Nullnummer besonders für Frauen
Regierungspolitik: Verbesserung der Lebensbedingungen aller – eine dreiste Lüge!
In ihrer 100-Tage-Bilanz vom August 2025 behauptet die Bundesregierung vollmundig: „Die Bundesregierung will die Lebensbedingungen für alle verbessern“ und „Der Anfang ist gemacht.“
Allerdings ist der Anfang gemacht bei der massiven Aufrüstung der Bundeswehr, dem Vorantreiben der „Kriegsfähigkeit“ und der Einleitung einer „Wirtschaftswende“ zugunsten der Profite und internationalen Konkurrenzfähigkeit der Monopole. So gibt es bereits seit Juli 2025 eine verbesserte Abschreibungsmöglichkeit für Unternehmen. Ab 2028 wird die Körperschaftssteuer gesenkt. (1) Mit einem „Arbeitsmarktstärkungsgesetz“ sollen „Anreize“ geschaffen werden, damit Menschen mehr und länger arbeiten bzw. ausgebeutet werden. Kernpunkte sind neben der Aktivrente steuerfreie Zuschläge auf Überstunden bei Vollzeitbeschäftigten. (2)
Damit Unternehmen in Deutschland mehr investieren, sollen nicht nur „bürokratische Hürden“, unter die auch Umweltschutzmaßnahmen fallen, verschwinden. Unter dem Deckmantel von Reformen für eine „zukunftsfähige soziale Sicherung“ wird zum Angriff auf soziale Errungenschaften geblasen. „Wir können die sozialen Versprechen nicht halten, indem wir wenigen, sind sie auch noch so reich, möglichst viel nehmen“, sagte Kanzler Merz in der Haushaltsdebatte am 17. September 2025. (3) Dann lieber die Arbeiter und die breiten Massen zahlen lassen! Dass wir ihm das auch noch als „soziale Gerechtigkeit“ abkaufen, glaubt er doch selbst nicht.
Im Zentrum der Angriffe steht aktuell das Bürgergeld, das in eine „Grundsicherung für Arbeitssuchende“ umgewandelt werden soll mit Milliarden-Kürzungen und verschärften Sanktionen. (4) Perfide wird der Missbrauch von Bürgergeld hochgespielt, um Arbeitende und Arbeitslose gegeneinander auszuspielen. Dabei sind laut einer neuen Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zwischen April 2024 und Juni 2025 noch nicht einmal 100 von den rund vier Millionen als erwerbsfähig eingestuften Leistungsberechtigten, deren Leistungen wegen mehrfacher Ablehnung von Arbeitsangeboten sanktioniert wurden. Nur 355 Menschen wurde dies angedroht. (5)
„Alle, die arbeiten können, sollen dies auch tatsächlich tun“, so Friedrich Merz. Prima, warum unterstützt er dann nicht die Kämpfe der Beschäftigten in der Automobilindustrie gegen die Vernichtung von tausenden von Arbeitsplätzen? Warum sorgt er nicht für genügend wohnortnahe und verlässliche Kinderbetreuungsplätze, damit mehr Mütter erwerbstätig sein können und sich ihre Lebensbedingungen verbessern? Die 100 Millionen Euro, die jährlich über zehn Jahre lang in die Sanierung und den Ausbau von KiTas gesteckt werden sollen, sind, wenn überhaupt, ein Tropfen auf den heißen Stein, zumal die Finanzierung von dringend benötigtem Personal für die fehlenden 400.000 KiTa-Plätze den Ländern und den eh schon klammen Kommunen überlassen wird.
Laut statistischem Bundesamt geben 32 Prozent der Frauen, die nicht erwerbstätig sind, als Grund Betreuungspflichten an. Das betrifft besonders auch Alleinerziehende. Sie stellen mit ihren Kindern 18,1 Prozent aller Bedarfsgemeinschaften im Bürgergeld. Und wie stellt sich der Kanzler der Konzerne das Leben mit Bürgergeld vor, wenn er hier noch kürzen will? Soll er mal mit den Betroffenen sprechen. Der Verein Sanktionsfrei hat über das Umfrageinstitut Verian eine Umfrage unter 1.014 von ihnen durchgeführt. Die Ergebnisse sprechen von täglichem Verzicht, psychischer Belastung und geringen Aussichten auf Arbeit. 72 Prozent der Befragten sagen, der Regelsatz reiche für ein menschenwürdiges Leben nicht aus. Nur in jedem zweiten Haushalt werden alle satt. 54 Prozent der Eltern verzichten zugunsten ihrer Kinder auf Essen. 28 Prozent machen sich Sorgen, obdachlos zu werden – zumal die Kürzung der Mietzuschüsse im Raum steht. Die Mehrheit der Befragten möchte vom Bürgergeld unabhängig sein, findet aber keinen Job und fürchtet weitere Verschärfungen. (6) Was für ein Armutszeugnis für dieses kapitalistische Gesellschaftssystem mit seiner Regierung.
Weitere Angriffe z. B. bei Krankenversicherungen und Pflege werden vorbereitet. Wenn Kanzler Merz mehr „Eigenverantwortung“ fordert, dann müssen alle Alarmglocken schrillen. So brescht der Drogen- und Suchtbeauftragte der Bundesregierung, Prof. Dr. Streeck, vor und fordert Selbstbeteiligungen für jeden Arztbesuch. Das würde vor allem chronisch kranke, behinderte und alte Menschen treffen, die regelmäßige Kontrollen und Medikamente brauchen. Der Professor will damit in den Kampf ziehen gegen „Bagatellbesuche“ und die von ihm diagnostizierte „unsolidarische Vollkasko-Mentalität“. (7)
Was für ein abgehobenes, reaktionäres Weltbild! Musste er schon mal Angehörige pflegen, die halb genesen aus der Klinik entlassen wurden, und warum prangert er nicht die Absahn-Mentalität von Pharma- und Geräteindustrie an? Und was die „Eigenverantwortung“ angeht: Die praktizieren die Familien und insbesondere die Frauen doch täglich für gesellschaftlich notwendige Aufgaben. Wie wäre es, die Verantwortung der Konzerne dafür einzufordern, z. B. mit einer umsatzbezogenen Sozialsteuer von 8 Prozent, wie sie die MLPD fordert?
Im Übrigen ist der Haushalt der Bundesregierung frauenpolitisch eine Nullnummer. Gelder für die Umsetzung des neuen Gewaltschutzgesetzes müssen erst ab 2028 locker gemacht werden und der Rechtsanspruch betroffener Frauen auf Hilfe und Beratung – einschließlich eines Platzes im Frauenhaus – gilt erst ab 2032. Eine Initiative zur Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs ist nicht in Sicht. Aber die katholischen Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen „Donum Vitae“ bekommen 700.000 Euro mehr. (8)
Wer die Interessen der Kapitalisten vertritt und sich ihrem Konkurrenzkampf um Profite und Macht verschrieben hat und gleichzeitig behauptet, er wolle die Lebensbedingungen für alle verbessern, der steht vor einer unlösbaren Aufgabe oder lügt bewusst. Um uns selber müssen wir uns selber kümmern. Für bessere Lebensbedingungen und eine Gesellschaft, in der es tatsächlich um die Lebensbedürfnisse der Menschen in Einheit mit der Natur geht, müssen wir schon selber aktiv werden, uns zusammenschließen und uns organisieren in MLPD, REBELL, den Gewerkschaften, der kämpferischen Frauenbewegung und überparteilichen Selbstorganisationen wie zum Beispiel dem Frauenverband Courage!