Ukrainekrieg

Ukrainekrieg

Auf dem Weg zum offenen Krieg zwischen Russland und NATO?

Trumps "Friedensinitiative" in Alaska ist grandios gescheitert: Der Krieg geht weiter. Die russische und die ukrainische Armee rüsten weiter auf, ebenso wie die EU-Staaten. An der Front hat sich die Lage in den letzten Wochen insofern nicht wesentlich verändert, als dass trotz aller ukrainischen Behauptungen weiterhin alle Informationen, die man tatsächlich überprüfen kann, das folgende Lagebild erzeugen: Die russische Armee bleibt auf dem Vormarsch.

Von fu
Auf dem Weg zum offenen Krieg zwischen Russland und NATO?
Ein Blick auf den Frontverlauf zeigt deutlich, dass die Initiative bei der russischen Armee liegt. (Bild: DeepStateMap)

Die jüngst gemeldeten Angriffe zeigen deutlich, dass sich die russischen Militärs bei ihren Vorstößen jetzt darauf konzentrieren, die um die Städte Kupiansk-Vuzlovyi, Stepove, Kostjantyniwka und vor allen Dingen Pokrowsk entstandenen Kessel langsam zu schließen oder einzudrücken. Bei Pokrowsk unternimmt das ukrainische Militär erkennbar Gegenangriffe. Dabei scheint es zwischenzeitlich gelungen zu sein, die Spitze des nördlichen Vorstoßes der russischen Armee von der Front abzutrennen.

 

Gleichzeitig intensivieren beide Seiten weiter den Beschuss in die Tiefe. Drohnen sind zu einem Hauptträger des Luftkriegs geworden; bei der ukrainischen Armee mit großem Abstand, während bei der russischen Luftwaffe auch die von Flugzeugen abgeworfenen Gleitbomben und Marschflugkörper weiterhin eine wesentliche Rolle spielen. Mittlerweile starten beide Seiten in mancher Nacht mehr Drohnen, Raketen und Marschflugkörper, als am Anfang des Krieges in Monaten verbraucht wurde. Dass die Verluste unter den Zivilisten dennoch in der Regel im niedrigen zweistelligen Bereich bleiben, impliziert zumindest, dass beide Seiten in der Hauptsache militärische und zivile Infrastruktur angreifen.

 

Die durchgeführten Angriffe sind dennoch verbrecherisch und nehmen unverhältnismäßige Konsequenzen für Mensch und Umwelt billigend in Kauf: Sonntagnacht griffen ukrainische Drohnen in Kirischi, einer Stadt rund 100 Kilometer südöstlich von St. Petersburg, eine der größten Raffinerien Russlands an und lösten einen Großbrand aus. Die ukrainische Führung legt auf Angriffe auf die Ölindustrie einen Schwerpunkt, sodass in Teilen Russland mittlerweile Treibstoffmangel entstanden sein soll. In Wladiwostok, einer Hafenstadt am Japanischen Meer (fast 6 000 Kilometer von der Ukraine entfernt) will der ukrainische Militärgeheimdienst HUR eine „Vergeltungsoperation“ durchgeführt haben; auf dem Parkplatz einer Kaserne sollen zwei Sprengsätze detoniert sein. Die russische Armee wiederum hat erst Montagnacht nach ukrainischen Angaben zehn Artillerie-Schläge mit Mehrfachraketenwerfern auf die Stadt und den Kreis Saporischschja durchgeführt, bei denen mehrere Zivilisten ums Leben kamen und mehr als ein Dutzend verletzt wurden.

Hauptmethode Terror

 

Würden Russland und die Ukraine ihre Drohnen im gleichen Maße gegen Zivilisten einsetzen, in dem die israelische Armee die Palästinenser in Gaza bekämpft, es wären Hunderte Tote am Tag zu beklagen. Das stellt nicht infrage, dass beide Seiten in Vergangenheit und Gegenwart keinerlei Rücksicht auf Zivilisten nehmen und sie auch immer wieder gezielt angreifen, sondern verdeutlicht die realen Verhältnisse dieses Krieges: Die Hauptwaffe beider Seiten gegen die Zivilisten ist aktuell Terror, nicht Massenmord.

Kriegsmüdigkeit trotz Krise an der Front

Die ukrainischen Operationen zu Land wirken zusehends träge, es fehlt an Soldaten; die Militärführung reagiert mit einer Umgruppierung und Reform nach der anderen. Die Regierung fürchtet die Reaktion der Massen auf eine Mobilisierung jüngerer Männer, denn die Kriegsmüdigkeit wächst und der Kriegsdienst wird nur unpopulärer. Zwangsrekrutierungen lösen immer wieder Empörung und Protest aus. Korruption und Schikane beherrschen die Armee, in der Faschisten zunehmend Einfluss genießen, der einfache Soldat aber keine Perspektive hat: Nach ukrainischem Recht kann er, sobald er einberufen wurde, die Armee nicht mehr verlassen bis der Krieg vorbei ist. Vor diesem Hintergrund sah sich die Selenskyj-Regierung jetzt sogar genötigt, die Ausreise junger Männer im Alter von 18 bis 22 offiziell zu erlauben, um die Wogen zu glätten.

 

Die prompt folgende Ankündigung, dass auch im Falle eines Waffenstillstands keine Demobilisierung in Frage kommt, dürfte der für Freiwillige im Alter von 18 bis 24 (ab 25 beginnt der Zwangsdienst) seit Beginn diesen Jahres gezahlten Prämie von einer Million Hrywnja (23.200 Euro) und dem monatlichen Sold von 120.000 Hrywnja (2.900 Euro) den Reiz wieder etwas nehmen. Und diese Prämien erreichten trotz der bitteren Armut der Ukrainer bisher nicht, dass sich Massen junger Männer für die Front gemeldet hätten (zum Vergleich: Der Durchschnittslohn der Ukrainer liegt irgendwo zwischen 13 000 [266,50 Euro] und 17 000 Hrywnja [348,50 Euro], der Mindestlohn bei gerade mal 8 000 [164 Euro]).

Sind wir schon im Krieg?

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Oleksandrowytsch Selenskyj hat nach den Ereignissen in Polen seine Forderung bekräftigt, den ukrainischen Luftraum durch die Luftabwehr der NATO und von deren Gebiet aus zu schützen. Dmitri Anatoljewitsch Medwedew, der stellvertretende Leiter des Sicherheitsrats der Russischen Föderation und Vorsitzender der Partei „Einiges Russland“, der auch der russische Präsident Wladimir Wladimirowitsch Putin angehört, schrieb auf seinem russischen Telegram-Kanal: "Die Umsetzung der provokanten Idee einiger Kiewer und sonstiger Idioten, eine Flugverbotszone über der ‚Ukraine’ einzurichten und mit Nato-Kräften unsere Drohnen abzuschießen, bedeutet bloß eins - einen Krieg der Nato mit Russland."

 

Dmitri Sergejewitsch Peskow, der Pressesprecher Putins, erklärte dann am Montag: "Die NATO befindet sich im Krieg mit Russland. Das ist offensichtlich und bedarf keiner weiteren Beweise. … Die NATO ist de facto in diesen Krieg verwickelt." Beim Gipfel der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) schworen Russland und China die Teilnehmer auf das Ende der US-Hegemonie ein - mit welchen Mitteln dieser Kaiser vom Thron zu stürzen sei, das ließen sie dort jedoch offen. Derweil hatte am Sonntag der faschistische US-Präsident Donald J. Trump erstmals, wenn auch nur in einem Nebensatz, Russland als den Aggressor im Ukrainekrieg bezeichnet.

 

Nein, im Krieg befinden sich die NATO und Russland mit seinen Verbündeten noch nicht; zumindest nicht in einem offenen Krieg. Aber alle Seiten bereiten diesen großen Krieg nach Kräften vor. Das müssen sich die Menschen in den beteiligten Ländern bewusst machen, sei das nun in Deutschland oder Russland: Wenn wir nichts tun, werden diese Pläne fortgesetzt und der Krieg entfacht, und zwar mit gesetzmäßiger Zwangsläufigkeit, weil die Imperialisten die Widersprüche zwischen ihnen schließlich nicht mehr anders lösen können. Zeit also, sich zu organisieren und zu handeln.

 

So lange der Weltkrieg noch nicht ausgebrochen ist, kann er verhindert werden.