Frankreich
Ein immenser Zorn steckt in der Bewegung „Bloquons tout“!
Die Bewegung ist im Mai/Juni entstanden, nachdem die Macron-Regierung ihr neues volksfeindliches Programm veröffentlichte.
Besonders die Streichung von zwei Feiertagen und Arbeit ohne Bezahlung weckten Widerstand. Aber auch die weitere Entrechtung, Verarmung und erneute Angriffe auf das Arbeitsrecht (mehr dazu hier).
Der Anfang wurde im Internet gemacht, und Ende August riefen dann Aktivisten dazu auf, örtliche Volksversammlungen zu organisieren. Viel Jugend war in der Pariser Vorstadt Saint Denis zugegen. Zunächst waren es 40 Teilnehmer, aber von Woche zu Woche wuchs die Versammlung auf 100 und mehr Menschen an.
Der Aktionstag am 10. September „Bloquons tout“ soll ein Auftakt für dauerhafte Kämpfe sein, bis zentrale Forderungen, wie die nach der Rücknahme von Macrons Rentenreform, nach der Rücknahme umweltschädlicher Gesetze, für Lohnerhöhung und gegen Aufrüstung für die Kriegsvorbereitung erfüllt sind. Ebenfalls am 10. September gab es Tausende Streiks, vor allem in der Chemieindustrie und in der Lebensmittelindustrie, aber auch bei Toyota in Nordfrankreich.
Die Bewegung ist klar links. Um das zu demonstrieren, werden von Anfang an gleiche Rechte für französische und ausländische Werktätige gefordert.
Marine Le Pens faschistischer Rassemblement National hat sich von der Bewegung distanziert.
In den Volksversammlungen werden die Forderungen diskutiert, Flugblätter werden entworfen und es wird über Aktionen demokratisch abgestimmt. Unter den breiten Volksmassen merkt man, dass eine Hoffnung aufglimmt, dass sich durch eine breite Mobilisierung wirklich etwas ändert.
Seit einem Jahr gibt es in Frankreich die dritte Regierung, eine rechter als die andere, und das wird unter den einfachen Leuten recht ungerührt hingenommen. Die „Bloquons-tout“-Aktivisten feierten zu Recht den Rücktritt von Premierminister Bayrou. Es muss bewusster werden, dass die hektisch-parlamentarischen Schachzüge Macrons die Angst der Herrschenden vor den kämpfenden Volksmassen ausdrücken.
Angesichts der Dynamik von „Bloquons tout“ schlossen sich sofort nach Ferienende mehrere Gewerkschaften und auch linke Parteien wie die linksreformistische ‚La France Insoumise‘ oder die revisionistische Kommunistische Partei Frankreichs (KPF) an. Das ist anders als bei der Gelbwestenbewegung. Es gibt kritische Distanz zu den Gewerkschaften, die bei Kämpfen oft halblebig mobilisieren. Es ist eine Auseinandersetzung zwischen den rechten Gewerkschaftsführern und der Basis zu unterscheiden, denn diese ist mitentscheidend für den Erfolg der Kämpfe. Deshalb ist der gewerkschaftliche Aktionstag am 18. September sehr wichtig und wird auch von der Protestbewegung begrüßt.
„Wir lassen uns nicht vereinnahmen“, heißt es, und auch da gibt es Debatten, von wem – und was Vereinnahmung denn heißt bzw. dass die Unterstützung kämpferischer und revolutionärer Organisationen positiv ist und keine Vereinnahmung.
Immer weniger Arbeiterrechte und wachsende Armut führen zu einem immensen Zorn auf die Regierung, die den Milliardären und Superreichen noch immer Geschenke zusteckt. In den letzten zehn Jahren hat sich die Zahl der Superreichen in Frankreich von 70 auf 140 verdoppelt!
Viele einfache Leute wollen unbedingt, dass sich das ändert. So geht es nicht weiter! Viele Jugendliche kritisieren das gesamte System, wollen Demokratie, sind gegen die Kriegsvorbereitung, auch wenn diese immer noch unterschätzt wird. Und sie wollen eine Alternative zum Kapitalismus.
Doch wo ist diese zu suchen? Kann es eine wirklich kommunistische Organisation geben, eine Partei, die unsere Partei ist? Ist die Arbeiterklasse in der Lage, die Macht zu ergreifen? Viele Fragen, viele Diskussionen.
Am 10. September gab es in Frankreich 850 Demonstrationen und Blockaden sowie Kundgebungen mit über 200.000 Beteiligten – ein Erfolg! Der Staatsapparat reagierte relativ flexibel. Die bürgerlichen Massenmedien konzentrierten sich natürlich wieder auf die sehr seltenen Schlägerszenen mit der Polizei. Allgemein wurden Straßenblockaden mit Slogans, Liedern und Diskussionen verbunden – in guter Stimmung.
Die weiteren Kämpfe werden zeigen, ob und wie sich die herrschende Regierungskrise und die beginnende politische Krise zu einer offenen politischen Krise weiterentwickeln. Die Marxisten-Leninisten müssen sich in den nächsten Tagen dabei stärken und haben eine wichtige Aufgabe: mehr Klarheit über die gesellschaftliche Entwicklung sowie die sozialistische Alternative zu verankern und die Organisierung auf breiter Ebene in Verbindung mit den Kämpfen voranzutreiben.