Tübingen

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Palmer rollt roten Teppich für die AfD aus

Was ist los in Tübingen? Am 5. September lädt der „berühmteste“ Oberbürgermeister der Republik den Fraktionsvorsitzenden und Spitzenkandidaten der AfD in Baden-Württemberg, Markus Frohnmaier, ohne irgendeine Not in den größten städtischen Versammlungssaal ein.

Korrespondenz

Dies stieß von Anfang an auf breitesten Protest, nicht nur in Tübingen. Aber einige befürworten auch, dass Palmer mit der AfD spricht. Sie sei ja eine Partei, die demokratisch gewählt wird. Diese unterschätzen die Gefahr dieser neuen Art des Faschismus noch deutlich. Die AfD als scheinbar normale demokratische Partei zu behandeln, ist ein No-Go. Ihre faschistischen Führer benutzen demokratische Rechte hier im Land, um einen Faschismus à la Trump und Konsorten zu errichten. Deshalb müssen sie als gefährliche Feinde jeder Demokratie unerbittlich bekämpft werden.

 

Nun hat sich die ganze Sache so entwickelt: Am 5. September fand eine sehr beeindruckende Protestkundgebung über fünf Stunden hinweg direkt um die Versammlungshalle herum statt. Aber auch auf dem Tübinger Marktplatz war man einheitlich dafür, dass die AfD mit ihrer faschistischen, rassistischen und völkischen Ideologie keinen Platz in Tübingen hat. 


OB Palmer wird ganz prinzipiell dafür kritisiert, dass er selbstherrlich so tut, als könne er die AfD-Politik und -Weltanschauung mit guten Argumenten „entzaubern“, wie er auf Facebook verbreitete. Die Veranstaltung in der Heppertturnhalle konnte trotz eines Polizeiaufgebotes, wie es Tübingen noch nie erlebte, erst 45 Minuten später überhaupt irgendwie beginnen. Sowohl der Lärm der antifaschistischen Parolen in als auch außerhalb der Halle machte eine Debatte unmöglich. Immer wieder war unklar, ob die Veranstaltung nicht abgebrochen werden muss. Das konnten wir über den Livestream am Handy von außen zeitnah mitkriegen. 


Das stärkte immer wieder unseren Kampfgeist. Ein „Plan B“ sah vor, das Streitgespräch in einen kleinen, geschützten Raum zu verlegen. Dort hätte das dann nur unter sechs Augen stattfinden können: Palmer, Frohnmaier und ein Professor als Moderator! Erst nachdem einige Antifaschisten in der Halle dieselbe auf Polizeianforderung verlassen mussten, konnte die Veranstaltung beginnen. 

 

Der Saal war schon ziemlich geleert, 100 AfD-Anhänger waren noch da, und Palmer brachte es zwar fertig, einzelne klar offen faschistische Aussagen der AfD um Frohnmaier treffend anzugreifen. Er war aber in keiner Weise in der Lage, der permanenten Leugnungsstrategie und Demagogie Frohnmaiers schlagkräftig zu entgegnen. Der faschistische Frohnmaier, direkter Vertrauter von Alice Weidel, vertritt relativ geschickt eine Verleugnungs- und Relativierungsstrategie, z. B. in der Form, dass er einfach behauptet, wenn jemand aus der AfD solche Positionen vertrete, würde er sofort ausgeschlossen. 


Wenn man diese verharmlosende, sich demokratisch gebende Demagogie der modernen Faschisten nicht offensiv entlarvt, schaffen es solche AfD-Vertreter, Menschen mit rückständiger Weltanschauung zu beeinflussen. Die Weltanschauung des selbst reaktionären und rassistischen OB Palmer verhindert ja auch eine offensive, den modernen Faschismus angreifende Argumentationsweise. Dennoch ist es Palmer in gewisser Weise auch gelungen, sich antifaschistisch zu geben, besonders gegenüber rückständig denkenden Menschen. Er hat den Faschisten den Teppich ausgerollt, aber sein Hauptziel, damit bundesweit nur positiv ins Rampenlicht zu kommen, hat so nicht funktioniert, trotz überregionaler Medienpräsenz. 


RTL und ntv machten ein ausführliches Interview zu unserer tollen antifaschistischen Aktion mit einer kämpferischen Frau des Frauenverbands Courage, was leider nicht gesendet wurde. Mit Schildern und dem Transparent „Verbot der AfD – Alternative: Echter Sozialismus!“ und vielen selbstgemalten Schildern waren wir bis in die Nacht dabei.