die Schuhe schiebt: „Sind erwerbsfähige Leistungsberechtigte auch nur einzelne Merkmale der Sozialfigur zuschreibbar, wird dies in der subjektiven Einschätzung der Vermittlungsfachkraft in einigen Fällen bereits als Annäherung an eine Art Totalverweigerung gewertet.“
Das Ziel für diese Hetze ist klar. Begleitmusik für Abbau von Bürgergeld, keine Erhöhung des Mindestlohns, Arbeitende gegen Arbeitslose aufhetzen. Die Hetze kann nur wirken, weil ein richtiger Gedanke enthalten ist. Klar formuliert: Wer nicht arbeitet, soll auch kein Geld kriegen, jeder soll nur das Geld bekommen, für das er arbeitet – „es gibt kein Recht auf Faulheit“. Richtig zu Ende angewandt beträfe das dann wohl den größten Teil der Millionäre in der BRD. Wenn ein Staat alles das Geld kassieren würde, das sie faul kassieren, ohne dafür zu arbeiten – das wären Billionen – toll!
Warum sollen sich die werktätigen Massen mit immer größerer Arbeitshetze und immer längeren Arbeitszeiten kaputt schaffen? Würde die Arbeitszeit auf 30 Stunden pro Woche bei vollem Lohnausgleich gesenkt, würde das Arbeitsplätze schaffen. Würden alle Jobs so bezahlt werden, dass man davon leben kann, bräuchte keiner Bürgergeld zum Aufstocken beantragen. So könnte man Bürgergeld abschaffen! Auf Kosten der Profite!
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Kabinettsklausur scheren sich wenig um die Enthüllungen der Studie. Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) kündigt an, dass ihr Gesetzentwurf "zu einer Reform des Bürgergelds" schon im Oktober durch das Kabinett geht. Im Interesse der "Gerechtigkeit" sollen Sanktionen gegen Bürgergeldempfänger verschärft werden bis zur kompletten Streichung. Laut Berichten der Süddeutschen Zeitung und der Bildzeitung soll Bürgergeldempfängern, die Termine versäumen oder Jobangebote ablehnen, bis zu 30 Prozent des Bürgergelds gestrichen werden. Gänzlich eingestellt werden soll das Bürgergeld für Menschen, die weder auf Briefe reagieren noch an der Meldeadresse anzutreffen sind. Auch die Höhe der Schonvermögen und die Mietzuschüsse sollen gesenkt werden.
Welche "Gerechtigkeit" meint Bärbel Bas? Gerechtigkeit zwischen dem Phantom "Totalverweigerer" und den Arbeiterinnen und Arbeitern? Angesichts der verschwindend niedrigen Zahl von "Totalverweigerern" wird bei ihrer verschärften Sanktionierung finanziell wohl eher wenig für den Staat herausspringen. Hauptzweck der Drohkulisse ist also wohl die Spaltung zwischen Arbeitenden und Arbeitslosen. Darauf dürfen wir uns nicht einlassen, sondern wir müssen uns zusammenschließen und gemeinsam kämpfen:
- Gegen die Spaltung der Arbeiterklasse in Arbeitende und Erwerbslose!
- Für höhere Löhne auf Kosten der Profite!
- Keine Kürzungen und keine Ausweitung der Sanktionen beim Bürgergeld!
- Einführung der 30-Stunden-Wpoche bei vollem Lohnausgleich auf Kosten der Profite!
- Arbeitslosengeld I für die Dauer der Arbeitslosigkeit!