Berlin / Stuttgart

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Große Friedens-Demos mit klarer Abgrenzung gegen Faschismus und Rassismus

Die Rote Fahne Redaktion berichtet von den bundesweiten Demonstrationen "Nie wieder kriegstüchtig – Stoppt den Völkermord in Gaza – Stoppt den Krieg in der Ukraine", die heute durch Berlin und Stuttgart gezogen sind:

Von jw / gis
Große Friedens-Demos mit klarer Abgrenzung gegen Faschismus und Rassismus
Blick von vorn auf den Block des Internationalistischen Bündnisses in Berlin (rf-foto)

Aus Berlin wird berichtet:

Das Teilnehmerfeld der Demonstration in Berlin reichte von Friedenskämpferinnen und Friedenskämpfern aus örtlichen Friedensinitiativen, das BSW, mera25, einige aus der Gewerkschaftstjugend, die DKP, die SDAJ bis zu den auch stark vertretenen  Montagsdemos und MLPD und REBELL. Viele Palästinafahnen waren zu sehen. Die Veranstalter sprechen von 20.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern; andere schätzen circa 10.000.


Bis kurz vor 13 Uhr gab es auf dem Wagen des Internationalistischen Bündnisses ein Warm-up mit Kultur und ersten Redebeiträgen. Es sprach unter anderem Gabi Fechtner, die Vorsitzende der MLPD.

 

Jetzt ist das offizielle Programm gestartet. Gerade spricht Özlem Demirel, Europaabgeordnete der Linkspartei. Beifall brandet auf, als sie gegen den Völkermord in Gaza protestiert und die Bundesregierung attackiert.

 

Auf dem gut gefüllten Platz wehen zahllose Fahnen und Transparente. Die MLPD unterstützt erstmals offiziell dieses Demonstrationsformat. Der Aufruf distanziert sich nach verschiedenen kritischen Diskussionen dieses Jahr erstmals eindeutig von allen Formen des Rassismus, Faschismus und Antisemitismus. Das ist sehr zu begrüßen, so ein Sprecher der MLPD. „Wir lehnen jede Querfront mit modernen Faschisten wie AfD & Co. ab, deren Friedenstönen man in keiner Weise trauen kann. Faschismus bedeutet schärfste Reaktion nach innen und treibt die Aggression nach außen bis zu Krieg und Weltkrieg." Darüber gab es mit einigen Teilnehmenden durchaus kontroverse Diskussionen.

 

Im offiziellen Programm wird die Kriegsrhetorik der NATO zu Recht und überzeugend gebrandmarkt. Die Rednerinnen und Redner stellten sich aber auch nicht auf die Seite Russlands. Heute steht in hunderten Gesprächen vor allem die einhellige Ablehnung des bundesdeutschen Megaaufrüstungsprogramms und ihrer Kriegsvorbereitung im Zentrum. Besonders anziehendes Thema rund um den Block des Internationalistischen Bündnisses: Die Diskussion über Kapitalismus und Imperialismus als Ursache der ganzen wachsenden Kriegsgefahr und des Faschismus und der echte Sozialismus als Perspektive! Ein weiteres wichtiges Thema war, dass Faschisten wie Donald Trump die Kriegsgefahr anheizen. Hier gab es viel Zustimmung. Die Forderungen gegen Hochrüstung, neue Mittelstreckenraketen und die Kritik an der gesellschaftlichen Militarisierung durch die Herrschenden, die schon an den Schulen etc. beginnt, waren prägende Themen. Wichtig war auch die Diskussion, dass man angesichts der Kritik am Hauptkriegstreiber auf der Welt, USA und NATO, nicht die Kritik am neuimperialistischen Russland unterschlagen darf.

 

Inzwischen spricht Ralf Stegner, MdB der SPD. Er versucht den kritischen Spagat zwischen den Demonstranten und seiner Regierungspartei. Alle müssten doch Friedensfreunde sein. Es ist mutig angesichts der Tatsache, dass die SPD in der Regierung diesen Kurs mitmacht, hier zu sprechen. Es scheint aber illusorisch, seine Parteispitze von ihrem Kriegskurs abzubringen. Aber immerhin distanziert er sich von Netanjahu und von der Propaganda: Frieden sichern durch Abschreckung. Als Stegner dann EU und OSZE als Friedenskräfte benennt, sinkt der Applaus gegen Null ab.

 

Auf dem LKW von Internationalistischem Bündnis und bundesweiter Montagsdemo spricht auch ein Genosse der Union Prolétarienne Marxiste-Léniniste (UPML), der ICOR-Organisation¹ aus Frankreich. Er betonte das Signal eines länderübergreifenden Aufbruchs der internationalen Jugendbewegung – so wie früher der Vietnamkrieg vor 50 Jahren politisiert heute der Gazakrieg die Jugend, so Marc von der UPML.

 

Literatur- und Rote Fahne-Verkäufer berichten von hunderten intensiven Gesprächen. Über Kriegsgefahr und gegen den Völkermord in Gaza ist man sich mit vielen schnell einig, berichtet einer. Dann geht die Diskussion oft über den Sozialismus. Was viele Leute bewegt, ist zudem die ungeheure Manipulation der öffentlichen Meinung und vor allem, wie man damit fertig werden kann. Da passt die aktuelle Ausgabe aus der theoretischen Reihe der MLPD, REVOLUTIONÄRER WEG, mit dem Titel „Die Krise der bürgerlichen Gesellschaftswissenschaften, der Religion und der Kultur“ wie die Faust aufs Auge, enthält sie doch genau zu dieser Frage ein ganzes Kapitel.

 

Als letzten Beitrag vor der Demonstration wurde von der Moderation zur Solidarität mit Christopher T. aufgerufen. Der Verdi-Vertrauensmann wurde bei DHL gekündigt, weil er die Waffentransporte des Unternehmens kritisiert hatte. Hunderte nahmen den Flyer zur Solidarität mit ihm mit. Später wurde diese Solidarität auch von der Hauptbühne betont. Dann begann die Demo. Mit sechs Lautsprecher-LKWs. Auf dem Wagen des Internationalistischen Bündnisses erklang zuerst der Song „We will not go down“ (Gaza tonight) von Michael Heart.

 

Christian Link, Bergmann aus dem Ruhrgebiet und Vertreter der Bergarbeiterbewegung Kumpel für AUF, spricht gegen den Imperialismus und die Weltkriegsvorbereitung der Bundesregierung. Am Infostand der MLPD waren bereits vor der Demo Dutzende Rote Fahne Magazine verkauft worden. Etliche Parteiprogramme und sehr viele  Broschüren v.a. zu Palästina sowie einige Bücher gingen über den Tisch – viele sind auf der Suche nach Antworten.

 

Gabi Fechtner spricht auf dem LKW: „Was wir in Gaza beobachten, ist kapitalistische Barbarei in Reinkultur. Wir verteidigen das Recht auf bewaffneten Befreiungskampf des palästinensischen Widerstandes“, so die Vorsitzende der MLPD. Sie unterstütze vieles, was heute hier gesagt wurde. Aber sie kritisiert jede Illusionsmacherei. "Wir sagen deshalb: Vorwärts zum echten Sozialismus statt Hoffnung auf die imperialistische Diplomatie!" Zuletzt ging sie auf positive Errungenschaften des Sozialismus ein, ohne über Probleme und negative Erfahrungen zu schweigen.

 

Auf dem Wagen des Internationalistischen Bündnisses sprechen auch Ibrahim Ibrahim vom Demokratischen Komitee Palästina und eine Vertreterin des Palästinensischen Nationalkomitees. Ernesto vom Jugendverband REBELL ruft im Anschluss die Jugend dazu auf, sich nicht für die Kriege der Herrschenden verheizen zu lassen. „Stattdessen wollen wir für eine Zukunft kämpfen, für den Sozialismus!“ Viele Jugendliche trugen sich heute in die Listen für die vom Jugendverband REBELL neu initiierten Gaza-Solidaritäts-AGs ein. 

15.000 bei der großen Friedensdemonstration in Stuttgart

Zur Stunde, kurz vor 16 Uhr, kehrt die Stuttgarter Demonstration wieder auf den Schlossplatz zurück, wo die Abschlusskundgebung stattfinden wird. Schon zu Beginn der Auftaktkundgebung war der Schlossplatz brechend voll, während der Kundgebung kamen laufend neue Leute dazu und die Aufstellung der Demo dauerte ganz schön lange. Nicht, weil die Leute langsam waren, sondern weil es so viele waren. In vier Blocks, darunter einer des Internationalistischen Bündnisses, zog die Demo durch die Stuttgarter Innenstadt, laut, lebendig, bunt. Die häufigste und lauteste Parole war "Viva Viva Palästina" und "Freiheit für Palästina". Vor der Demo gab es einen Video-Gruß an die Mitstreiterinnen und Mitstreiter in Berlin: "Der Südwesten steht auf gegen Krieg und Militarismus". Fahnen wurden geschwenkt, Parolen gerufen, Jetzt gerade grüßen die Berliner zurück. Die Veranstalter verkünden es auf der Abschlusskundgebung: 15.000 Leute sind es bei der großen Friedensdemonstration in Stuttgart.

 

An der Begrüßungskundgebung von Internationalistischem Bündnis und Bundesweiter Montagsdemobewegung am Pusteblumenbrunnen in der Königstraße nahmen ca. 200 Menschen teil. IG Metaller von Daimler Truck, Mercedes, Bosch positionieren sich gegen Arbeitsplatzvernichtung und Aufrüstung zur Kriegswirtschaft. Sie erklärten sich auch solidarisch mit dem von der DHL gekündigt Kollegen Christopher. Die gemeinsamen Forderungen der Demonstration gegen den Völkermord in Gaza, Schluss mit dem Krieg wurden bekräftigt. Es sprachen auch ein iranischer Kollege zur Palästinesolidarität, die Umweltgewerkschaft, die MLPD und der Jugendverband REBELL. Sie betonten die notwendige Bewusstseinsbildung angesichts der psychologischen Kriegsführung. Die Genossin der MLPD machte klar, dass die Widersprüche zwischen den Imperialisten, alten und neuen, in ihrer Gier nach Macht, Einfluss, Absatzmärkten, Weltherrschaft auf einen Dritten Weltkrieg hinauslaufen. Sie rief leidenschaftlich auf: Durchkreuzen wir diese Pläne! Aktiver Widerstand gegen einen Dritten Weltkrieg! Immer mehr Montagsdemos aus Baden-Württemberg Saarland und Bayern trafen ein, stimmten in Lieder ein und gingen dann gemeinsam zur Auftaktkundgebung zum Schlossplatz.

 

Dutzende von Ständen, Pavillons und Büchertische aus dem Spektrum der 200 Organisationen, die zu der Demo aufgerufen haben, säumen den Schlossplatz: Die DIDF, DFG-VK, YDG, Frauenverband Courage, Pax Christi, MLPD, DKP, Linkspartei, regionale Friedensbündnisse aus dem Schwarzwald, von der Schwäbischen Alb und aus weiteren Regionen, Frauen- und Jugendgruppen, VVN. Sehr viele junge Menschen beteiligen sich. Gewerkschaftsfahnen sieht man viele von Ver.di und der GEW, IG-Metall-Fahnen gibt es auch, aber nicht so viele, wie es von der industriellen Basis der Stuttgarter Region her nötig wäre. Im Vorfeld gab es auf Delegiertenversammlungen der IG Metall eine entfaltete Auseinandersetzungen. 

 

"Bei unseren Gesprächen war hervorstechend, wie tief berührt die Leute vom Leid der Menschen in Palästina sind", berichtete eine Aktivistin, die mit einem der Trupps unterwegs war. "Die Werbung für die Gaza-Solidaritäs-AGs traf ins Schwarze. Die Menschen, hauptsächlich junge Leute, die sich für den palästinensischen Befreiungskampf engagieren, wollen unbedingt, dass es mehr werden - und dass sie organisiert zusammenarbeiten. Da waren zum Beispiel junge Mädchen, die zu zweit in ihrem Dorf Aktionen für den palästinensischen Überlebens- und Befreiungskampf machen und die sich richtig danach sehnen, mit Gleichgesinnten in Verbindung zu treten sich auszutauschen und gemeinsam zu kämpfen." Der Bücherstand der MLPD an zentralem Standort auf dem Schlossplatz war ständig umlagert und es wurden die ganze Zeit über leidenschaftlich diskutiert. 

 

Bei der Auftaktkundgebung sprachen kämpferische Rednerinnen und Redner verschiedener Parteien und Organisation engagiert gegen Kriegstreiberrei, Militarisierung und die Abwälzung der Krisenlasten auf die Massen. Eine Kollegin der SPD warb für ihre Plattform gegen den Krieg, mehrere Redner positionierten sich gegen die Stationierung der amerikanischen Mittelstreckenraketen. Die Solidarität mit den vom zionistischen Israel inhaftierten und entführten Aktivisten der Gaza Flotilla war ein wichtiges Thema, es sind auch Leute aus der Gegend um Stuttgart dabei, darunter Judith Scheytt. Bei der Abschlusskundgebung sprach die evangelische Theologin Margot Käßmann und positionierte sich klar gegen die Aufrüstung und die Politik der Kriegstüchtigkeit der Bundesregierung. Der Landesgeschäftsführer der VVN machte deutlich, dass Faschismus und Krieg Zwillingsbrüder sind und man sie gemeinsam bekämpfen muss.

 

Auf der Demo waren viele kreative Transparente mit von der Partie, für den palästinensischen Befreiungskampf, gegen die Wiedereinführung der Wehrpflicht, gegen Kriegswirtschaft, gegen die Unterstützung des Genozids durch Israel in Palästina, gegen amerikanische Mittestreckenraketen und Militärstützpunkte, gegen Arbeitsplatzvernichtung und Sozialabbau. Ver.di-Kolleginnen trugen Schilder und Transparente mit der Forderung "Soziales Rauf, Rüstung runter". "Der Kapitalismus trägt den Krieg in sich wie die Wolke den Regen", war eines von Dutzenden Transparenten, die den Kapitalismus und den Imperialismus als Ursache von Kriegstreiberei an den Pranger stellten. MLPD und REBELL rufen zum aktiven Widerstand auf und zur Unterstützung des palästinensischen Befreiungskampfs.

 

Es gab aber auch etliche Redner und Transparente, die Illusionen in die bürgerliche Demokratie schürten. In zahlreichen Gesprächen setzten sich Aktivisten und Aktivistinnen von MLPD, REBELL und Internationalistischem Bündnis mit diesen Illusionen auseinander. Wenn man allein den heuchlerischen "Friedensplan" von Donald Trump für Gaza betrachtet, hat man schon schlagende Argumente gegen diese "Diplomatie". Ein Transparent von Jugendlichen: "Diplomatie ist die Fortsetzung des Kriegs mit anderen Mitteln." 

 

Die Stärke der Demonstration heute in Stuttgart war das breite Spektrum. Es wurde deutlich, dass die Sorge um den Weltfrieden und die Gegnerschaft zur faschistischen Kriegsführung Israels im Gaza die Menschen über politische Meinungsverschiedenheiten und weltanschauliche Grenzen hinweg eint. Die führende Rolle der Arbeiterklasse muss entwickelt werden.

 

Hier ein Video-Statement von Gabi Fechtner, Vorsitzende der MLPD, von der Antikriegsdemo in Berlin am 03.10.

 

Hier eine kurze Video-Reportage von den Demonstrationen in Berlin und Stuttgart am 03.10.